Die Media Contacta ist als Auftragnehmerin für Ministerien und für die ÖVP tätig. Die SPÖ vermutet krumme Touren, die WKStA ermittelt, und die Beteiligten streiten es ab.

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Die Sache ging sich ganz knapp aus. Gerade einmal 520 Euro lagen zwischen dem günstigsten und dem zweitgünstigsten Angebot für einen 38.000 Euro schweren Auftrag aus dem Landwirtschaftsministerium, um den sich die Agentur Media Contacta im Juli 2017 bemühte. Das dritte und teuerste Offert kostete um 600 Euro mehr als jenes der Berater, die von St. Pölten und Wien aus tätig sind.

Alle drei Interessenten bewegen sich im Umfeld der niederösterreichischen ÖVP, die Media Contacta etwa hat Wahlkampfveranstaltungen der Bundes-ÖVP 2017 und der niederösterreichischen ÖVP 2018 organisiert. Auch im laufenden Landtagswahlkampf bietet sie der Partei von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) entgeltliche Unterstützung bei ihrer Kampagne.

ÖVP lässt U-Ausschuss platzen

Indirekt haben die Aktivitäten der Media Contacta dafür gesorgt, dass der U-Ausschuss zu mutmaßlicher ÖVP-Korruption ein abruptes Ende nimmt. Denn Jan Krainer (SPÖ) hat im November eine umfangreiche Anzeige gegen die Media Contacta und etliche in die Auftragsvergaben Involvierte bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingebracht. Das wurde am Dienstag bekannt, und ÖVP-Fraktionschef Andreas Hanger nahm diese "Perfidie" mitten im Wahlkampf zum Anlass, weitere Befragungen im U-Ausschuss zu torpedieren.

Worum es inhaltlich geht: Krainer stellt sinngemäß den Vorwurf in den Raum, dass ÖVP-geführte Ministerien die Agentur mit Aufträgen gefüttert hätten. Bei seiner Arbeit für die Partei habe das Beratungsunternehmen im Gegenzug preisliches Entgegenkommen gezeigt. Kurzum, so Krainer: ÖVP-Wahlkämpfe seien damit indirekt über Steuergeld finanziert worden. Strafrechtlich stellt er den Vorwurf der Untreue, wettbewerbsbeschränkender Absprachen, des gewerbsmäßigen Betrugs sowie der Geldwäscherei in den Raum.

Schwere Vorwürfe aus SPÖ

Die WKStA ermittelt inzwischen gegen sechs Verdächtige, ob es wettbewerbsbeschränkende Absprachen gegeben habe. Die Media Contacta bestreitet die Vorwürfe "vollinhaltlich", und es gilt die Unschuldsvermutung. In ihrer Sachverhaltsdarstellung stützt sich die SPÖ auf Unterlagen, die dem U-Ausschuss übermittelt wurden. Darunter sind etwa Dokumentationen zu umfangreichen Auftragsvergaben aus den Ministerien. In den Augen der SPÖ habe es bei sieben Vergaben, in die die Media Contacta involviert war, Unregelmäßigkeiten gegeben.

Einer der Fälle, den Krainer in seiner Strafanzeige detailliert darstellt, ist der fürs Landwirtschaftsministerium erarbeitete "Masterplan Ländlicher Raum". Das ist der oben erwähnte Geschäftsfall, in dem die Media Contacta um nur 520 Euro billiger war als der zweitbeste Auftragsinteressent. Alle drei Angebote stammten vom selben Tag, dem 12. Juli, und abseits des Preises ähnelten einander auch die Leistungsbeschreibungen "in Struktur und Vokabular", ist in der Anzeige zu lesen, es sei erkennbar, dass die beiden Mitbieter das Angebot der Media Contacta gekannt hätten. Das Landwirtschaftsministerium will zu den Vorwürfen wegen des laufenden Verfahrens keine Stellung nehmen. Laut einer Sprecherin wurde es am Donnerstag über die Sachverhaltsdarstellung informiert, es bestehe "vollkommene Kooperationsbereitschaft gegenüber den Behörden, zur Aufklärung beizutragen".

Der Masterplan

Die Präsentation des Masterplans, in dem Bund, Länder und Gemeinden unter der Ägide des Ministeriums und mit Bürger- und Stakeholderbeteiligung "eine umfassende Zukunftsstrategie für den ländlichen Raum entwickelt" hätten, fand dann am 25. Juli 2017 in der Korneuburger Werft statt. "Mitten im Wahlkampf zur Nationalratswahl 2017", wie der Anzeiger schreibt, dabei gewesen seien lediglich ÖVP-Vertreterinnen und ÖVP-Vertreter. Auch die Gäste waren ziemlich türkis: Neben Außenminister und ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter waren beispielsweise Familienministerin Sophie Karmasin, Justizminister Wolfgang Brandstetter oder die damals frischgebackene niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und ihr Vorgänger Erwin Pröll anwesend.

Der zeitliche Ablauf im Ministerium lief gegen den Uhrzeigersinn. Der Akt zum Masterplan-Angebot wurde erst rund zwei Monate nach der Veranstaltung angelegt. Und die formale Auftragserteilung erfolgte noch einen weiteren Monat später, Anfang Oktober. Zu diesem Zeitpunkt lag dafür schon seit ein paar Tagen die Rechnung der Media Contacta über brutto 45.576,60 Euro im Ministerium. Adressiert war sie an jenen Kabinettsmitarbeiter, der die Agentur zuvor als Billigstbieter erkannt und den Auftrag genehmigt hatte. Bezahlt wurde die Rechnung dann im November. Gemäß SPÖ diente die Veranstaltung aber nicht dem ländlichen Raum, sondern sie sei "lediglich zu parteipolitischen Zwecken der ÖVP" durchgeführt worden. Die mit der Bestätigung der sachlichen Richtigkeit der Rechnungen und deren Zahlung befassten Mitarbeiter hätten somit Untreue begangen, und es habe Absprachen mit den anderen Bietern gegeben.

Wem gehört die Media Contacta?

Die Auftraggeber seien darüber getäuscht worden, dass es in Wirklichkeit darum ging, der ÖVP Niederösterreich "ein fortlaufendes Einkommen zu verschaffen"; die sei somit bereichert und die Auftraggeber seien geschädigt worden. Daraus leitet die SPÖ gewerbsmäßigen Betrug ab. Sie vermutet ja überhaupt, dass die Media Contacta tatsächlich der ÖVP Niederösterreich gehöre. Das leitet sie aus personellen Verflechtungen und Anteilsübertragungen ab. Laut Firmenbuch gehört die Agentur je zur Hälfte dem früheren ÖVP-Politiker Peter Madlberger und einem Kompagnon. Die Beteiligten haben wiederholt bestritten, Strohmänner für die ÖVP zu sein, und zwar auch unter Wahrheitspflicht im U-Ausschuss. Dort nahm Media-Contacta-Chef Madlberger zu diesen und anderen Vorwürfen Stellung: Seine Agentur habe "keinen Spielraum für Kickbacks" und arbeite redlich. (Renate Graber, Fabian Schmid, 21.1.2023)