Foto: imago images

Können die Großeltern das Kind zu Mittag vom Kindergarten abholen, gleicht das für viele Jungfamilien einem Lottogewinn: Das Mittagessen des Kindes ist gesichert, auch für die Betreuung am Nachmittag ist gesorgt. Eine kostenlose Rundumbetreuung in familiären Händen sozusagen. Vor allem in ländlichen Regionen ist diese Variante weitverbreitet.

Besteht nicht der Luxus, dass Verwandte das Kind vom Kindergarten abholen können, wird es für Familien schwierig. Gerade Frauen sind es dann, die ihren Job vernachlässigen, um das Kind zu betreuen. Schon die Überbrückung zwischen der zweijährigen Karenz bis zum Kindergartenantrittsalter von 2,5 Jahren ist für Eltern herausfordernd. Hier klafft eine Lücke, für die viele Eltern auf Kinderkrippen zurückgreifen, die im Monat mehrere Hundert Euro kosten. Für viele Familien in Zeiten der Teuerung keine Option.

Niederösterreich liegt im Vergleich zu anderen Bundesländern in puncto Kinderbetreuung im Mittelfeld. Die Betreuungsquote der Drei- bis Fünfjährigen ist zwar mit 98 Prozent relativ hoch, bei Kleinkindern unter zwei Jahren wird aber nicht einmal jedes dritte Kind in einer Einrichtung betreut.

Viele Betreuungseinrichtungen, die eine Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, konzentrieren sich um den Wiener Speckgürtel.
Foto: Der STANDARD

Bei der Frage nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sind die niederösterreichischen Kindergärten unterdurchschnittlich. Das ergeben Daten der Arbeiterkammer (AK). Sie bewertet Einrichtungen nach dem Vereinbarkeitsindikator für Beruf und Familie, den sogenannten VIF-Kriterien. VIF-Kindergärten bieten Mittagessen, Betreuung am Nachmittag und haben wenige Schließtage, erklärt Birgit Schön, Leiterin der Abteilung für Frauenpolitik der AK. Nur rund ein Drittel der Drei- bis Fünfjährigen wird in Kindergärten, die die VIF-Kriterien erfüllen, betreut.

Speckgürtel mit mehr Einrichtungen

Dabei gibt es regionale Unterschiede. Das Wiener Umland ist die Region mit der am besten ausgebauten Kinderbetreuung, unter anderem mit einem gut ausgebauten Netz an Kinderkrippen. "Im Speckgürtel ist das Einkommensniveau im Schnitt größer. Damit können sich auch mehr Familien eine Krippe leisten", sagt Schön. Währenddessen ist die Situation im Wald- und Mostviertel schlechter. Dort haben Kindergärten kürzer geöffnet und Kinderkrippen sind seltener vorhanden.

Im Wahlkampf entwickelte sich das Thema Kinderbetreuung zu einem Dauerbrenner. Jede Partei verspricht eine Senkung des Kindergartenantrittsalters, allen voran die ÖVP unter Landeschefin Johanna Mikl-Leitner. Ab September 2024 will die Volkspartei das Antrittsalter auf zwei Jahre senken und damit die Lücke zwischen Karenz und Kindergarten schließen. Zusätzlich will die ÖVP ab September kostenlose Betreuungsangebote für alle Kinder bis 6 Jahre umsetzen.

Mehr Personal und mehr Platz

Die Umsetzung sei aber nicht unproblematisch. "Meistens gibt es jetzt schon Probleme, dass Kinder mit 2,5 Jahren überhaupt einen Betreuungsplatz bekommen", sagt Schön. Viele Gemeinde in ländlichen Regionen haben Schwierigkeiten, den Kindergarten nachmittags offen zu halten und eine Betreuung für Kleinkinder anzubieten. Diese Gemeinden seien es laut Schön, die bei einer Senkung des Antrittsalters Schwierigkeiten hätten. "Man muss schauen, wie die Gemeinden das stemmen können. Es braucht mehr Personal und mehr Platz", sagt Schön.

Die SPÖ will die Kindergärten ganzjährig, ganztägig und kostenlos. Frühkindliche Bildung solle ab dem ersten Lebensjahr staatlich garantiert sein. Ähnlich argumentieren auch die Neos. Sie wünschen sich einen Rechtsanspruch für einen Betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag. Wichtig sei es, Fachkräfte in dem Bereich aufzubauen und eine flächendeckende Betreuung sicherzustellen.

Die Grünen wünschen sich neben der Senkung des Antrittsalters eine Attraktivierung des Berufs der Kindergartenpädagogen, etwa durch mehr Supportpersonal. Die FPÖ fordert die Einführung eines Landeskindergeldes, das Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, ausgezahlt werden soll. (Max Stepan, 24.1.2023)