Die Bienenzucht im kärntnerischen Stockenboi sorgt aktuell für Aufregung, die auch international Kreise zieht. Dort wurde ein lokaler Imker aufgefordert, seine Königinnen zu ersetzen, weil sie zu "dunkel" seien, berichtet die "New York Times" über einen Vorfall von 2018.

Der Imker, Sandro Huter, bezeichnete das als "rassistischen Fanatismus". Gehard Klinger, Vorstand des Bienenzuchtvereins Lavanttaler Carnica, springt ihm bei und spricht gegenüber der "New York Times" von "rassistischer Diktatur, wie unter den Nazis".

Eine Kärntner Biene, aufgenommen in Sachsen.
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Tatsächlich sind nach dem Bienenwirtschaftsgesetz in Kärnten nur reinrassige Kärntner Carnica-Bienen erlaubt, die über hellgraue Unterleibsringe verfügen. Das Halten anderer Bienenrassen ist genehmigungspflichtig, eine Vermischung unerwünscht. Das Herstellen eines Bezugs zu den Nazis mag extrem erscheinen, doch das Problem hat eine zeitgeschichtliche Dimension.

Der Nazi-Imker Gottfried Götze setzte sich einst für die Kärntner Biene ein und machte sich Sorgen, importierte Bienen könnten zum Verlust der heimischen, "deutschen" Bienen führen. Mit eigenen Zuchtprogrammen sollte das verhindert werden. Dabei befeuerte gerade sein Programm die Verdrängung der nördlich der Alpen heimischen dunklen Mellifera-Biene durch die hellere Carnica.

Großteil der Kärntner Bienen anders gefärbt

Doch inzwischen zeigen Studien, dass ein Großteil der etwa 500 Millionen Bienen in den 45.000 Kolonien sich inzwischen in ihrer Färbung zu stark unterscheiden, um sich laut lange geltender Definition noch als Kärntner Bienen einordnen zu lassen. Das rief 2018 auch jene staatliche Kontrollorin auf den Plan, die Herrn Huters Bienen als zu dunkel einstufte und nach dem Austauschen verlangte.

Die Färbung der Bienen ist dabei nur ein Erkennungsmerkmal. Wesentlicher dürfte sein, dass Kärntner Bienen gegenüber Menschen als umgänglich gelten.

Für die Haltung von Kärntner Bienen gibt es Vorschriften, um ihre Reinrassigkeit zu erhalten. Dazu gehört auch die Genehmigungspflicht für Stöcke mit anderen Arten.
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Fachleute bezweifeln allerdings, dass die Farbe ein geeignetes Kriterium ist, um das Verhalten von Bienen zu beurteilen. Und natürlich seien Mischungen möglicherweise auch gut für die Kolonie. Studien zeigten etwa eine höhere Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten.

Strafen bis 7.500 Euro

Der Grund für die Aufregung vor fünf Jahren ist inzwischen ausgeräumt. In Kärnten wird nicht mehr nur die Farbe beurteilt, sondern auch die Flügel und die Länge der Körperhaare. Der Änderung des Gesetzes ging eine erfolgreiche Klage Huters vor dem Verwaltungsgerichtshof voraus. Allerdings wurden gemeinsam mit der genaueren Definition akzeptabler Kärntner Bienen auch die Strafen für das Halten der "falschen" Bienen erhöht, auf bis zu 7.500 Euro. Bei Gefahr im Verzug könnten sogar ganze Bienenvölker getötet werden.

Kirsten Traynor, Direktorin des Instituts für Bienenforschung an der Universität Hohenheim in Stuttgart, kritisiert das Beharren der österreichischen Behörden auf der Rassenreinheit von Bienen. Zwar ergebe es Sinn, Bienen zu fördern, die an lokale Gegebenheiten angepasst sind, doch sinnvoller sei es, offensiv die beste mögliche Biene zu züchten.

Dass die Thematik durchaus von politischer Brisanz ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass der zuständige Landesrat Martin Gruber (ÖVP) gegenüber der "New York Times" jeden Kommentar verweigerte und bei der Begründung seines Schweigens auf die Landtagswahlen im März verwies. (rkl, 6.2.2023)