Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis stellte sich Montagabend gegen Waldhäusls Rassismus.

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"Egal, was für ein Wahnsinn in diesem Land, ob bei TV-Diskussionen, in Schulen oder an den Grenzen, um uns herum passiert, wir halten zusammen, wir bleiben solidarisch", rief der Organisator der Flüchtlingshilfsorganisation SOS Balkanroute, Pero Beclija, auch bekannt als Hip-Hop-Musiker Kid Pex, am Montagabend in die Menge auf dem Reumannplatz.

Rund 1.000 Menschen waren zu der Solidaritätskundgebung für die vom niederösterreichischen FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl beleidigten Jugendlichen nach Favoriten gekommen. Organisiert hatten die Solidaritätskundgebung für Vielfalt und Zusammenhalt die Bezirksorganisationen der Grünen, SPÖ, Neos, SÖZ, Bierpartei, Links und KPÖ.

Brandmauer gegen Rechtsextreme

Die ÖVP unterstütze laut Eigenaussage die Veranstaltung zwar, war aber nicht dabei, was der grüne Klubchef im Wiener Landtag, David Ellensohn, am Rande der Kundgebung bedauerte: "Wir werden Teile der ÖVP brauchen, denn wir schaffen die Brandmauer gegen die Rechtsextremen sonst nicht allein."

Es sei nicht nur die Zeit für Reden und Fotos, "sondern für antirassistische Aktionspläne, für greifbare, handfeste, an der Wurzel beginnende systematische Veränderungen", sagte Pero Beclija zuvor in seiner Rede, in der er auch brutale Pushbacks an den EU-Außengrenzen verurteilte.

Pero Beclija: "Wir bleiben Wien, Oida!"
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Und: "Wir bleiben solidarisch, wir bleiben Brüder und Schwestern, wir bleiben leiwand statt oasch, wir bleiben, wie wir sind – wir bleiben Wien, Oida, Beč, Oida!"

Beclija konnte seine Rede noch ungestört beenden. Als der Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger seine Rede auf der kleinen Bühne am Platz hielt und Waldhäusls Äußerung als "Angriff auf das Kindeswohl und die Kinderrechte" aller Kinder und Jugendlicher bezeichnete, tauchten auf einem Baugerüst am Amalienbad zwei Rechtsextreme mit roten Leuchtfeuern auf und entrollten – ganz im Stil der Identitären, deren Symbole seit 2020 durch das Symbolgesetz verboten sind – ein Banner aus. "Waldhäusl hat recht", stand darauf zu lesen.

"Nazis raus" – und runter vom Gerüst

Es dauerte rund 15 Minuten, bis das Banner von Polizeibeamten entfernt und die Männer vom Gerüst ins Gebäude geholt wurden. Ein Teil der Menschen hatte sich derweil von der Bühne weg zum Amalienbad bewegt, um das Treiben auf dem Gerüst mit Rufen wie "Nazis raus", "Runter mit euch!" oder "Siamo tutti antifascisti" ("Wir sind alle Antifaschisten") zu begleiten. Als die Polizei lange mit den Rechtsextremen im Gebäude blieb, hielten die Sprechchöre noch eine Weile an.

Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung, an der auch die SPÖ-Stadträte Peter Hacker und Jürgen Czernohorszky teilnahmen, blieben aber bei den Rednerinnen und Rednern und schenkten den Amtshandlungen im und vor dem Bad keine weitere Beachtung.

"Solche Störaktionen erhalten oft viel Aufmerksamkeit für wenig Leistung – analog zur FPÖ", kommentierte Ellensohn die Banner-Aktion. "Viel wichtiger ist aber, dass so viele dagegenhalten. Die Meinung vom Herrn Waldhäusl ist in Wien nichts mehrheitsfähig."

Im Hintergrund: Rechtsextreme mit Leuchtfeuern und Banner am Amalienbad: etwas Aufmerksamkeit für wenig Leistung.
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Muhammed Yüksek, seit zweieinhalb Jahren SPÖ-Bezirksrat in Favoriten, freute sich über die Teilnahme von Menschen auch aus vielen anderen Bezirken. Er selbst sei schon mit der Ausländerfeindlichkeit "der Haider-Zeit" aufgewachsen, als seine Eltern ihm vor dem Fernseher erklärt hätten: "Es gibt den Haider, der will uns hier nicht, aber es gibt auch den Vranitzky."

"Gänsehaut bekommen"

"Mein Opa war Politiker vor dem Zweiten Weltkrieg", erzählt Ingrid, eine der "Omas gegen Rechts" dem STANDARD. "Er hat immer gesagt, er habe damals gedacht, der Hitler kann gut Reden schwingen und macht uns Hoffnung, aber was er dann zu tun hat, das werden wir ihm sagen. Aber dann war's plötzlich zu spät. Damit es nicht ganz plötzlich wieder zu spät ist, müssen wir jetzt etwas tun."

Eine ihrer Mitstreiterinnen – die Oma gegen Rechts, Petra – fügt hinzu: "Ich habe heute eine totale Gänsehaut bekommen, als ich die da oben mit den Fackeln gesehen habe. Ich bin jüdischer Abstammung. Ich hab mir nur gedacht: Ihr Arschlöcher, schleicht's euch endlich." (Colette M. Schmidt, 6.2.2023)