Florian Teichtmeister (links) in "Nebenan", seiner letzten Hauptrolle am Burgtheater.

Foto: Matthias Horn

Der Fall des einstigen Burgtheater-Stars Florian Teichtmeister, der sich schuldig bekennt, zehntausende Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger gesammelt zu haben, beschäftigt Politik und Justiz bis in höchste Kreise. Nicht nur, dass von der Regierung eilig Strafverschärfungen beschlossen wurden, gleich zwei Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) interessieren sich für den Fall: der Jurist Michael Rami vertritt Teichtmeister vor Gericht (der erste Termin platzte wegen einer Erkrankung Teichtmeisters), Ramis VfGH-Kollegin Sieglinde Gahleitner legte nun ein 56-seitiges Gutachten vor, das die Vorgangsweise des Burgtheaters in der Causa unter die Lupe nimmt. Die Expertin kommt zu dem Schluss: Arbeitsrechtlich hat sich die Burg nichts zuschulden kommen lassen – sensibler aber hätte man allemal reagieren können.

"Man hätte mehr tun können"

Beauftragt wurde das Gutachten von Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne), die dieses am Montag öffentlich machte. "Das Burgtheater und die Bundestheater-Holding haben ihre Pflichten im Umgang mit dem Fall erfüllt – das heißt aber nicht, dass man nicht noch mehr hätte tun können", so Mayer in einem Statement. Man werde "deshalb eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, die den Umgang mit schwerwiegenden Vorwürfen gegen Mitarbeiter noch besser und professioneller gestalten".

Staatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) ließ die Causa von der Arbeitsrechtlerin und Verfassungsrichterin Sieglinde Gahleitner prüfen.
Foto: APA

Aus dem Gutachten geht klar hervor, dass im September 2021, als das Burgtheater durch Berichte im STANDARD und der Kronen Zeitung von den Ermittlungen gegen einen seiner Schauspieler erfuhr, keine rechtliche Handhabe hatte, um Teichtmeister zu entlassen.

Die Burg-Leitung konfrontierte den Schauspieler mit den Vorwürfen, die dieser vehement bestritt und als Racheakt seiner Ex-Partnerin, die ihn angezeigt hatte, abtat. Man habe ihn dazu überreden wollen, freiwillig auf prominente Rollen zu verzichten, bis sich die Causa geklärt habe. Das lehnte Teichtmeister mit der Begründung ab, wonach dies eine Rufschädigung wäre, wegen dieser er dann seine Ex-Partnerin klagen müsse – was er aber habe vermeiden wollen.

Burgtheater verlängerte Teichtmeisters Vertrag

Das Burgtheater sah in der Folge auch davon ab, Teichtmeisters auslaufenden Vertrag im Jänner 2022 nicht mehr zu verlängern. Außerdem verabsäumte man es, von Teichtmeister Belege für seine Aussagen zu verlangen, wonach "schon fast alle Vorwürfe ausgeräumt" seien. Akteneinsicht sei hingegen kaum möglich gewesen – zwar hätte die Burg diese beantragen können, dem Anliegen wäre aber nicht stattgegeben worden, wie die Staatsanwaltschaft im Gutachten zitiert wird. Auch von Teichtmeister hätte man rechtlich bindend keine Akteneinsicht fordern können, da sich die Vorwürfe auf den Privatbereich beschränkten, eine Weigerung zur Herausgabe hätte keine Sanktion nach sich ziehen dürfen.

Unterm Strich waren die zwei rechtsanwaltlichen Meinungen, die die Burg im September 2021 einholte – eine davon vom langjährigen Burg-Rechtsanwalt Bernhard Hainz – korrekt, aber ausbaufähig.

Burgtheater-Direktor Martin Kušej gab sich zuletzt denn auch zerknirscht darüber, dass er Teichtmeister Glauben schenkte und diesen noch im Herbst mit einer Hauptrolle in seiner Inszenierung von Nebenan betraute. Im Nachhinein "weiß man es besser", sagte Kušej, der 2024 für Nachfolger Stefan Bachmann Platz machen wird, offen in selbstkritischen Interviews. Kušejs Resümee: "Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu sagen: Wir lernen daraus." (Stefan Weiss, 13.2.2023)