Putins Reich geht gegen die Online-Enzyklopädie Wikipedia vor.

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Ein russisches Gericht hat die Wikimedia Foundation am Dienstag zu einer Geldstrafe von zwei Millionen Rubel (etwa 25.000 Euro) verurteilt. Die Online-Enzyklopädie soll es verabsäumt haben, angebliche "Fehlinformationen" über das russische Militär aus Wikipedia zu löschen, berichtet Reuters. Es ist die dritte Geldstrafe, die Russland seit Wladimir Putins Einmarsch in die Ukraine vor einem Jahr gegen den Wikipedia-Eigentümer verhängt hat.

Nun dürfte "verabsäumt" in dem Fall ein eher juristischer Terminus sein, denn die Wikimedia Foundation weigert sich schlicht, dem Kreml unliebsame Wikipedia-Einträge offline zu nehmen. Kurz nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine wurden neue Gesetze eingeführt, um die Berichterstattung über den Krieg einzuschränken. Wer den Darstellungen des Kreml widerspricht oder das Wort "Krieg" verwendet, riskiert Geldstrafen, Online-Sperren oder gar Haft. "Die jüngste Geldstrafe wurde verhängt, nachdem die Behörden Wikipedia beschuldigt hatten, in Artikeln über russische Militäreinheiten 'Fehlinformationen' zu verbreiten", so Wikimedia Russland in einer Erklärung.

In einem Statement gegenüber "Ars Technica" teilte die Wikimedia Foundation mit, dass die neuen Geldstrafen verhängt wurden, weil sich die Organisation geweigert hatte, fünf Artikel über das russische Militär im russischsprachigen Wikipedia zu löschen. Seit Beginn der russischen Invasion weigert sich Wikimedia, den Einschüchterungsversuchen des Kreml nachzukommen.

"Die auf Wikipedia verfügbaren Informationen werden von Freiwilligen beschafft und geteilt, die Zeit und Mühe investieren, um sicherzustellen, dass die Inhalte faktenbasiert und zuverlässig sind", so ein Wikimedia-Sprecher. "Viele tun dies auch weiterhin unter widrigen Umständen: Während die Invasion andauert, haben ukrainische Freiwillige weiterhin Inhalte hinzugefügt und Änderungen an Wikipedia vorgenommen, selbst im Angesicht großer Not."

Russland beanstandet Artikel über die Invasion in die Ukraine

Russland machte seine Bußgelddrohungen kurz nach dem Einmarsch wahr und verhängte eine Strafe von fünf Millionen Rubel (rund 63.000 Euro) wegen sogenannter Desinformation. Wikimedia legte im Juni 2022 Berufung gegen die Strafe ein und erklärte, die fraglichen Informationen basierten auf Fakten und seien von Freiwilligen verifiziert worden. Ihre Entfernung würde daher eine Verletzung der Rechte der Menschen auf freie Meinungsäußerung und Zugang zu Wissen darstellen. Konkret ging es um Wikipedia-Artikel über den Verlauf der russischen Invasion, den Kampf um Kiew, Kriegsverbrechen der russischen Armee, den Beschuss des Krankenhauses in Mariupol, die Bombardierung des Theaters in Mariupol sowie das Massaker in Butscha.

Im November 2022 verhängte Russland eine weitere Geldstrafe in Höhe von zwei Millionen Rubel wegen russischer Artikel mit den Titeln "Gewaltloser Widerstand der ukrainischen Zivilbevölkerung im Zuge der russischen Invasion" und "Bewertungen der russischen Invasion in der Ukraine im Jahr 2022", wie Reuters berichtet.

Russisches Gericht lehnt Berufung ab

Ein Moskauer Gericht lehnte in der Vorwoche einen Einspruch von Wikimedia ab. "Diese Anordnungen sind Teil der fortlaufenden Bemühungen der russischen Regierung, die Verbreitung zuverlässiger, gut recherchierter Informationen im Land einzuschränken. Wir verurteilen solche Bemühungen als Drucktaktik, die rechtliche Verpflichtungen nutzt, um freies Wissen einzuschränken", teilte die Wikimedia Foundation mit. (pez, 1.3.2023)