Die ÖVP Wien prangert auf dasistnichtnormal.wien das Volkstheater als "Skandaltheater" an und macht künstlerische wie wirtschaftliche Vorhaltungen. In ihrem Gastkommentar verwehrt sich die ehemalige Volkstheater-Direktorin Emmy Werner gegen diese "unqualifizierte Frontalattacke".

Die Volkspartei Wien macht gegen das Volkstheater Stimmung, unter anderem gegen Lydia Haiders Stück "Zertretung".
Foto: Volkstheater / Marcel Urlaub

Anpinkeleien einer bestimmten Partei gegen Kulturbetriebe und Künstlerinnen und Künstler kenne man ja schon zur Genüge, denkt man. Doch halt: Das war ja diesmal tatsächlich ein Auswurf der ÖVP, deren Größen man aus früheren Zeiten als theateraffin bei Jelinek, Jandl, Jonke, Streeruwitz u. a. noch in Erinnerung hatte.

Kulturloses Vorgehen

Sichtlich, um aus politischer Absicht wieder einmal gegen Wien zu polemisieren, nahm man jetzt also von dieser unerwarteten Seite ein Theater in Geiselhaft. Erstaunlicherweise fand daraufhin bisher keine konzertierte Solidaritätsaktion aller Theater statt, die gegen ein derart kulturloses Vorgehen, das ja allen Theatern schadet, protestiert. Gegen die Anmaßung schlecht informierter Wichtigtuer – egal welcher Richtung –, die Kunst des Theaters und jene, die sie uns begreifbar machen, zu diskriminieren.

Haben diese Anpatzer eine Ahnung davon, was all jene allabendlich leisten, was es bedeutet, als Schauspielende immer etwas von sich preisgeben zu müssen, um zu etwas Außerordentlichem zu gelangen? Eine Ahnung davon, sich bei jeder Vorstellung auszusetzen, angreifbar zu machen? Mit einer Leidenschaftlichkeit, die oft mit einer Leidensfähigkeit verbunden ist?

"Theaterarbeit ist immer zu respektieren, bei aller sachgemäßen Kritik."

Das Wunderbare daran erschließt sich nicht jedem und jeder, aber zumindest versuchen es alle. Unterstützt von den vielen, die neben, unter, über und außerhalb der Bühne arbeiten. Theaterarbeit ist immer zu respektieren, bei aller sachgemäßen Kritik. Es ist daher völlig irrelevant, ob der Politik die Arbeiten des jeweiligen Theaters genehm sind oder nicht. Ob die Richtung für richtig gehalten wird oder nicht. Ob das Programm als zu radikal, zu feministisch, zu konservativ oder sonst noch was angesehen wird. Das Gejammer über Besucherzahlen wechselt sich ab mit Jammer über zu wenige Uraufführungen und Innovation und der Frage nach der gerechtfertigten Subventionshöhe. Wie es eben gerade opportun erscheint, besonders in Vorwahlzeiten.

Um dem Vorwurf der Wehleidigkeit zu entgehen: Es gibt genügend zivilisierte Möglichkeiten, Gefallen oder Missfallen zu äußern und Diskussionen mit Beteiligten samt Publikum zu initiieren. Unqualifizierte Frontalattacken auf ein bestimmtes Theater jedoch sind zu verurteilen und zurückzuweisen. Von allen, die das Theater und die Freiheit der Kunst lieben. (Emmy Werner, 2.3.2023)