Die Wüstenrot-Generaldirektorin Susanne Riess-Hahn fordert auch Erleichterungen bei der Grunderwerbssteuer und den Wegfall der Eintragungsgebühr.

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Wien/Salzburg – Wüstenrot-Generaldirektorin Susanne Riess-Hahn spricht sich für Erleichterungen bei Wohnkrediten aus. Der Erwerb von Wohneigentum sei angesichts strengerer Vergaberichtlinien und höherer Zinsen für viele junge Menschen und Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen derzeit schwierig. Die geplanten Änderungen bei den Vergaberichtlinien können ihrer Ansicht nach nur ein erster Schritt sein. Wohnungseigentum sei auch ein wichtiges Vorsorgethema.

Die Nachfrage nach Wohnkrediten geht in Österreich generell zurück. Bei der Bausparkasse Wüstenrot habe sich das Wachstum bei den Wohnfinanzierungen ab dem zweiten Halbjahr deutlich abgeschwächt, es hat aber dennoch einen Rekord von mehr als einer Milliarde Euro gegeben. Beim Sparen wirkt sich die Zinswende positiv aus: "Wir haben ein deutliches Wachstum bei den Einlagen", sagte Riess-Hahn im Gespräch mit der APA.

Negative Auswirkungen durch verschärfte Kriterien

Die Kim-VO (Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung), mit der Vergabekriterien für Wohnkredite im Sommer vergangenen Jahres strenger wurden, habe an sich schon eine unglaublich negative Auswirkung gehabt und sei durch die Zinssituation verschärft worden. "Da sind zwei Effekte zusammengekommen, die es in Summe für junge Familien, für Menschen mit kleineren und mittleren Einkommen eigentlich verunmöglichen, Eigentum zu erwerben." Das hält die Wüstenrot-Chefin generell für eine negative Entwicklung, "weil Eigentum heißt, dass man im Regelfall preisgünstiger wohnt, als wenn man zur Miete wohnt, und weil Eigentum auch eine Form der Vorsorge ist".

Bei den geplanten Änderungen der Kim-VO habe man nun ein paar wenige Erleichterungen gemacht, "das kann nur ein erster Schritt sein und wird jetzt nicht die große Wende bringen." Auf jeden Fall ändern müsse man die Anrechenbarkeit bestehender Immobilien als Sicherheit, das wäre auch leicht möglich. Die bestehende Immobilie könne nur zu 80 Prozent angerechnet werden, Riess-Hahn plädiert für eine 100-prozentige Anrechenbarkeit. Prinzipiell sollte jemand, der Eigentum erwirbt ein gewisses Maß an Eigenleistung haben, das habe es beim Bausparen mit einem 20-prozentigen Eigenmittelanteil schon immer gegeben. Durch die Verschärfung der Anrechenbarkeit bei bestehenden Immobilien sei die Lücke noch mehr aufgegangen. Dazu kämen noch verkürzte Laufzeiten, Teuerung und steigende Baukosten. Die Kim-VO sei in Zeiten einer etwas anderen Zinslandschaft entstanden. Man habe aber sehr schnell gesehen, dass sich das ändere, und hätte rasch reagieren müssen.

Sparen und Bausparen wieder attraktiver

Wichtige Punkte sind für die Wüstenrot-Chefin auch Erleichterungen bei der Grunderwerbssteuer und der Wegfall der Eintragungsgebühr. Das seien Kosten, die am Beginn anfallen, wo ohnehin viele Kosten entstünden. Bei den Bauspardarlehen sollte angesichts steigender Preise die derzeit geltende Obergrenze von 240.000 Euro pro Person auf 350.000 Euro angehoben werden.

Die Bausparkasse Wüstenrot hat bei den Finanzierungen im Vorjahr einen Rekord von deutlich mehr als 1 Milliarden Euro erzielt, nachdem bereits 2021 ein bisheriger Höchstwert von rund 890 Millionen Euro verzeichnet worden war. Zurückzuführen war der kräftige Zuwachs hauptsächlich auf das erste Halbjahr. Ab dem Sommer habe es deutliche Rückgänge gegeben, dies sehe man auch heuer, so Riess-Hahn. Das gelte auch für die Branche. Eine rasche Trendwende sei nicht zu erwarten. Wüstenrot liege im Jänner und Februar unter dem Vorjahr. Der Anteil der Fixzins-Verträge im Bestand liege bei rund 80 Prozent, auch im Neugeschäft gebe es eine Nachfrage nach Fixzinsen.

Sparen und Bausparen haben in Zeiten steigender Zinsen wieder an Attraktivität gewonnen. Die Bauspareinlagen seien deutlich gewachsen. Der Anstieg hat sich mit Jahresbeginn gegenüber 2022 fast verdoppelt. Für heuer rechnet Riess-Hahn ebenfalls mit einem deutlichen Plus.

Allfinanzdienstleister Wüstenrot

Vorsorge sei attraktiver geworden. Krisenzeiten seien generell eher Zeiten, in denen die Menschen, die die Möglichkeit dazu haben, für schlechte Zeiten vorsorgen. Das Lebensversicherungsgeschäft bei der Wüstenrot-Versicherung sei im Vorjahr besser gelaufen. Aktuell liegt die Verzinsung bei Wüstenrot in der klassischen Lebensversicherung bei 2,5 Prozent. Auch die Sachversicherung habe sich bei der Wüstenrot Versicherung gut entwickelt.

Wüstenrot ist mit der Gründung der eigenen digitalen Bank für Privatkunden nun ein Allfinanzdienstleister. Die Wüstenrot Bank werde wie geplant ab Juni für alle Privaten starten. Bereits ab Ende März können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Konto eröffnen. Es gibt eine App für alle Produkte. Zusätzlich können sich die Kundinnen und Kunden aber weiterhin an eine Beraterin oder einen Berater wenden, die Person ist dabei für alle Produkte des Konzerns zuständig. Wohnbaudarlehen würden weiterhin einer Beratung bedürfen, es gehe dabei für viele Menschen um die größte Investitionsentscheidung ihres Lebens, so Riess-Hahn.

Von ihren Auslandsbeteiligungen will sich die Wüstenrot-Gruppe im Zuge der Fokussierung auf einen österreichischen Allfinanzdienstleister trennen. Dies soll in zwei bis drei Jahren abgeschlossen sein. Im Vorjahr hat Wüstenrot bereits die kroatische Versicherungsgesellschaft veräußert. In Österreich hat die Wüstenrot-Gruppe ihre Anteile an der Oberbank (4,5 Prozent) und an der BTV (2,5 Prozent) verkauft. Die Vertriebskooperationen mit der 3-Banken-Gruppe laufen ebenso wie jene mit den anderen Bankpartnern weiter. (APA, 2.3.2023)