Die künftige ORF-Haushaltsabgabe soll günstiger als die GIS ausfallen – diskutiert wird ein Entfall der Länderabgaben.

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Um eine ORF-Abgabe ab 2024 für alle Haushalte deutlich günstiger zu machen als die GIS bisher, sollen auch Bundes- und Länderabgaben wegfallen. Was halten die sieben Bundesländer von Überlegungen, an denen das Finanzministerium offenbar tüftelt? DER STANDARD fragte bei den Landeshauptleuten nach.

Die Ländersicht im Überblick:

  • Für einige ist eine Kompensation der Einnahmen durch den Bund die Minimalforderung.
  • Viele kritisieren Intransparenz der Regierungsverhandlungen über das ORF-Gesetz und vermissen eine Einbindung der ja betroffenen Länder.
  • Sorge um die Finanzierung der Landesstudios zieht sich durch die Stellungnahmen.

Derzeit heben sieben der neun Bundesländer Abgaben von bis zu 6,20 Euro (Steiermark) monatlich auf die GIS-Gebühren ein. Sie machen damit bis zu ein Fünftel des von der ORF-Gebührentochter GIS eingehobenen monatlichen Gesamtaufwands aus. Nur Vorarlberg und Oberösterreich verzichten auf Landesabgaben auf die GIS.

Die sieben anderen Bundesländer nehmen zusammen mit ihren GIS-Abgaben mehr als 150 Millionen Euro pro Jahr ein. Niederösterreich kommt auf gut 40 Millionen Euro, Wien auf mehr als 37 Millionen pro Jahr. Die Mittel gehen teils in Kultur- und Medienförderungen, teils ohne Zweckwidmung ins Landesbudget.

Finanzministerium: Noch nicht fix

Ein Sprecher des Finanzministeriums erklärte am Mittwoch auf STANDARD-Anfrage, "aktuell" sei nichts fix (wie die "Krone" berichtet hatte): "Aktuell gibt es im Bundesministerium für Finanzen keine Pläne, die Bundes- oder Landesabgabe budgetär zu übernehmen." Es klingt aber nicht nach einem kategorischen Nein: "Aus heutiger Sicht gibt es dazu keine Pläne, zuallererst verhandelt die zuständige Medienministerin mit dem Koalitionspartner das künftige Finanzierungsmodell."

Was halten die Länder davon?

Burgenland verlangt "volle Kompensation aus dem Bundesbudget"

Christian Stiller, Sprecher von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), moniert, "dass die Länder noch in keiner Weise eingebunden wurden". Das zeige, "dass die ORF-Politik der Bundesregierung und speziell der ÖVP noch immer von einem hohen Maß an Intransparenz geprägt ist".

Bisher gebe es nur "bruchstückhafte" Informationen über das ORF-Gesetz, erklärt Stiller, und ebenso über die geplante Haushaltsabgabe: "Es ist noch nicht einmal geklärt, wie mit den bisherigen Befreiungen von der GIS-Gebühr umgegangen wird oder ob Zweitwohnsitzer mehrere Male zur Kasse gebeten werden, was in einem Pendlerbundesland wie dem Burgenland beträchtliche Auswirkungen hätte. "

Dem Burgenland fehle "eine grundsätzliche Debatte darüber, wie der öffentlich-rechtliche Auftrag des ORF in Zukunft aussieht und wie der ORF in die Lage versetzt wird, diesen Auftrag wahrzunehmen".

Das Burgenland sei "nicht gegen Einsparungen beim ORF, diese dürfen aber nicht zulasten der Regionalität, der journalistischen Unabhängigkeit, der Vielfalt und der Qualität gehen".

Die Mittel aus der bisherigen GIS-Länderabgabe seien "in allen betroffenen Bundesländern nötig, um Politikbereiche zu finanzieren, die besonders von den letzten Krisen getroffen wurden", lässt das Burgenland verlauten. In den meisten Ländern seien das Kunst, Kultur, Bildung – "so auch im Burgenland". Doskozil-Sprecher Stiller: "Wenn der Bund diese Länderabgaben infrage stellt, wird es daher volle Kompensation aus dem Bundesbudget geben müssen."

Kärnten: "Weder Gebührenzahler noch Länder stärker belasten"

"Die Bundesregierung ist gefordert, ein Modell zu erarbeiten, das weder Gebührenzahler noch Länder stärker belastet", verlangt auch Kärnten, erklärt Andreas Schäfermeier, Sprecher von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ), auf STANDARD-Anfrage, ob sich der amtierende Landeschef eine Kompensation der GIS-Mittel aus dem Bundesbudget vorstellen könnte.

Kärnten verwendet die GIS-Länderabgabe zweckgewidmet zur Finanzierung von fast 70 Musikschulen des Landes mit rund 15.000 Musikschülerinnen und Musikschülern, erklärt Schäfermaier: "Ein Wegfallen der Länderabgabe würde massive negative Auswirkungen auf sie nach sich ziehen. Insofern ist die Bundesregierung gefordert, endlich ein entsprechend zukunftstaugliches, gebührenfinanziertes Modell vorzuschlagen" – das auch "unabhängige Berichterstattung des ORF gewährleistet".

Die Bundesländer seien "rechtzeitig einzubeziehen", heißt es aus Kärnten. "Es kann und darf nicht sein, dass in Wien in schlecht bewährter Manier im stillen Regierungskämmerlein ein Modell am Reißbrett entworfen wird, das den Ländern nach dem Motto 'Friss oder stirb' aufgezwungen wird, mit massiven Benachteiligungen für die Bevölkerung."

Die ORF-Führung sei gefordert, "Effizienzsteigerungs- und Sparpotenziale zu heben", die aber "die Qualität der Berichterstattung und die Programme der Landesstudios nicht gefährden". Die inhaltliche Unabhängigkeit der Landesstudios als "regionale Informationsnahversorger" sei abzusichern.

Tirol verlangt "nachhaltige Kompensation des Bundes"

Tirol will sich noch nicht festlegen, ob eine Kompensation der bisherigen Landesabgaben auf die GIS aus dem Bundesbudget vorstellbar ist: "Seitens des Landes kann eine Einschätzung erst erfolgen, wenn auch die Details bekannt sind. Uns liegt aktuell kein konkreter Vorschlag vor", erklärt Landeshauptmannsprecher Fabian Muigg. Aber: Man verlangt eine "nachhaltige Nachfolgeregelung des Bundes im Einvernehmen mit den Ländern".

Landeshauptmann Anton Mattle (ÖVP) bekenne sich grundsätzlich zu einem effizienten und unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Die Höhe der Landesabgabe, die im Rahmen der GIS von sieben Bundesländern eingehoben wird, sei in Tirol im Vergleich am geringsten. Vier Euro pro Monat schlägt Tirol auf die GIS auf – während Vorarlberg und Oberösterreich ganz auf eine solche Abgabe verzichten.

"Die Erträge aus der Landesabgabe werden in Tirol für soziale und kulturelle Zwecke verwendet, ein beträchtlicher Teil davon fließt in die Kunst- und Kulturförderung", betont Muigg auf STANDARD-Anfrage. "Um diesen wichtigen Beitrag aufrechtzuerhalten, erwarten wir seitens des Bundes eine nachhaltige Nachfolgeregelung für die GIS, die im Einvernehmen mit den Ländern getroffen wird."

Update: Salzburg im Unklaren

Christian Pucher, Pressesprecher von Landeshauptmann Wilfried Haslauer, moniert ebenfalls die Unklarheit über die Pläne des Bundes in Sachen GIS: "Nachdem noch kein detailliertes Gesamtkonzept vorliegt, ist es für uns schwierig Ableitungen zu treffen."

Man könne "erst nach Vorliegen eines Gesamtkonzeptes Aussagen darüber treffen beziehungsweise eine Bewertung machen", erklärt Pucher.

Eine Nachfrage, ob sich Salzburg beziehungsweise der Landeshauptmann einen Entfall der Mittel aus der Landesabgabe oder eine Abgeltung dieser Aus dem Bundesbudget vorstellen kann, blieb bisher unbeantwortet.

Update: Niederösterreich schweigt mit Verweis auf Koalitionsgespräche

Im Büro von Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner will man sich derzeit mit Verweis auf Regierungsgespräche nicht äußern: "Da wir in diesen Tagen gerade in Verhandlungen über die künftige Zusammenarbeit im Land stehen, haben wir vereinbart, den Gesprächspartnern nichts öffentlich auszurichten."

Die Sprecher der Landeshauptleute von Wien und Steiermark sind vom STANDARD angefragt, Stellungnahmen werden bei Vorliegen ergänzt. (Harald Fidler, 7.3.2023)