Es gibt wenig Beruhigenderes als einen großen Topf gekochter Bohnen im Kühlschrank. Er erlaubt es, in unverschämt kurzer Zeit ein aufwendig gut schmeckendes und höchst befriedigendes Essen auf den Tisch zu bringen, vom üppigen Eintopf über einen erfrischenden Salat bis hin zum Katerfrühstück (Bohnen mit Ei, eingelegten Jalapeños und Kräutern!).

Auch wenn Bohnen für viele nach Winter klingen, bin ich gerade im Frühling oft besonders dankbar für sie: Es gibt wenig, was aus jungem Grün und frisch Gesprossenem so einfach ein substanzielles Essen macht und/oder ein so fantastisches Vehikel für büschelweise gehackte frische Kräuter ist.

Weil ich Bohnen zwar sehr schätze, aber doch noch eher ein Bohnendilettant bin, habe ich Ola Szwarc gefragt, ob sie mir zwei Rezepte schicken kann. Blogleser kennen Ola bereits: Sie stammt ursprünglich aus Polen, hat in London im Moro und in Wien im Brösl gekocht, ist gemeinsam mit ihrem Mann Nadim Amin "Centrala Vienna" und kocht außergewöhnlich gut, ganz im Allgemeinen, aber auch Bohnen im Speziellen. Eines ihrer Bohnenrezepte hat es sogar in Olia Hercules neues Buch geschafft. Ich hatte vor einiger Zeit das Vergnügen, für einen ganzen Bohnenabend bei den beiden zu Gast zu sein, und denke seither immer wieder daran zurück.

Darf ich Ihnen Olas Bohnensammlung zeigen?
Foto: Tobias Müller

Auf meine Frage hat sie mir nicht nur Rezepte, sondern auch gleich noch eine persönliche Liebes- und Kocherklärung an und für die Bohne geschickt, so schön, dass ich mir das Weiterschreiben spare und ihr das Wort übergebe (für alle, die nicht so gern oder gut Englisch lesen, hab ich das Wichtigste weiter unten zusammengefasst):

Hi Tobi,

here are some of my favourite bean recipes.

It's really all about that bean. I'm lucky enough to be getting a steady regular bean supply from poland. My favourite butter beans are called "beautiful johnny" or "big johnny" in Poland ("piękny jaś" or "duży jaś") . The best ones are from dolina dunajca, south of poland.

So I'm, giving you recipes for this one as I always use this bean, but I guess you can use any other bean, it just won't be as meaty and creamy and delicious :)

A good alternative would be Spanish Judion bean.

I usually don't even bother soaking them as who's thinking ahead this much. It will take a little longer to cook but there is not much difference really. And the cooking time really depends on the dryness and size of the beans, you just need to give them some attention and check up on them every now and then. And what's important is to simmer them gently so their beautiful skin doesn't break opening a mushy bean. Also I find the rule of not salting the beans until they're cooked a myth that I stopped following, resulting in much tastier beans if you give them some salt from the start. And they cook just fine. You will never be able to season them properly adding salt once they're already cooked. It's different with acid of course, so when I use tomatoes for example I would only add them towards the end. Or vinegar or lemon juice – also as a finishing touch.

And I do keep them in the fridge as they last longer this way, also because the ones I'm getting are usually quite fresh and not completely dry.

Very often, when I don't have anything else in the fridge I simply bring them to boil (with enough water to cover them by around 2 cm), with a couple of ideally fresh bay leaves (they do make a difference), a glug of olive oil and two big pinches of salt. Lower to a gentle simmer and cook until pleasantly soft but not mushy. Skim off if needed and add more water if they get dryer – they have to be always submerged in liquid. Finish with a solid drizzle of really good red wine vinegar, plenty of freshly ground black pepper and more salt if needed. You can use lemon juice and zest instead and also grated garlic, when still warm, if you like.

And that is a great base. I eat it as a snack, room temp or as a stew or if I feel fancy and have something in the fridge I will add it to it, like some leafy greens. Great with any meat or fish really. If you want them dryer, get rid of the liquid but when storing – always submerged!

And here are my summer favourites.

One with stewed courgettes and wild garlic, topped with soft fresh goat's or sheep's cheese, or pecorino romano. Best with a big slice of good, toasted bread rubbed with garlic.

And the other one is with ripe sweet tomatoes and fresh marjoram. Great with some pancetta/speck as well.

Der schöne Johannes.
Foto: Tobias Müller

Hier die wesentlichen Punkte auf Deutsch:

  • Olas Lieblingsbohnensorten sind die ganz großen, weißen, entweder die "Piękny jaś" ("der schöne Johannes") aus Polen oder die spanische Judion oder Butterbohne.
    Wenn Bohnen nicht uralt sind, müssen sie nicht vorher eingeweicht werden, einfach kochen geht auch.
  • Dass Bohnen in Salzwasser nicht weich werden, hält sie für einen Mythos, im Gegenteil werden sie ihrer Meinung nach besser weil würziger, wenn sie in Salzwasser gekocht werden. (Ich stimme dem zu und würde noch hinzufügen, dass die Kochdauer und das Weichwerden eher vom Alter der Bohnen abhängt – je älter, desto länger müssen sie kochen.)
  • Säure hingegen lässt sie nicht so gut garen (wie jedes Gemüse), saure Zutaten wie Tomaten daher lieber erst nach dem Kochen oder gegen Ende der Kochzeit zugeben.
  • Sanft köcheln, damit sie nicht aufplatzen bzw. zerfallen.
  • Am Ende mit viel Essig, Pfeffer und/oder Zitronenschale und geriebenem Knoblauch würzen.

Ola kocht ihre Bohnen gern einfach mit frischen Lorbeerblättern (die schmecken wirklich deutlich besser als getrocknete), Olivenöl und Salz – ich gebe noch gern angedrückte Knoblauchzehen, Sojasauce und ein Stück Kombu dazu, ein Trick, den ich mir in diesem Buch abgeschaut habe. Voilà. Fertig ist die Basis für unzählige Gerichte.


Gute Bohnen mit guter Wurst. Gute Mischung.
Foto: Tobias Müller

Ich habe ähnliche Bohnen wie Olas "schönen Johannes" – groß, cremig, weiß – vor kurzem am Meiselmarkt erstanden, bei einem der Balkanstände, der leicht erkennbar ist am frischen Kajmak und den vielen Eimern mit vergorenem Gemüse und war sehr zufrieden. Und auf Twitter hat mich eine nette Newsletterleserin darauf hingewiesen, dass es den schönen Johannes offenbar aktuell frisch bei Bedronka im 15. Bezirk gibt.

Ganz generell bin ich aber immer noch auf der Suche nach guten, verlässlichen, nicht völlig überteuerten Bohnenquellen in Wien – ich freue mich sehr, wenn wer Tipps hat!

Hier noch Olas Rezepte, von mir hoffentlich treu genug übersetzt.

Butterbohnen mit Zucchini, Bärlauch und Ziegenfrischkäse

  • 300 g trockene Bohnen
  • 2 frische Lorbeerblätter
  • etwa 150 ml Olivenöl
  • 4 Knoblauchzehen, in dünne Scheiben geschnitten
  • 6–8 kleine Zucchini, in mundgerechte Stücke geschnitten
  • Salz und Pfeffer
  • 1 Zitrone
  • 2 große Hände voll Bärlauch und/oder andere Kräuter, die Sie mögen: Minze, Oregano, Basilikum, Thymian, Dill ... (oder, meine Anmerkung, junges wildes Grün wie Löwenzahnblätter oder Brennesselspitzen)
  • Brot und Ziegenfrischkäse zum Servieren

Die Bohnen mit Wasser bedecken. Lorbeerblätter zugeben, gut salzen und zum Sieden bringen. Sanft köcheln, bis die Bohnen ganz weich sind, je nach Frische der Bohnen etwa 30 bis 90 Minuten. Schaum abschöpfen. Wenn die Bohnen gar sind, von der Hitze nehmen und entweder gleich weiter verkochen oder abkühlen lassen und im Kochsud im Kühlschrank aufheben.

Olivenöl in einer schweren Pfanne erhitzen. Knoblauch und Zucchini zugeben, salzen und braten, bis sie etwas Farbe genommen haben, dann die geriebene Schale der Zitrone zugeben und auf niedriger Hitze garen, bis die Zucchini weich sind, etwa zehn Minuten. Die Bohnen mit einem Schaumlöffel aus der Flüssigkeit heben und zu den Zucchini geben. Alles warm werden lassen, den Bärlauch zugeben und zusammenfallen lassen. Ein paar Minuten gemeinsam köcheln, noch einmal salzen, pfeffern und mit dem Zitronensaft würzen.

Mit getoastetem Brot und Ziegenkäse servieren.

Butterbohnen mit Tomaten und Majoran

  • 300 g getrocknete Butterbohnen
  • 2 frische Lorbeerblätter
  • Olivenöl
  • 3 Knoblauchzehen, in Scheiben geschnitten
  • 4–5 reife Tomaten
  • die Blättchen von 3 Zweigen Majoran, gezupft
  • 50 g Speck oder Pancetta, gewürfelt
  • Rotweinessig, Salz und Pfeffer

Die Bohnen wie im vorigen Rezept kochen.

Die Tomaten kurz ins kochende Wasser tauchen, bis sich die Haut zu lösen beginnt, dann kalt abschrecken und die Haut abziehen. Würfeln.

Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und (falls verwendet) den Speck darin knusprig braten. Die Tomaten zugeben, salzen (Achtung, Speck ist salzig!) und etwa fünf Minuten garen. Die Bohnen mit einem Schaumlöffel aus dem Kochwasser heben und zugeben. Weitere fünf Minuten kochen lassen, bis die Mischung cremig ist – nicht zu sehr reduzieren!

Mit dem Majoran, Salz, Pfeffer und Essig würzen und mit frischem Brot servieren.

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PS: Wer sich für Bohnen näher interessiert, Burgenlands spannendster Bohnenzüchter, Roland Pöttschacher, veranstaltet heuer am 13. Mai ein großes Bohnenfest. Ich durfte ihn bei der Recherche für mein Burgenlandbuch kennenlernen – wird ziemlich sicher super! (Tobias Müller, 2.4.2023)