Der Wohntraum bleibt für viele Menschen ein Traum – nicht nur wegen der Kreditvergaberegeln.

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Seit dem Sommer des Vorjahres gelten strengere Kreditvergaberichtlinien. Wer einen Immobilienkredit will, braucht seither mindestens 20 Prozent an Eigenmitteln, die Raten dürfen zudem maximal 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens ausmachen, die Laufzeit 35 Jahre nicht übersteigen.

Damit ist der Traum vom Eigenheim für viele in noch weitere Ferne gerückt. Nun wurde nachgeschärft. Die ab April geltenden Erleichterungen gehen vielen aber immer noch nicht weit genug. Was jetzt gilt – und warum das Erlangen eines Kredits weiterhin schwierig bleibt.

Frage: Was hat sich mit 1. April geändert?

Antwort: Die wichtigste Änderung betrifft die Zwischenfinanzierungen. Das war seit dem vergangenen Sommer ein ganz großer Stein des Anstoßes, hier war auch relativ schnell klar, dass wohl nachgebessert werden muss.

Zur Erklärung: Zwischenfinanzierungen werden benötigt, wenn jemand beispielsweise ein Haus auf dem Land kaufen möchte und dafür die bisher genutzte Wohnung in der Stadt verkauft. Zur Überbrückung, bis das Geld aus dem Verkauf der Wohnung auf das Konto geflossen ist, braucht es in den meisten Fällen eine Zwischenfinanzierung, für die seit dem vergangenen August aber die gleichen, strengen Immobilienkreditvergaberegeln galten. Dadurch wurden viele Immobilienkäufe vereitelt, wie man aus Banken hört.

Die neue Regelung besagt: Zwischenfinanzierungen werden bis zu einem Wert von 80 Prozent der bestehenden Immobilie als Eigenkapital berücksichtigt, und zwar für die Dauer von zwei Jahren. Das wird als "ausreichend langer Zeitraum" angesehen, um es einer Familie mit bestehender Immobilie zu ermöglichen, "ein (neues) Eigenheim zu errichten oder zu renovieren und zu beziehen", wie es in der Verordnung heißt. Wer also schon eine Immobilie hat, aber eine andere kaufen will, wird damit wieder leichter einen Kredit bekommen können.

Eine weitere Änderung betrifft nicht rückzahlbare Zuschüsse durch Gebietskörperschaften – das betrifft de facto nur die zwei Bundesländer Salzburg und Kärnten, die solche Zuschüsse beim Kauf eines Eigenheims gewähren. Zukünftig wird demnach ein zugesagter, aber noch nicht ausbezahlter Zuschuss für einen maximalen Zeitraum von zwei Jahren ebenfalls in die Berechnung der Eigenmittel einfließen.

Eine kleine Neuerung betrifft auch die sogenannte Geringfügigkeitsgrenze von 50.000 Euro, die für Ehegatten, eingetragene Partner und Lebensgemeinschaften nun pro Kreditnehmer gilt und damit auf 100.000 Euro verdoppelt wird. Paare können also künftig, ohne die Voraussetzungen zu erfüllen, bis zu 100.000 Euro Kredit bekommen. Damit soll die energetische Sanierung von Eigenheimen attraktiv bleiben.

Frage: Warum ist es seit dem Vorjahr so schwierig, zu einem Kredit zu kommen?

Antwort: Am 1. August des Vorjahres wurden die Kreditvergaberichtlinien verschärft. Seither müssen Kreditnehmerinnen mindestens 20 Prozent Eigenkapital aufbringen, und die monatliche Rate der Rückzahlung darf maximal 40 Prozent des Haushaltseinkommens betragen. Zudem darf die Laufzeit der Finanzierung 35 Jahre nicht übersteigen.

Die Banken haben allerdings Ausnahmekontingente. Wie groß diese sind, ist genau festgelegt und von Bank zu Bank unterschiedlich. Basis bildet das Neugeschäft aus der Vorperiode.

Frage: Warum wurden die Vergaberichtlinien überhaupt verschärft?

Antwort: Damit kam die Finanzmarktaufsicht (FMA) Empfehlungen und Vorgaben des Finanzmarktstabilitätsgremiums (FMSG) nach. In diesem Gremium sitzen Vertreterinnen und Vertreter des Finanzministeriums, der Nationalbank, der Finanzmarktaufsicht und des Fiskalrats. Den Expertinnen und Experten war die Kreditvergabe bei Immobilien in den letzten Jahren zu locker, man befürchtete zunehmend systemische Risiken, daher haben die Aufseher den Banken neue Vorgaben verordnet.

Man wolle damit die Konsumenten schützen und dafür sorgen, dass sie sich ihre Kredite auch leisten und zurückzahlen können, heißt es von der FMA. Zudem geht es darum, dass Banken nicht auf notleidenden Krediten sitzen bleiben. Laut Expertinnen hatte zuletzt jeder fünfte Kreditnehmer eine zu hohe Rate.

Frage: Gehen diese Erleichterungen weit genug?

Antwort: Das kommt darauf an, wen man fragt. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sieht die Anpassungen als ausreichend. Banken und Kreditinstitute sind unzufrieden. Auch Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) fordert weiterhin praxisnähere und flexiblere Regeln. Kritisiert wird vor allem, dass die strengen Grenzen für den Eigenmittelanteil und die erlaubten Rückzahlungsraten nicht angegriffen wurden.

Frage: Warum gibt es keine größeren Erleichterungen?

Antwort: Grundsätzlich sieht man vonseiten des FMSG die Notwendigkeit der Verordnung als bestätigt an. Die Vergabestandards hätten sich im dritten Quartal 2022 zwar verbessert, heißt es in einer Aussendung, ein hoher Anteil der Kredite sei aber weiterhin zu nicht nachhaltigen Konditionen vergeben worden – wobei die neuen Kreditvergaberegeln auch erst im August im Kraft getreten sind. Dazu komme, dass der Anteil der neu vergebenen Kredite mit variabler Verzinsung seit Mitte des Jahres 2022 deutlich angestiegen ist.

Frage: Wie hat sich die Verschärfung bisher auf die Nachfrage nach Krediten ausgewirkt?

Antwort: Das Kreditgeschäft ist deutlich zurückgegangen, vonseiten des FMSG hieß es dazu aber vor einigen Wochen, dass es "nicht so extrem" eingebrochen sei, wie nun oft dargestellt wird. Das Kreditgeschäft sei auf ein Niveau von 2017 oder 2018 zurückgegangen. Mit dem Rückgang ist auch das Volumen der Immobilientransaktionen gesunken, was allerdings nicht nur auf die strengen Kreditvergaberegeln, sondern auch auf stark gestiegene Zinsen zurückzuführen ist.

Frage: Wirkt sich all das auf die Immobilienpreise aus?

Antwort: Die geänderten Rahmenbedingungen – Inflation, steigende Zinsen, strengere Kreditvergaberichtlinien – haben dem starken Preisanstieg bei Immobilien der vergangenen Jahre einen Dämpfer verpasst. Die meisten Expertinnen und Experten rechnen mit einem dauerhaften Abflachen der Preise, manche wollen aber auch bereits ein Sinken beobachten.

Ob Immobilien damit wieder leistbarer werden, ist aber fraglich. Aus Sicht der Arbeiterkammer liegt das jedenfalls nicht nur an der Kreditvergabe, es müsse auch an anderen Schrauben wie dem Lohnniveau und den Immobilienpreisen gedreht werden. (Bernadette Redl, Franziska Zoidl, 1.4.2023)