Es ist ein sonderbares Paar, das diese Woche auf Staatsbesuch in Peking weilt: ein französischer Präsident, Emmanuel Macron, der gegenüber dem absoluten Herrscher Xi Jinping weiter an seine Fortune glaubt, nachdem er schon bei Wladimir Putin abgeblitzt war. Und eine EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, die jüngst eine glasklare Einschätzung der zynischen Realpolitik Chinas vermittelt hat.

Reisen gemeinsam nach Peking: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
Foto: EPA / Mohammed Badra

Werden die beiden in Peking etwas erreichen? Es wäre zu hoffen, ist aber nicht zu erwarten. Europa läuft Gefahr, von dem Konflikt China – USA und zudem vom multiplen Zivilisationskrieg Russlands gegen den Westen überrollt zu werden.

"Der Kontinent muss sich endlich selbst wappnen."

Es sei denn, Europa rafft sich wirklich auf. Das wäre wichtiger als jede Reise nach Fernost. Der Dialog mit den Autokraten ist zwar gerechtfertigt, ja sogar notwendig: Mit Putin oder Xi zu sprechen bringt kurzfristig keine Resultate, kann aber Stück für Stück dazu beitragen, eine Eskalation zu verhindern.

Illusionen darf sich Europa aber nicht (mehr) hingeben. Der Kontinent muss sich endlich selbst wappnen. Industriell, landwirtschaftlich, energiemäßig und militärisch muss er unabhängiger werden. Medikamente, seltene Erden, saubere Energien: Hier muss Europa aufbauen, was bisher verpasst wurde – und was nicht länger importiert werden soll. Wie das geht, macht gerade China vor. Emmanuel Macron, Pedro Sánchez und Olaf Scholz haben sich in Peking hoffentlich etwas umgeschaut. Chinesen wissen ja, Industriespionage schadet nie. (Stefan Brändle, 5.4.2023)