Ungleiche Chancen, desinteressierte Eltern, nicht mehr zeitgemäße Schulfächer, mangelnde psychologische Betreuung, fehlender Umweltschutz, zu viele Autos und zu wenige Spielplätze: Es gibt einiges, was das Leben von Kindern in Österreich erschweren und ihrer Zukunft im Wege stehen kann. Aber was sind die gravierendsten Probleme – und welche Lösungen gibt es dafür? Was braucht es, damit Kinder ein gutes, glückliches Leben führen können? Hier sechs Forderungen, die dazu beitragen sollen:

1. Eine Kindergrundsicherung

Vermögen ist ungleich verteilt. Das spüren die Jüngsten in Österreich spätestens mit der Einschulung. Dann nämlich haben sie den direkten Vergleich mit Mitschülerinnen und Mitschülern. Während die einen mit dem teuren Woom-Fahrrad in die Volksschule radeln, tragen andere die Schultasche der älteren Geschwister auf dem Rücken.

Das ist nicht vereinzelt der Fall – jedes vierte Kind ist in Österreich armutsgefährdet. Doch das müsste nicht so sein. Konzepte, wie jedem Kind die gleichen und somit faire Chancen geboten werden können, liegen bereits auf dem Tisch. Die Kindergrundsicherung ist eines davon. Soziale Organisationen wie die Volkshilfe fordern sie hierzulande seit Jahren, in Deutschland könnte sie schon bald kommen. Die Idee dahinter ist, dass die Chancen für Kinder nicht vom Einkommen der Eltern abhängig sein sollen.

Soziale Staffelung

Bei der Kindergrundsicherung bekommt jedes Kind den nötigen Zuschuss vom Staat, der Nachhilfe, Fußballverein und gesundes Mittagessen leistbar macht. Die Volkshilfe schlägt ein Modell vor, bei dem 200 Euro pro Monat an alle Kinder ausbezahlt werden würden. Je nach Einkommen der Eltern gäbe es bis zu 425 Euro zusätzlich. Kinder aus einkommensschwachen Familien könnten also bis zu 625 Euro pro Monat als Grundsicherung erhalten. So viel ist nötig, um ein Leben ohne Armut zu führen, berechnete die Volkshilfe.

Manche Familien haben kein Geld für Schuhe, Spielzeug oder Ausflüge. Die Volkshilfe hat berechnet, dass ein Kind pro Monat 625 Euro benötigt, um ein Leben ohne Armut zu führen.
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Die Kindergrundsicherung soll alle anderen Leistungen ersetzen – etwa Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag und regionale Unterstützungen. Derzeit seien diese Leistungen fragmentiert, was dazu führe, dass sie nicht zur Gänze in Anspruch genommen würden. Durch die Kindergrundsicherung könne Kinderarmut weitgehend abgeschafft werden, ist Judith Ranftler von der Volkshilfe überzeugt: "Aus armen Kindern werden statistisch gesehen häufig arme Erwachsene. Mit der Kindergrundsicherung wäre substanziell etwas gelungen."

Politik uneins

"Armut abschaffen", fordert ein Kind bei einer Kundgebung der der Initiative #ichbinarmutsbetroffen in Berlin.
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Auf Nachfrage des STANDARD heißt es im Sozialministerium (Grüne), dass eine Debatte zur Kindergrundsicherung zu begrüßen wäre, um Kinderarmut vorzubeugen. Allerdings sei das ein langfristiges Projekt, für das erst das Steuersystem umstrukturiert werden müsste. Außerdem sei man bei dem Thema in der Koalition unterschiedlicher Auffassung. Daher finde sich dazu auch nichts im Regierungsprogramm. Man wolle die Kindergrundsicherung für die nächste Amtsperiode ins Auge fassen.

In Deutschland ist die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP einen Schritt weiter. Familienministerin Lisa Paus (Bündnis 90 / Die Grünen) spricht in einem Interview mit der "Tagesschau" bereits darüber, wie die Kindergrundsicherung, die anders als in Österreich im Koalitionsvertrag festgehalten ist, umgesetzt werden soll. Geplant ist demnach ein Garantiebetrag, der sich am aktuellen Kindergeld orientiert. Dieser liegt bei 250 Euro. Zusätzlich soll es einen einkommensabhängigen Zusatzbetrag geben. Wie hoch dieser Zusatzbetrag ausfallen wird, ist allerdings noch nicht klar. Denn Finanzminister Christian Lindner (FDP) steht noch auf der Bremse. "Für Familien mit Kindern ist bereits viel passiert", sagt er in einem Interview.

2. Verpflichtende Erziehungskurse für Eltern

Die Art, wie Eltern mit ihren Kindern umgehen, kann diese ihr ganzes Leben lang prägen – im Guten wie im Schlechten. Eine gute Erziehung kann Kinder widerstandsfähig machen, ihnen dabei helfen, Vertrauen in sich selbst zu entwickeln. Eine schlechte kann das Gegenteil bewirken.

Wie sich das äußern kann, schildert Gudrun Halbrock im "Zeit-Magazin". Die im Februar verstorbene Psychotherapeutin berichtet im Interview von der Arbeit in ihrer Praxis: Ihre Patientinnen und Patienten litten unter Ängsten, Depressionen und posttraumatischen Belastungsstörungen. Diese seien zu einem großen Teil das Ergebnis falscher Erziehung: "Etwa 90 Prozent bräuchten keine Psychotherapie, wenn sie in ihrer Familie eine bessere Kindheit gehabt hätten." Diese Menschen hätten als Kinder Gewalt, Missachtung oder Degradierung erlebt. Ihnen sei gesagt worden, sie seien ein "Dummerchen" – was sich so sehr eingeprägt habe, dass sie sich selbst nichts mehr zutrauen und selbst als Erwachsene unter einem Mangel an Selbstbewusstsein leiden. "Auch Missbrauch, Vernachlässigung und Verwöhnung kommen in allen Bevölkerungsschichten vor und führen zu einer krankhaften und unguten Entwicklung von Kindern", sagt die Therapeutin an anderer Stelle.

Eltern, die Mut machen, Trost spenden und Grenzen setzen: Sie brauchen Kinder für eine gesunde Entwicklung.
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Gute Erziehung ist erlernbar

Halbrocks feste Überzeugung: Eltern zu sein ist erlernbar und es brauche eine Art Elternführerschein. So wie sich auch Pädagoginnen und Pädagogen einer Ausbildung unterziehen müssten, bevor sie mit Kindern arbeiten, sollte auch für Eltern ein Erziehungstraining verpflichtend sein. "Ein achtwöchiger Kurs mit wöchentlich zwei Stunden, das ist das Minimum", so Halbrock im "Spiegel". Ein solcher Kurs könne auch die Voraussetzungen für staatliche Zuschüsse wie etwa das Elterngeld sein.

Sie selbst unterstützte mit ihrer Stiftung das sogenannte STEP-Elterntraining, ein "systematisches Training für Eltern und Pädagogen". Der Kurs wird deutschlandweit angeboten, dauert zehn Wochen und gibt Eltern mit, wie sie wertschätzend miteinander und mit ihren Kindern umgehen können. Sie lernen, mit ihren Kindern zu kommunizieren, sie zu ermutigen, Regeln aufzustellen und Konsequenzen zu setzen. Halbrocks Vision: dass die Grundlagen der Erziehung künftig auch in speziellen Online-Games vermittelt werden könnten.

3. Glück als Fach in der Schule

Was Kinder brauchen, um für die Zukunft gewappnet zu sein, ist regelmäßig Gegenstand hitziger Diskussionen. Reichen Mathe, Deutsch, Geschichte und Geografie noch aus, um Kinder auf ihr späteres Leben vorzubereiten? Oder braucht es vielmehr Fächer wie Programmieren oder Finanzen? Kaum jemand kann in die Zukunft sehen und sicher voraussagen, welches Wissen in 30 Jahren vonnöten sein wird. Eins ist aber sicher: Eine Fähigkeit werden die Menschen immer brauchen – und zwar die zum Glücklichsein. In krisenhaften Zeiten ist sie sowieso wichtiger denn je.

In Deutschland ist das Schulfach "Glück" bereits etabliert, man kann darin sogar Abitur machen. Auch in einigen Schulen in Österreich steht es schon auf dem Stundenplan. In Vorarlberg bietet es eine Schule seit 2019 als Freifach an, in Wien und der Steiermark wird Glück schon seit ein paar Jahren in verschiedenen Formen unterrichtet. Wieso sollte man es also nicht österreichweit einführen, selbstverständlich bei gleichbleibender Anzahl der Schulstunden? Schließlich werden darin wichtige Kompetenzen für ein gelungenes Leben gelehrt.

Das Fach Glück in der Schule – um aktuelle und künftige Krisen besser zu überstehen.
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"Es geht nicht darum, den Schülern beizubringen, ständig glücklich zu sein, sondern einfach, sich selbst kennenzulernen und mit seinem eigenen Leben zufrieden zu sein, dadurch, dass man es gestaltet", sagt ein Berliner Lehrer, der das Fach unterrichtet. Die Schülerinnen und Schüler sollten so zu den Gestalterinnen und Gestaltern ihres Lebens werden. Die Übungen stammen aus dem psychologischen oder psychotherapeutischen Bereich oder der Theaterpädagogik. Ganz zentral dabei ist, sich selbst kennenzulernen. Die Kinder und Jugendlichen erfahren mehr über ihre Stärken und Schwächen. Teil des Unterrichts ist auch, die eigenen Werte und Ziele herauszuarbeiten. Wichtige Themen sind außerdem: Wie entwickle ich Stabilität aus mir selbst heraus? Und wie baue ich eine positive Beziehung zu mir auf? Wer das gelernt hat, kann aktuelle und künftige Krisen besser überstehen.

Länger schlafen

Was das Wohlbefinden vieler Kinder und Jugendliche außerdem verbessern könnte, wäre womöglich ein späterer Unterrichtsbeginn. Was "später" heißt, hat die amerikanische Fachgesellschaft der Kinderärzte schon 2014 festgehalten: nicht vor 8.30 Uhr – wobei die Empfehlung für Zehn- bis 18-Jährige gilt. Einige Pädagoginnen und Pädagogen sind ebenfalls überzeugt, dass Schülerinnen und Schüler fitter und aufmerksamer sind, wenn die Schule nicht zu früh anfängt.

Motiviert anstatt müde: Eine Studie aus Seattle belegt die Vorteile eines späteren Unterrichtsbeginns.
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Es gibt auch wissenschaftliche Befunde, die das untermauern, etwa eine Studie aus Seattle, die 2019 in Science Advances publiziert wurde. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler statteten Highschoolschüler mit einer Art Fitness-Uhr aus, um zu messen, wie sich die Umstellung auf einen späteren Schulstart auf sie auswirkte. Die Uhr dokumentierte die Schlafzeiten und die Umgebungshelligkeit.

Der um 55 Minuten spätere Beginn um 8.45 Uhr resultierte in durchschnittlich 34 Minuten mehr Schlaf für die Jugendlichen. Dieser wiederum führte zu besseren Noten, einer besseren Aufnahme des Lernstoffs und vor allem weniger Fehlstunden bei Schülerinnen und Schüler aus ökonomisch schwächeren Schichten. "Wir konnten zeigen, dass die Verschiebung des Unterrichtsbeginns von 7.50 auf 8.45 den Schülerinnen und Schülern einen messbaren Nutzen für Schülerinnen und Schüler hat", schreiben die Autorinnen und Autoren in ihrem Conclusio.

4. Mehr und schnellere psychologische Betreuung

Es sind nicht bloß Probleme in der Schule, Stress mit den Eltern oder der Streit mit der besten Freundin, die Kinder und Jugendliche heute beschäftigen. Sie machen sich auch große Sorgen um die Zukunft. Die Pandemie, der Klimawandel oder der Angriffskrieg in der Ukraine sind angstbesetzte Themen.

Das berichtet die Beratungshotline Rat auf Draht. Das vergangene Jahr sei für Eltern und Kinder ein besonders herausforderndes gewesen, heißt es in einer Aussendung. "Die Stimmung der jungen Generation ist daher eher pessimistisch, von Angst und Hoffnungslosigkeit geprägt und strapaziert zunehmend ihre psychische Gesundheit", sagt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147. Die Dauer der Telefonate habe sich im vergangenen Jahr um ein Fünftel im Vergleich zum Vorjahr verlängert. Satke ist überzeugt: Künftig werden die Belastungen nicht weniger.

Angebot ausbauen

Während in einigen Fällen womöglich ein Beratungsgespräch ausreicht, braucht es in anderen professionelle Hilfe. Doch an dieser mangelt es in Österreich, schlugen Expertinnen und Experten kürzlich wieder Alarm. Der Bedarf an entsprechender Versorgung sei so hoch wie nie, doch Therapieplätze auf Krankenschein fehlen, meinen Kinder- und Jugendpsychiater und SOS-Kinderdorf.

Wenn alles aussichtslos erscheint, braucht es schnelle psychologische Hilfe.
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An vielen Kinder und Jugendlichen seien, befeuert durch die Pandemie und eine krisengebeutelte Zeit, regelrechte Identitätskrisen zu beobachten. Kinder und Jugendliche seien Symptomträger eines ungesunden, weil zu schnelllebigen Systems, sagt Silke Burkhart, die pädagogische Leiterin im SOS-Kinderdorf Moosburg. Viele Kinder würden vor der Realität in virtuelle Welten flüchten. Das habe Folgen: Der soziale Kontakt miteinander verliere an Qualität, die Sprache verändere sich, ebenso die Empathiefähigkeit.

Die Forderung nach mehr kassenfinanzierten Therapieplätzen kommt nicht nur von Fachleuten, sondern auch von den Kindern und Jugendlichen selbst. Sie wünschen sich zudem mehr Informationen zu Anlaufstellen, eine schnellere Hilfe und einen offeneren Umgang mit psychischen Erkrankungen in der Schule.

5. Ein neues Klimaschutzgesetz

Der Klimawandel ist in vollem Gange. Das stellen der Tiefstand des Neusiedler Sees im Burgenland genauso wie die Höchstgeschwindigkeit der Gletscherschmelze in den Alpen deutlich unter Beweis. Forderungen, die Kinder und Jugendliche daher lautstark und völlig zu Recht erheben, sind stärkere und vor allem bindende Maßnahmen im Kampf gegen die Erderwärmung – allen voran ein neues Klimaschutzgesetz. Immerhin mangelt es in Österreich seit über zwei Jahren an gesetzlich verankerten Reduktionszielen für Treibhausgase.

Die Kimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) geht dafür seit Jahren auf die Straße. Sie scheinen nicht müde zu werden, sich Parolen zu überlegen, Plakate zu malen und andere Umweltschutzorganisationen zu unterstützen. Es geht immerhin um nicht weniger als ihre Zukunft und ein weiterhin angenehmes Leben auf dem Planeten Erde.

DER STANDARD

Enthalten soll das neue Klimaschutzgesetz laut FFF: Klimaneutralität bis 2040 und ein Grundrecht auf Klimaschutz – beides in Verfassungsrang. Ein mit dem Pariser Klimaziel übereinstimmendes Treibhausgasbudget und ein daraus abgeleiteter Zielpfad, der festlegt, wer jedes Jahr wie viel CO2 ausstoßen darf. Auch klare Verantwortlichkeiten für Bund und Länder sollen darin enthalten sein.

"Unsere Gesetze definieren unsere Zukunft", sagt Michael Spiekermann von FFF, daher müssen sie ausreichend stark sein. Werde das Pariser Klimaabkommen nicht eingehalten, werde unsere Welt aufgrund der geopolitischen Folgen kein sicherer Ort mehr sein. Bei drei Grad Erderwärmung würden 20 Prozent der Erde unbewohnbar. 3,5 Milliarden Menschen müssten dann ihre Heimat verlassen. "Das kann beim besten Willen nicht friedlich ablaufen. Es wird fatale Folgen für unsere Demokratien, unseren Wohlstand und uns Jugendliche haben", so der Klimaaktivist weiter.

Weit entfernte Klimaziele

Derzeit scheint Österreich weit davon entfernt, bis 2040 die Klimaneutralität zu erreichen. Zu diesem Schluss kommt das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) vergangenen Dezember. Für 2024 sollen die Treibhausgasemissionen demnach leicht ansteigen. Das ist problematisch, weil sie längst sinken sollten. Nehmen sie hingegen zu, muss die Reduktion danach noch schneller gehen.

Matilda und Franziska (v. li.) haben mit weiteren zehn Kindern und Jugendlichen sowie Anwältin Michaela Krömer Klage eingereicht. Unterstützt werden sie von Fridays for Future. Klara König (re.) ist Pressesprecherin von FFF.
Foto: Jakob Pflügl

Wahrscheinlich haben zwölf Kinder und Jugendliche auch deshalb einen anderen – einen erwachsenen – Weg eingeschlagen. Ben, Vincent, Emma, Levi, Lilith, Matilda, Barsam, Laurenz, Smilla, Franziska, Lena und Wilhelmina sind zwischen fünf und 16 Jahre alt und haben eine Klage beim Verfassungsgerichtshof eingereicht. Ihr Vorwurf ist drastisch: Das aktuelle Klimaschutzgesetz verletzt die Rechte der Kinder in Österreich.

Vertreten werden sie von Anwältin Michaela Krömer. Ihrer Meinung nach ist das aktuelle Klimaschutzgesetz verfassungswidrig. Es verstoße gegen die mit Verfassungsrang verankerten Kinderrechte. Kinder haben ein Recht auf Schutz vor den Folgen der Klimakrise, sagt sie. Das Klimaschutzgesetz sehe aber weder Reduktionsziele noch Verbindlichkeiten vor, daher würden die Verfassungsrechte verletzt.

Fridays for Future unterstützen die Klage. Selbst wenn sie abgelehnt werden sollte: So oder so ist sie ein starkes Zeichen, das zeigt, dass Kindern und Jugendlichen das Thema verdammt wichtig ist.

6. Weniger Autos, mehr Raum zum Spielen

Straßen sind stressig. Der Lärm der Autos nervt, ihre Abgase stinken. Zu diesem Ergebnis kommt überspitzt formuliert eine Befragung der Stadt Wien unter Kindern und Jugendlichen. Im Rahmen der Werkstadt Junges Wien haben über 22.5000 von ihnen Ideen und Vorschläge für die Zukunft der Stadt gesammelt. Daraus wurde im Anschluss eine Kinder- und Jugendstrategie erarbeitet.

Was das Thema Verkehr betrifft, sind den Kindern und Jugendlichen die vielen Autos in der Stadt ganz generell zu viel. Sie wünschen sich autofreie Tage und verkehrsberuhigte Zonen vor Schulen und Kindergärten. Sie kritisieren mangelnde Abgrenzung zwischen Auto- und Radfahrbahn. Die Stadt ist ausgerichtet nach den Bedürfnissen der Erwachsenen, jene der Kinder kommen zu kurz.

Mehr Bäume, weniger Autos, weniger Stress und ein friedliches Miteinander: Das gehört zu den Wünschen von Wiens Kindern und Jugendlichen.
Foto: Robert Newald

Barbara Laa ist Verkehrsplanerin an der Technischen Universität Wien. Ihrer Meinung nach muss der Straßenraum fairer aufgeteilt werden. Wichtig wären breitere Gehsteige, damit Kinder neben ihrem Vater, ihrer Schwester oder Oma an der Hand gehen können. Auch Radwege benötigen mehr Platz, damit Kinder sicher radeln können. "Das ist leider nicht oft der Fall." Außerdem müsse es mehr autofreie Zonen geben.

Letzteres sei gerade rund um Spielplätze und Schulen, aber auch Wohnstraßen wichtig. "Es macht keinen Sinn, Spielplätze einzuzäunen", sagt Laa. Kinder könnten sich dadurch nicht frei entfalten. Stattdessen sollte der Verkehr rundherum beruhigt oder komplett abgeleitet werden.

Das perfekte Grätzel

Gefragt nach dem perfekten Grätzel für Kinder, muss Laa nicht lange überlegen: Alle Kinder können vom Wohnhaus zum nächsten Park spazieren, ohne dabei von Autos gestört zu werden. Auf dem Weg dorthin entdecken sie viel Interessantes. Spielgeräte beispielsweise, an denen sie sich austoben können. Das kann ein Spielplatz sein oder auch Stangen zum Hochhieven.

Es gibt viele Grünflächen, wo sie Vögel beobachten und das Zwitschern hören können. Das Grätzel ist verkehrs- und damit lärmberuhigt. Es gibt Sitzgelegenheiten, um Freunde und Freundinnen zu treffen. Das Radnetz ist sicher, und Haltestellen zum öffentlichen Verkehr sind nah. Das klingt nach einer Oase, die wohl nicht nur Kindern guttun würde. (Julia Beirer, Lisa Breit, 13.4.2023)