Amina Handke mit dem Werk "Kaspar" ihres Vaters.

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Als in Paris eingeschulte Tochter des späteren Nobelpreisträgers war sie zunächst mehr an dessen Plattensammlung interessiert denn an seiner Bibliothek: "Die Platten hatten ja Covers mit schönen Bildern drauf, und die fand ich ganz gut." Als Ergänzung vielleicht zu den vielen Bilderbüchern, "die für ein Einzelkind sehr wichtig sind, man muss sich ja beschäftigen". Fernseher gab es keinen, also nahm der Vater sie mit ins Kino zu den Filmen von Truffaut, "mit denen ich aber gar nichts anfangen konnte".

Captain Haddock und Obelix

Geliebt hingegen hat sie die Tintin-Comics, "deren Zeichnungen ich super fand, und auch den stets besoffenen Captain Haddock". Ebenso den betrunkenen Obelix, der im Rausch immer "latürnich" statt "natürlich" sagt oder auf Französisch "farpaitement" statt "parfaitement". "Keine Ahnung, warum man als Kind Besoffene immer so lustig findet!" Die Drei Musketiere und Der Graf von Monte Christo begleiteten sie in die Welt des Erwachsenwerdens. Im Gymnasium in Salzburg, wohin sie dann gezogen war, hatte sie als Deutschlehrer einen Altnazi, der sie zwang, Waggerl und Nestroy zu lesen, was ihr kurzzeitig die Freude am Lesen verdarb.

Mit Anfang 20 schuf sie das Bühnenbild zum 1968 erschienenen Stück Kaspar, wofür sie den Text ihres Vaters erstmals las: "Er vereint so ziemlich alles, was man zum Thema deutsche Sprache und Literatur wissen muss, mit vielen Zitaten und Verweisen, Stehsätzen und Floskeln und auch allem, was schrecklich ist an Sprache." Der Autor selbst meinte, er hätte das Stück auch "Sprechfolterung" nennen können. "Es ist kompliziert, es gehorcht keinen Regeln, hat nichts Narratives, ist eine absurde Abfolge von Szenen und Slapstickelementen zum Thema menschliche Unbeholfenheit und Hilflosigkeit. Ein Riesentext, der ungekürzt sicher fünf Stunden dauern würde." Für ihren Film Mein Satz kürzte sie 90 Prozent weg, den Rest sprach ihre Mutter Liebgart Schwarz, "die als Schauspielerin ein Vollprofi ist, aber auch lange brauchte, um den Text zu lernen". Dem Vater jedenfalls hat’s gefallen, er bewertete das Resultat als "gewaltig!". (Manfred Rebhandl, 8.4.2023)