Einige Zahlen der letzten Jahre ließen die Hoffnung keimen, dass der Tiger dem Artensterben entgehen könnte. In Nepal etwa habe sich die Population in den vergangenen zwölf Jahren verdreifacht, hieß es im vergangenen September aus Kathmandu. Nun hat auch Indien positive Entwicklungen zu vermelden: Erstmals seit eineinhalb Jahrzehnten leben dort wieder mehr als 3.000 Tiger in frei Wildbahn.

Der Sumatra-Tiger (Panthera tigris sumatrae) besitzt die kontrastreichste Fellzeichnung. Mit einem Gewicht von 120 Kilogramm (Männchen) ist er die kleinste Tigerunterart.
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Ein Bruchteil der früheren Bestände

Laut dem Ergebnis einer am Sonntag veröffentlichten Zählung wurden im gesamten Land 3.167 Tiger in freier Wildbahn erfasst. Dies entspricht einem Anstieg um 200 Tiere im Vergleich zur vorherigen Zählung von 2019. Indien ist das Land mit den meisten Tigern der Welt. Gut 75 Prozent der weltweit gezählten Tiger sollen in dem Land leben. Gemeinsam mit den Beständen in Nepal, Bhutan und Bangladesch beherbergt der indische Subkontinent damit beinahe alle der geschätzten 4.000 bis 4.500 existierenden wildlebenden Tiger.

Allen Frohbotschaften zum Trotz ist das Gesamtbild der Spezies Panthera tigris weiterhin verheerend: Bis in die 1920er-Jahre sollen sich mehr als 100.000 Tiger über ein riesiges zusammenhängendes Verbreitungsgebiet von Südindien über Südostasien und Ostchina bis Sibirien erstreckt haben. Allein in Indien lebten zum Zeitpunkt seiner Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1947 noch etwa 40.000 Tiger.

Der Bestand an Sibirischen Tigern (Panthera tigris altaica) wird auf etwa 400 Exemplare geschätzt.
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Ausgestorben

Bis zum Jahr 2000 starben die Unterarten Javatiger, Kaspischer Tiger und Balitiger aus, möglicherweise ist auch schon der Südchinesische Tiger in freier Wildbahn verschwunden. Damals rechnete man noch mit einem Gesamtbestand von bis 7.000 Tieren.

Vier der fünf überlebenden Unterarten – Malaiischer Tiger, Indochinesischer Tiger, Sumatratiger und Sibirischer Tiger – wanken mit jeweils nur mehr 200 bis 500 Exemplaren am Rand des Aussterbens. Einzig die Bestände des Bengaltigers auf dem indischen Subkontinent werden auf über 2.000 Tiere geschätzt, Tendenz steigend.

Die positive Entwicklung ist vor allem einem 2010 unterzeichneten Abkommen zu verdanken, mit dem sich Indien und die zwölf weiteren Staaten, in denen Tiger in Freiheit leben, zum Schutz der Tiere verpflichteten.

Zwei Bengaltiger im Ranthambore National Park in Sawai Madhopur, Indien. Die Männchen der auch Königstiger genannten Unterart Panthera tigris tigris erreichen ein stattliches Gewicht von 300 Kilogramm. Damit sind sie nur ein wenig kleiner als der Sibirische Tiger.
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Näher zusammenrücken

Und der ist notwendiger denn je. In anderen Regionen kämpfen die Tigerpopulationen weiterhin ums nackte Überleben, und selbst in Indien scheint sich die Wachstumskurve deutlich abzuflachen: Laut den aktuellen Zahlen hat sich Zuwachsrate bei den Tigerzahlen im Vergleich zur vorherigen Vierjahresperiode von 30 auf sieben Prozent verlangsamt, hieß es. Hinzu kommt noch ein weiteres – gefährliches – Problem: Der Lebensraum der Tiger ist in den vergangenen hundert Jahren um mindestens 95 Prozent geschrumpft. Die steigenden Tigerpopulationen rücken die Lebensräume von Mensch und Tier näher zusammen. (tberg, red, 11.4.2023)