Der roten Kampfabstimmung steht nun wirklich nichts mehr im Wege. Am Donnerstag traten die SPÖ-Granden noch einmal zusammen, um die allerletzten Einzelheiten zu klären, bevor zwischen 24. April und 10. Mai die Mitglieder am Wort sind, um über die künftige Parteiführung zu entscheiden. Doch selbst auf den letzten Metern herrschte in der Sozialdemokratie einmal mehr Uneinigkeit.

Es wird nämlich keine Veranstaltungen geben, auf denen der Dreikampf um den SPÖ-Vorsitz gemeinsam zelebriert wird. Das hätte die amtierende Parteichefin Pamela Rendi-Wagner gerne so gehabt. Aber einer ihrer Kontrahenten, Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil, stemmte sich dagegen. Er wolle kein "öffentliches Spektakel". Außerdem tourt Doskozil für den internen Wahlkampf durch die Bundesländer. Sein Terminkalender sei voll, sagte er. Stattdessen buhlen Doskozil und der dritte Anwärter, Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler, auf ihren eigenen Touren durch Österreich um die Gunst der roten Mitglieder – darauf will Rendi-Wagner verzichten.

"Wir werden uns in 80 Prozent der Überschriften treffen. Die Frage ist, was dahintersteht", sagte Andreas Babler unlängst über seinen Kontrahenten Hans Peter Doskozil. In ein paar politischen Fragen werden die Unterschiede der beiden besonders deutlich.
Foto: Heribert Corn

Ebenso wenig konnte sich die SPÖ auf ein Fairnessabkommen einigen. Das wiederum hatte Babler gefordert. Damit soll aus Bablers Sicht ein schmutziger Wahlkampf verhindert werden. Die aktuelle Parteiführung reagierte ihrerseits mit einer rhetorischen Spitze. Babler habe die aktuelle Situation der SPÖ öffentlich als "Kasperltheater" bezeichnet und damit bereits jegliche Fairness vermissen lassen. Ihr komme vor, dass immer nur jene ein solches Abkommen wollten, die mit der Fairness auf Kriegsfuß seien, legte die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures nach – eine enge Vertraute Rendi-Wagners. Zumindest konnten sich die Genossinnen und Genossen am Donnerstag darauf verständigen, wo die Kür der künftigen Parteiführung im Juni stattfinden wird: im Design-Center in Linz.

Worin aber unterscheiden sich die beiden Herausforderer der amtierenden Parteichefin nun eigentlich genau? Eine Annäherung.

Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil fordert "faire Steuern" auf hohe Vermögen. Sein Kontrahent – Andreas Babler – wird da in seinem Programm deutlich konkreter.
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  • Asyl Bei seinen Auftritten wiederholt Babler dieser Tage mantraartig den Satz "Kein Mensch ist illegal" und dass er "gefährliche Fluchtwege" durch eine "glaubwürdige" Verteilung von Flüchtlingen reduzieren wolle. Doskozil fordert, dass Asylverfahren bereits an den EU-Außengrenzen durchgeführt werden. Er sprach sich 2020 zudem gegen die Aufnahme von Flüchtlingskindern aus, als das Camp im griechischen Moria abbrannte. Doskozil konnte sich auch eine Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber vorstellen, "wenn sie der Verfassung entspricht". Beides sieht Babler kritisch.
  • Staatsbürgerschaft Ein deutlicher Unterschied zwischen Babler und Doskozil zeigt sich auch in der Frage, ob es für Migrantinnen und Migranten einen leichteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft brauche. Babler ist dafür, die burgenländische SPÖ um Doskozil vehement dagegen.
  • Arbeitszeitverkürzung Aus Bablers Sicht hätte die Reduktion der Arbeitszeit schon in den 1990er-Jahren erfolgen müssen. Nun ruft der rote Lokalpolitiker lautstark nach einer 32-Stunden-Woche – bei vollem Lohnausgleich. Das ist laut Babler eine Frage des Respekts. In Doskozils Programm sucht man einen ähnlichen Vorschlag vergeblich – nicht ohne Grund: Burgenlands Landeschef ist ein Gegner einer Arbeitsverkürzung. "Das schadet der SPÖ", sagte Doskozil einmal in einem Interview mit News. "Eine Verringerung bei diesem Lohnniveau zu fordern, damit tun wir uns keinen Gefallen."
  • Mindestlohn Doskozil pocht stattdessen auf einen gesetzlichen Mindestlohn. Der ehemalige Verteidigungsminister fordert 2000 Euro netto für alle. Von einem gesetzlichen Mindestlohn, wie ihn Doskozil im Burgenland für Landesbedienstete bereits umgesetzt hat, hält Babler nichts. Babler befürchtet – wie sein prominenter Unterstützer, Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina, auch – dass dieser, von der jeweiligen Regierung abhängig ist – und somit vom Goodwill der gerade Machthabenden. Babler ist zwar ebenfalls für einen Mindestlohn. Allerdings solle dieser von den Gewerkschaften ausverhandelt werden.
  • Vermögenssteuern Zumindest in der Wortwahl ist Doskozil zurückhaltender. Im STANDARD forderte der Landeschef bloß "faire Steuern" auf hohe Vermögen. Da wird Babler in seinem Programm deutlicher. Er spricht sich für eine Millionärssteuer ab einer Million Euro aus. Und für eine Erbschaftssteuer mit einem Freibetrag von einer Million Euro. So sollen nur "besonders hohe Erbschaften" erfasst werden. (Jan Michael Marchart, 13.4.2023)