Alkoholisierte Lenkerinnen und Lenker haben in den ersten drei Quartalen 2022 mehr als 860 Unfälle verursacht – und damit mehr als je zuvor im Vergleichszeitraum der vergangenen 30 Jahre.

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"Nein, Lena, sei mir nicht bös, aber ich trink ein kleines Bier, also gib mir den Autoschlüssel – ich fahr." Was wie eine Szene aus einem burgenländischen Wirtshaus klingt, ist auch eine. Eigentlich wollten Lena und ihr Vater nur schnell beim Wirt ein Mittagessen einpacken und wieder heimfahren – dann traf Papa aber einen Freund, mit dem er schnell ein Bier trinken wollte. Lena musste den Autoschlüssel deshalb abgeben, weil sie gerade den L17 macht. Und da darf auch die Begleitperson lediglich maximal 0,1 Promille haben. Die Anwesenden im Wirtshaus haben größer geschaut als Lena. Der war die Konsequenz des Beifahrersitzes, wenn Papa wen wo trifft, wohl nicht mehr ganz neu.

Promillegrenzen

0,1 Promille gelten auch beim Probeführerschein und für Lkw- und Buslenker. "Grundsätzlich", und damit ist das Fahren mit dem Pkw gemeint, "gilt die gesetzlich vorgeschriebene Höchstgrenze von weniger als 0,5 Promille Alkoholgehalt im Blut", erklärt der ÖAMTC. "Wer von der Exekutive bei einer Verkehrskontrolle betrunken erwischt wird, muss neben einer saftigen Verwaltungsstrafe bis 0,79 Promille auch mit einer Vormerkung und ab 0,8 Promille mit der Entziehung der Lenkberechtigung rechnen. Daneben wird die Teilnahme an einem Verkehrscoaching aufgetragen. Drastisch sind die Folgen nach einem Unfall. Denn die Haftpflichtversicherung kann, wenn der Lenker mehr als 0,8 Promille hat, bis zu 11.000 Euro auf dem Regressweg vom alkoholisierten Unfallverursacher zurückverlangen. Die Rechtsschutz- und die Kaskoversicherung sind überhaupt leistungsfrei."

Die Strafen

Der Strafrahmen für B-Schein-Besitzer beträgt bei 0,5 bis 0,79 Promille 300 bis 3.700 Euro, und ab dem vierten Verstoß wird einem der Führerschein für mindestens vier Monate abgenommen. Bis 1,19 Promille sind 800 bis 3.700 Euro fällig, und der Führerschein wird für einen Monat abgenommen, bis 1,59 Promille beträgt die Geldstrafe bis zu 4.400 Euro, und der Führerschein ist für mindestens vier Monate weg. Wird man mit mehr als 1,6 Promille angehalten oder verweigert den Alkomat-Test, beläuft sich die Geldstrafe auf 1.600 bis 5.900 Euro, der Führerschein wird einem dann für mindestens sechs Monate entzogen. Das alles gilt nur, wenn es nicht schon weitere Vormerkungen gibt.

Nina Burger, ehemalige ÖFB-Spielerin, wurde für einen Unfall mit 0,78 Promille, bei dem ein Mann starb, zu neun Monaten Haft, sechs davon bedingt, verurteilt.

Auf dem Fahrrad und E-Scooter gilt eine Promillegrenze von 0,8. "Im alkoholisierten Zustand darf jedenfalls das Fortbewegen im Straßenverkehr mit dem Rad, Roller oder Pkw aus Sicherheitsgründen keinesfalls eine Option sein!", sagt Klaus Robatsch vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV). "Auch die Teilnahme am Straßenverkehr als Zufußgehender unter Alkoholeinfluss ist nicht zu unterschätzen. So kann es passieren, dass betrunkene Zufußgehende zum Beispiel im falschen Moment die Straße betreten."

Zahl der Alko-Unfälle steigt

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) erinnert daran, dass bereits bei 0,5 Promille das Unfallrisiko auf das Doppelte steigt, bei 1,0 Promille auf das Siebenfache und bei zwei Promille auf das 35-Fache. "In den ersten drei Quartalen 2022 betrug der Anteil der Alko-Unfälle 7,8 Prozent, was laut Statistik Austria der höchste Wert der vergangenen 30 Jahre war", heißt es vom VCÖ. In dem Zeitraum gab es 2.135 Alko-Unfälle, 2.722 Verletzte, 19 Todesopfer. "In absoluten Zahlen war die Anzahl der Alko-Unfälle in Niederösterreich mit 394 am höchsten, vor Oberösterreich mit 369 und der Steiermark mit 395. In Wien waren es mit 159 Alko-Unfällen nicht zuletzt dank dichtem Öffi-Netz sowie Nachtbussen deutlich weniger."

Zurück ins Burgenland, da ist die Anzahl der Verkehrsunfälle unter Alkoholeinfluss im Vorjahr um 47 Prozent von 55 auf 81 gestiegen. Während im Burgenland 2021 37.400 Alkoholkontrollen durchgeführt wurden, stieg die Zahl im Jahr 2022 auf 48.588. Wegen Alkohols am Steuer wurden 838 Anzeigen (2021: 838), wegen Drogen 112 Anzeigen (2021: 57) verhängt.

Erklären lassen sich diese Zunahmen einerseits mit dem Ende der Pandemie, aber auch damit, dass die Angst, erwischt zu werden, nicht sehr hoch ist, wohl aber die Akzeptanz der Kombination von Alkohol und Autoverkehr. Formel-1-Piloten gießen sich zwar erst nach dem Rennen die Riesenflasche Champagner in den Rachen, aber dafür machen sie es sehr medienwirksam.

Öffis auch auf dem Land

Entschärfen könnte die Situation neben wachsendem Bewusstsein oder verstärkten Kontrollen – vor allem in Kombination mit strengeren Limits – auch der Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln, wie der Vergleich mit Wien zeigt. "Häufig scheitern diese wichtigen Angebote an der Finanzierung", weiß der VCÖ und schlägt deshalb vor, dass ein Teil der Einnahmen aus Verkehrsstrafen für die Einführung von Anrufsammeltaxis, Nachtbussen und Gemeindebussen zweckgewidmet wird.

Die Eisenbahn empfahl seinerzeit auch schon Kurt Ostbahn, für den Fall, dass man zu viel getrunken habe. "Da kann nicht so viel passieren, wie wenn man mit dem Auto fährt. Außer man ist Lokführer. Aber selbst der kann nicht gach abbiegen. Außer wenn die Schiene abbiegt." (Guido Gluschitsch, 18.4.2023)