Die Iraner und Iranerinnen haben im 45. Jahr der Islamischen Republik eine hohe Meisterschaft in kreativer Subversivität erreicht, wenn es darum geht, sich repressiven Maßnahmen zu widersetzen. Das wird auch in der soeben anlaufenden neuen autoritären Welle, in der den Frauen wieder islamische Zucht und Kleiderordnung beigebracht werden soll, erneut auf eindrucksvolle Weise sichtbar.

Der Iran verschärft die Gesetze zur Einhaltung der Kopftuchpflicht. Hohe Strafen drohen.
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Trotz aller Drohungen von oben posten viele Iranerinnen weiter Bilder, die sie ohne Hijab oder leicht bekleidet zeigen. Auch solidarische Männer gibt es, die in kurzen Hosen auftreten oder – Stichwort Kreativität – mit dem für die Frauen vorgesehenen Kopftuch durch Teheran spazieren. Aber es gibt auch immer wieder Proteste auf der Straße.

Die primitiven Fahrzeuge, aus denen heraus die fanatisierten Angehörigen der Religionspolizei, beiderlei Geschlechts, die Passantinnen überfallen, sind fast verschwunden. Von den Sittenwächtern mitgenommen zu werden war schlimm genug – im Fall von Mahsa Amini tödlich, was Mitte September die Protestwelle auslöste. Aber die jetzt vorgesehenen Strafen – Geschäftsschließungen, Verlust des Studienplatzes, Verbannung aus öffentlichen Verkehrsmitteln und anderes – bedrohen Existenzen. Der Widerstand sieht in den sozialen Medien spielerisch aus, ist er aber nicht: Die Menschen riskieren in einem Staat, der sich nach chinesischem Vorbild immer mehr technologischer Mittel zur Überwachung bedient, mehr denn je. (Gudrun Harrer, 18.4.2023)