Vor fünf Jahren fuhr Wilfried Haslauer mit der ÖVP sein bisher bestes Wahlergebnis ein und hatte auch für die Koalitionsbildung viele Optionen. Nach dem Wahlsonntag gibt es für Haslauer diesmal nur drei zumindest rechnerisch tragfähige Optionen: Schwarz-Blau, ÖVP-SPÖ oder eine Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und Grünen.

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Trotz herber Verluste ist jedenfalls Landeshauptmann Haslauer am Zug. Wie auch nach der letzten Landtagswahl hat er bereits angekündigt, mit allen Parteien Sondierungsgespräche zu führen. Haslauer betont die Führungsrolle der ÖVP, ein Rücktritt stehe nicht zur Debatte, man habe den ersten Platz deutlich verteidigt.

Rechnerisch stehen alle Zeichen auf Schwarz-Blau. Gemeinsam hätten ÖVP und FPÖ 22 der 36 Landtagsmandate und damit eine solide Mehrheit.

SPÖ-Spitzenkandidat David Egger und FPÖ-Spitzenkandidatin Marlene Svazek.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Gegen Schwarz-Blau spricht, dass Landeshauptmann Haslauer während des Wahlkampfs keinen Hehl daraus gemacht hat, dass er die Politik von FPÖ-Chef Herbert Kickl ablehnt. Beim schwarzen Wahlkampffinale sagte er: Wenn FPÖ-Chefin Marlene Svazek "bestimmend" werde, stehe dahinter in Wahrheit Bundesparteichef Kickl.


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Schon 2018 hatte sich Haslauer – durchaus auch aus Gründen des politischen Stils – gegen die FPÖ entschieden. Er wolle nicht, dass "Niedertracht, Neid und Boshaftigkeit" einkehrten. Für eine Koalition mit der FPÖ sei der Chef einfach "zu viel Sir", hieß es damals aus ÖVP-Kreisen.

Eine Koalition mit der FPÖ und Spitzenkandidatin Svazek hatte Haslauer diesmal nicht definitiv ausgeschlossen. Für ein Bündnis mit der FPÖ spricht, dass sich die beiden Parteien vor allem in Wirtschaftsfragen sehr viel näher sind, als es die ÖVP mit der SPÖ oder den Grünen ist. Beide, ÖVP wie FPÖ, wollen beispielsweise die Rechte der Landesumweltanwaltschaft massiv beschneiden.

Inhaltlich ist man sich allerdings in Fragen der Zuwanderung fremd geblieben. So hat beispielsweise die Hoteliersvereinigung vor kurzem vor einem Rechtsruck gewarnt, da man dringend Arbeitskräfte aus dem Ausland benötigen würde.

Salzburg wäre im Fall des Falles das dritte Bundesland mit einer Koalition aus ÖVP und FPÖ. Doch sowohl in Oberösterreich als auch in Niederösterreich ist diese Konstellation in einer Proporzregierung entstanden. Das heißt, die Regierung wurde in den beiden Bundesländern abhängig vom Wahlergebnis zusammengestellt, und es gibt nur Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ.

ÖVP-SPÖ theoretisch möglich

Salzburg hat den Proporz übrigens 1999 nicht zuletzt auf Betreiben der Grünen abgeschafft. Damals nutzte Landeshauptmann Franz Schausberger (ÖVP) die Gunst der Stunde, um so die FPÖ unter Karl Schnell aus der Landesregierung zu verdrängen und eine ÖVP-SPÖ-Koalition zu schmieden.

Die grüne Spitzenkandidatin Martina Berthold hofft auf eine Koalition.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Eine ausgesprochen knappe Mehrheit von gerade einmal einem Mandat Überhang hätte in Salzburg die Variante ÖVP und SPÖ. Die einst so mächtigen Großparteien sind auf ein Mittelmaß geschrumpft, die SPÖ überhaupt nur mehr auf dem dritten Platz. Gemeinsam kommen ÖVP und SPÖ auf 19 Mandate. Die Unsicherheiten dieser Koalition sind greifbar, da muss nur ein Mandatar, eine Mandatarin krankheitsbedingt ausfallen, und im Landtag wird es eng.

Wilfried Haslauer ist allerdings bekannt dafür, in Verhandlungen auch mutmaßlich unorthodoxe Varianten auszuloten. 2018 entstand so die Dirndlkoalition mit den Farben Schwarz, Grün und Pink. Schon am Wahlabend war nun hinter den Kulissen wiederholt von einer neuen Dreierkoalition, einem neuen, andersfarbigen Dirndl die Rede: Warum nicht ÖVP, SPÖ und Grüne gemeinsam?

Andrea Klambauer (Neos) ist nicht mehr im Landtag.
Foto: APA/BARBARA GINDL

Alle drei Parteien wollen in die Regierung – und SPÖ wie Grüne könnten gegenüber ihren Wählern und Wählerinnen argumentieren, so die Freiheitlichen verhindert zu haben. Zudem kommt in der Salzburger SPÖ vor allem aus den Reihen der einflussreichen Gewerkschaften und der Arbeiterkammer der Druck, nach neun Jahren Opposition endlich wieder mitzugestalten. Die Grünen werden sich den Gesprächen kaum verweigern, sie signalisierten am Wahlabend Gesprächsbereitschaft.

Wunsch nach Opposition

Dass die KPÖ in den Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielt, kann trotz des fulminanten Wahlerfolgs ausgeschlossen werden. Spitzenkandidat Kay-Michael Dankl hat im Vorfeld wiederholt erklärt, in die Opposition gehen zu wollen. Er hätte für eine Regierung auch keinen Partner. Haslauer schloss eine rechnerisch mögliche Regierungsbeteiligung der Kommunisten kategorisch aus. Der Wunsch nach Opposition werde der KPÖ erfüllt werden, sagte Haslauer am Wahlabend. Die gesellschaftlichen Vorstellungen von ÖVP und KPÖ seien einfach zu verschieden.

Zudem würde eine Regierungsbeteiligung die ohnehin angespannte Personalsituation der jungen Partei KPÖ plus völlig überspannen. Dankl will den Erfolg auf Landesebene vielmehr für den Aufbau der Partei nutzen und rüstet schon jetzt für die im März 2024 in den Salzburger Gemeinden anstehenden Gemeinde- und Bürgermeisterwahlen.

Wie schon in Niederösterreich sind für den Fall einer blauen Regierungsbeteiligung auch in Salzburg zahlreiche Protestaktionen zu erwarten. Eine erste Kundgebung ist bereits für Montag angekündigt. Die Hochschülerschaft, die Omas gegen Rechts und zahlreiche weitere Organisationen aus dem zivilgesellschaftlichen Spektrum haben für Montag, später Nachmittag, eine Aktion am Kajetanerplatz in der Salzburger Altstadt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Chiemseehof – dem Sitz von Regierung und Landtag – angemeldet. (24.4.2023)