Aus dem vergitterten Fenster auf der Rückseite führen zwei Schläuche ins Freie. Aus ihnen rinnt Wasser. Ein weiterer Schlauch, aus dem Wasser läuft, liegt in der Wiese. Daneben steht der Rasen bereits mehrere Zentimeter unter Wasser. Alle Dusch- und Wasserhähne sind offen. Momentaufnahmen Anfang und Mitte April im Freibad Ebergassing, die man mehrere Tage hindurch machen konnte. Zwei Wochen, wenn nicht gar drei, sagt ein Anrainer, waren im Freibad alle Wasserhähne offen – sowohl im Freien als auch in den Gebäuden.

Der Pfeil wirkt wie die Aufforderung "Bitte weitergehen, es gibt hier nichts zu sehen". In Wirklichkeit fließt durch diese beiden Schläuche tagelang Wasser.
Foto: Guido Gluschitsch

Ebergassing liegt in der Mitterndorfer Senke. Anfang April sind die Grundwasserpegel der Brunnen in der Gegend alle unter dem Durchschnitt. Dennoch beginnt man im Freibad damit, alle Wasserleitungen mehrere Tage lang zu öffnen. Und damit nicht genug, wie ein Anrainer erzählt: "Es riecht nach Chlor."

Desinfektionsmittel in den Brunnen schütten

Grund für das ganze Prozedere, das sich angeblich jedes Jahr wiederholt, soll ein Keim in dem Brunnen sein, der allein das Freibad Ebergassing versorgt. Wegen des Keims reicht es nicht, einfach vor Saisonbeginn die Leitungen durchzuspülen. Darum wird im Frühjahr der Brunnen desinfiziert: Sprich, man kippt angeblich ein Desinfektionsmittel in den Brunnen – und damit ins Grundwasser – und lässt dieses Wasser dann mehrere Tage durch alle Leitungen laufen. Egal ob Wassermangel herrscht oder nicht.

Das Wasser mit dem Desinfektionsmittel läuft einfach wieder auf die Wiese. Beim Baum hat sich bereits eine Lacke gebildet.
Foto: Guido Gluschitsch

Dieses Wasser landet zum Teil in der Kanalisation, zum Teil aber, durch die Schläuche und die Duschen im Freien, direkt auf dem Boden – und damit auch das Desinfektionsmittel. Rund um das Freibad Ebergassing machen sich nun einige Menschen Sorgen. Zum einen wegen des hohen Wasserverbrauchs, zum anderen wegen der Frage, ob der Keim während der Badesaison immer noch im Wasser kein könnte. Und dann ist da noch die Umweltbelastung durch das Chlorwasser, das man versickern lässt.

Einige Schläuche führen das Wasser auch aus dem eingezäunten Gelände des Bades auf den Parkplatz. Dort gehen an schönen Tagen viele Menschen spazieren. Hunde könnten also das Wasser trinken, befürchtet eine Person. Oder die Enten, die außerhalb des Schwimmbads unterwegs sind, könnten dadurch Schaden nehmen. Zudem erzählt ein Anrainer, dass man im Sommer ziemlich gut voraussagen könne, wann die nächste Wasserüberprüfung anstehe. Denn auch dann fließe das Wasser über Nacht.

... und liebe Grüße

Bürgermeister Roman Stachelberger (SPÖ), nach der Richtigkeit der Vorwürfe gefragt und danach, wie viele Liter Wasser im Frühjahr so durch die Leitungen gepumpt werden und was das alles kostet, antwortet: "Die Anlage wird entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen und Auflagen betrieben und von der Behörde regelmäßig überprüft." Zudem bittet er darum, einer Familie seine Grüße auszurichten, von der er annimmt, dass von ihr diese Hinweise kommen.

Aktuell laufen die Arbeiten im Schwimmbad in Ebergassing, um am 13. Mai wieder aufsperren zu können. Bis dahin müssen die Leitungen keimfrei sein.
Foto: Guido Gluschitsch

Anders die Reaktion beim Land Niederösterreich. Dieses habe, mit den Vorwürfen konfrontiert, die Gewässeraufsicht damit beauftragt, der Brunnendesinfektion nachzugehen und sich genau anzuschauen, was dort passiere.

Günther Konheisner, stellvertretender Abteilungsleiter und Referatsleiter für Wasserbau, Schifffahrtstechnik und Gewässerschutz, erklärt unabhängig vom Ausgang der Untersuchung in Ebergassing, dass "ganz generell Brunnendesinfektionen mit Chemikalien immer wieder durchgeführt werden, wenn Verkeimungen im Brunnenwasser oder Leitungen vorhanden sind. Dabei sind jedoch einerseits zum Selbstschutz und andererseits zum Schutz der Umwelt bestimmte Vorgehensweisen erforderlich."

Desinfizieren und spülen, spülen spülen

Für solche Arbeiten wird ein verdünntes Desinfektionsmittel verwendet. Damit werden die Wände des Brunnens gereinigt. Das Desinfektionsmittel wird in den Brunnen geschüttet, dort lässt man es "einige Zeit einwirken". Mit diesem Wasser werden dann die Leitungen gespült und dadurch auch gleich desinfiziert. Danach sind weitere Spülvorgänge im Brunnen und in den Leitungen notwendig, erklärt Konheisner.

Das Bad in Ebergassing bedient sich eines eigenen Brunnens statt der Ortswasserleitung. Würde man nur die Schwimmbecken mit dem Brunnenwasser füllen, könnte man sich das Desinfektionsmittel im Brunnen möglicherweise sparen, weil das Poolwasser sowieso desinfiziert werden muss.
Foto: Guido Gluschitsch

Während sich vermutlich nicht nur Menschen in Ebergassing Sorgen machen, wenn jemand Desinfektionsmittel ins Grundwasser kippt, um es dort einwirken zu lassen, beruhigt Konheisner: "Diese Arbeiten entsprechen den heutigen Anforderungen an die Desinfektion von Brunnen und Leitungen und werden vielfach so durchgeführt. Durch das Bepumpen des Brunnens und das Spülen der Leitungen wird das Desinfektionsmittel verflüchtigt, negative Auswirkungen auf das Grundwasser beziehungsweise die Umwelt sind daher bei ordnungsgemäßer Anwendung auszuschließen."

Und so hat die Erhebung der Gewässeraufsicht in Ebergassing keine Mängel ergeben. Aus hygienischen Gründen sei es ohnedies notwendig, Wasser während des Betriebs ständig zu desinfizieren, "wobei bei den meisten Schwimmbädern das Wasser jedoch direkt aus der Ortswasserleitung kommt und dieses daher bei der Erstbefüllung keiner Desinfektion mehr bedarf". Einen Anschluss an die Ortswasserleitung gebe es in Ebergassing aber angeblich gar nicht, sagt ein Anrainer. (Guido Gluschitsch, 25.4.2023)