Katja Gasser: "Literatur muss nichts, kann aber alles."

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"Literatur muss gar nichts, kann aber alles!" Solche Sätze von Katja Gasser zeigen, wie ernst es der 47-jährigen Germanistin mit ihrem Metier ist. Das hat sie zu einer fixen Größe in der österreichischen Literaturlandschaft gemacht. Seit 2008 leitet sie das Literaturressort des ORF. Dort pausiert sie derzeit, denn seit Ende 2021 bereitet sie den Gastlandauftritt Österreichs auf der Leipziger Buchmesse vor. Jetzt ist es so weit.

Dieser Mammutaufgabe ist Gasser so unermüdlich, so unerschrocken und mit so viel Selbstironie nachgekommen, wie sie zuvor ihre großen Interviews geführt hat. Legendär ist mittlerweile ihr Zwiegespräch 2016 mit dem nicht unbedingt als umgänglich bekannten späteren Nobelpreisträger Peter Handke. Dass sie eine ausgezeichnete Journalistin ist, beweisen auch der Prälat-Ungar-Journalistinnenpreis und der Österreichische Staatspreis für Literatur.

Das Aufwachsen als Kärntner Slowenin

Dabei wurde ihr die Literatur von zu Hause nicht in die Wiege gelegt. Mehr geprägt haben Gasser das Aufwachsen als Kärntner Slowenin und der damit einhergehende Umgang mit Kultur als Nationalgut – etwas, das sie heute differenziert betrachtet. Nach dem Germanistikstudium ging Gasser drei Jahre nach Oxford, erst mit 31 landete sie als Praktikantin beim Fernsehen. "Karrieretechnisch war ich sehr spät dran", sagt die viellesende Vielarbeiterin.

Dass es mit der Karriere doch gut lief, begründet sie mit dem Umstand, dass ihr das Talent zum Leben vollkommen fehle. Für andere mögen Literatur und Lesen Freizeit bedeuten, für Gasser ist es glücksbergende Berufstätigkeit. Ihr Leben ist heute eng mit Büchern verwoben. Das bezeugt das Dialog-Buch Von Erwachsenen hab ich mir mehr erwartet, das in Kooperation mit ihrer Tochter entstanden ist. Dass es noch drei Stiefkinder gibt, macht ihren Dauereinsatz als "Kämpferin für das Lebensmittel Buch", wie andere sie bezeichnen, noch erstaunlicher.

Wir sind mehr als unsere Politiker

Es ist kein Zufall, dass Gasser als Motto für Leipzig das dialektische "meaoiswiamia" gewählt hat. Übersetzt ins Hochdeutsche heißt es "mehr als wir", also das Gegenstück zu "mia san mia".

Symptomatisch für Gasser ist dieses Mehr: mehr Arbeit, mehr Einsatz, mehr Output. Es gehe in Leipzig um die Vielfalt der österreichischen Literatur. "Es soll aber nichts festgeschrieben werden", sagt die umtriebige Kuratorin. Denn Festschreibungsdiskurse seien tödlich. Und Österreichs Auftritt soll auch eines klarmachen: "Wir sind viel mehr, als unsere Politiker zeigen." (Mia Eidlhuber, 26.4.2023)