In ihrem Community-Artikel stellt Irina Radu eine Route durch Rumänien vor, die zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auch zu Pferd erlebt werden kann.

Ein Teil der Via Transilvanica, die von Putna im Nordosten Rumäniens nach Drobeta Turnu-Severin im Südwesten des Landes führt, entstand aus einer Route in den Călimani-Bergen namens Via Maria Theresia – einer Route, die die ehemalige Grenze der österreichisch-ungarischen Monarchie mit Rumänien überquert. "Aufgrund des Wunsches, die Via Maria Theresia zu erweitern, und der Tatsache, dass Rumänien keine Fernroute hatte, die das Erbe des Landes hervorheben würde, dachten wir, dass die Via Transilvanica ein ideales Projekt wäre", sagt Ștefan Ichim, Mitglied des Vereinsteams Tăşuleasa Social, das jenes Projekt ins Leben rief.

Die Absichten hinter der Route sind die Förderung des Tourismus in Rumänien und die Herstellung von Verbindungen zwischen mehreren Wanderrouten – von der Bukowina über das Călimani-Gebirge bis zu den Ebenen, die zum Donauhafen am Ende der Via Transilvanica führen. Wandernde können auf ihr Zelt verzichten, um in den Gasthöfen entlang der Strecke zu übernachten. Bei der Ankunft wird man immer mit einem gut gedeckten Tisch und Țuică (Schnaps) willkommen geheißen.

Die Fernroute Via Transilvanica führt durch etwa 400 Ortschaften in Rumänien.
Foto: Via Transilvanica / Tobias Grosser

Alin Uhlmann Ușeriu, der Vorsitzende des 2001 gegründeten Vereins Tășuleasa Social, hatte die Idee zur Via Transilvanica. Bei der Erstellung einer Wanderroute hat sich Ușeriu wohl von seinem Bruder, dem arktischen Marathonläufer Tiberiu Ușeriu, inspirieren lassen.

Fernroute entlang der Sehenswürdigkeiten Rumäniens

Die Via Transilvanica führt durch etwa 400 Ortschaften, von denen manche wohlhabender sind als die anderen. "Wer ein Haus in der Nähe der Route hat, kann den Wanderern eine Übernachtungsmöglichkeit sowie Verpflegung anbieten. Wenn diese am folgenden Tag weiterziehen, kann man seine Arbeiten verrichten, bis die nächsten Wanderer folgen", meint Ștefan Ichim.

Die wohl berühmteste Wanderroute der Welt, El Camino de Santiago, befindet sich in Europa. Es gibt aber auch andere, wie die Via Francigena oder die kroatischen Fernwanderwege. Der gemeinsame Nenner zwischen diesen Routen ist der Ausdruck "Fernroute", aber jede hat ihre eigenen Besonderheiten.

Die Via Transilvanica ist mit Meilensteinen aus Andesit markiert, die unterschiedlich geschnitzt sind und jeden gewanderten Kilometer kennzeichnen, um ein Abkommen von der Route zu vermeiden. Zusätzlich fällt das orangefarbene "T" alle paar Meter auf. Die Via Transilvanica kann in Form einzelner Etappen begangen werden – zu Fuß, mit dem Fahrrad oder auch zu Pferd.

Der orangefarbene Buchstabe "T" ist alle paar Meter zu finden.
Foto: Via Transilvanica
Bildhauer schnitzen Andesit-Meilensteine, die die Route der Via Transilvanica markieren.
Foto: Via Transilvanica

Christine Thürmer, deutsche Langstreckenwanderin und Sachbuchautorin, die mehr als 60.000 Kilometer zu Fuß zurückgelegt hat, ist die Via Transilvanica in sieben Wochen abgegangen und erklärte, dass es sich um "eine der schönsten und potenziell längsten Routen Europas" handle.

Neue Perspektiven für kleine Dörfer

Die Route durchquert zehn Kreise – administrativ-territoriale Einheiten in Rumänien, die mehrere Städte und Gemeinden umfassen: Suceava (Suczawa), Bistriţa-Năsăud (Bistritz-Nassod), Mureş (Mieresch), Harghita, Braşov (Kronstadt), Sibiu (Hermannstadt), Alba, Hunedoara, Caraş-Severin und Mehedinți – und gliedert sich in sieben historisch-kulturelle Regionen.

Die Via Transilvanica beginnt in der historischen Region Bukowina im Norden des Landes an der Brücke zwischen Siebenbürgen und Moldau. Hier gibt es die Gemeinde Putna (Kreis Suceava/Suczawa), wo das von Stefan dem Großen gegründete Putna-Kloster liegt. Nach dem landschaftlich abwechslungsreichen Gebiet Ținutul de Sus (Hochland) folgt die Region Terra Siculorum, in der insbesondere Szekler siedeln. Als nächste kommt die Region Terra Saxonum, wo man der siebenbürgisch-sächsischen Architektur und vielen Wehrkirchen begegnet.

Im Dorf Copșa Mare (Groß-Kopisch; Kreis Sibiu/Hermannstadt) in der Region Terra Saxonum kann man das sächsische architektonische Erbe bewundern.
Foto: Via Transilvanica / Andrei Moldovan
Ein Bauer bei einer Almhütte auf der Strecke Vatra Moldoviței-Sadova (Kreis Suceava) in der Region Bukowina bereitet Wandernden eine Jause mit hausgemachtem Käse zu.
Foto: Vlad Bîrdu

Agraringenieur Radu Moldovan hat 2011 ein Haus im Dorf Șapartoc (Kreis Mureș/Mieresch) in der Region Terra Saxonum gekauft, zwölf Kilometer von Sighișoara (Schäßburg) entfernt, um es zu renovieren und seinen Traum vom eigenen Heim zu verwirklichen. "Nach Fertigstellung von drei Räumen erreichte uns 2020 das Team Tășuleasa Social, und wir wurden im Via-Transilvanica-Reiseführer gelistet. Von Jahr zu Jahr verdoppelt sich die Zahl der Wanderer, die bei uns übernachten", erzählt Moldovan. "Ich habe das siebenbürgische Dorf Șapartoc erst mit 15 Jahren zusammen mit Freunden aus Sighișoara, meiner Heimatstadt, entdeckt. Wir haben begonnen, ältere Menschen dort zu besuchen, ihnen beim Holzhacken zu helfen, bei ihnen zu essen, und dann kehrten wir nach Sighișoara zurück."

Mit 23 Jahren in 2010 bekam Moldovan von seinen Eltern ein Motorrad geschenkt, das er heimlich verkaufte, um Geld für seine Hausprojekt zu sammeln. Dann ging er zu Ioan Boian, dem ehemaligen orthodoxen Erzpriester der Kirche in Sighișoara, und erzählte ihm von seinem Plan. Der Pfarrer half ihm, eine alte Frau zu finden, die umzugsbereit war und ihr Haus verkaufen wollte. Moldovan arbeitete daraufhin zwischen 2014 und 2016 in Nürnberg und kaufte mit dem verdienten Geld Baumaterial für den Hausbau. Șapartoc war ein benachteiligtes Dorf, ohne Zufahrtsstraßen, alles wurde mit Geländewagen transportiert.

Jetzt haben Radu Moldovan und seine Frau Andreea in ihrem Gasthof einen Garten, in dem sie Tomaten, Paprika und Bohnen anbauen. Sie servieren Speisen mit Produkten aus eigener Produktion – sehr beliebt sind Gemüsesuppe und Kartoffeleintopf.

Radu Moldovan beherbergt Wanderer in seinem Gasthof im Dorf Șapartoc in der Region Terra Saxonum.
Foto: Otto Broker/ https://20ani.ottobroker.ro/

In Șapartoc lebten Stand dieses Jahres 25 Einwohner und Einwohnerinnen, so Moldovan. Das Dorf wurde wie viele andere Städte in Rumänien nach der Revolution 1989 entvölkert. Von 800 Einwohnern und Einwohnerinnen sind nur noch wenige Familien übriggeblieben. Einige der Häuser im Dorf wurden von Personen unterhalten, die in andere Orte gezogen sind, sie aber als Ferienhäuser behalten. "Die Route Via Transilvanica und der Ökotourismus tragen zur Wiedergeburt des Dorfes bei", meint Moldovan.

Ștefan Ichim, Mitglied des Vereinsteams Tăşuleasa Social: "Ökotourismus oder Aktivtourismus hat die Chance, die Visitenkarte Rumäniens zu werden."
Foto: Via Transilvanica

In der historischen Region Terra Dacica erreicht man die Stadt Alba Iulia (Karlsburg) im Kreis Alba, wo 1918 der Grundstein für Großrumänien gelegt wurde. Zum 100. Jahrestag dieses Ereignisses entschied das Team von Via Transilvanica, das Projekt am 12. Juni 2018 auf dem Zitadelle-Platz in Alba Iulia einzuweihen. Die Fertigstellung der 1.400 Kilometer langen Wanderroute wurde 8. Oktober 2022 auf demselben Platz in Alba Iulia offiziell verkündet.

Das Projekt "Via Transilvanica" wurde am 12. Juni 2018 auf dem Zitadelle-Platz in Alba Iulia eingeweiht.
Foto: Via Transilvanica / Andrei Moldovan

Mărioara Murgoi und ihr Mann Ion Murgoi haben ein Haus im Gebiet Terra Dacica, Gebiet Fundătura Ponorului (Kreis Hunedoara), auf dem Weg von Sarmizagetusa Regia, wo sie vom Frühjahr bis zum Herbst bleiben. Hier empfangen sie seit 2022 Wandernde, die ein Bett suchen, um am nächsten Tag ihre Route fortzusetzen. Die Via Transilvanica führt direkt durch ihr 23 Hektar großes Land.

"Die Leute in der Gegend sind sehr gastfreundlich, es ist normal, jemanden im Haus unterzubringen. Für uns ist es auch ein Akt der Nächstenliebe. Wir servieren auch traditionelle Gerichte wie Röllchen mit Faschiertem (Sarmale), Eintopf, Polenta mit Schafs- oder Kuhmilchkäse und Suppen", meint Mărioara Murgoi. Während der Wintermonate kehrt das Ehepaar Murgoi ins Dorf Federi, Gemeinde Pui (Kreis Hunedoara), zurück.

Bei den Gastgebern und Gastgeberinnen entlang der Strecke wird man immer mit einem voll beladenen Tisch empfangen.
Foto: Via Transilvanica

Unterkunft im multikulturellen Raum

In Terra Banatica leben neben Rumäninnen und Rumänen mehrere ethnische Minderheiten, darunter ungarische, deutsche, kroatische, serbische, romanische, slowakische, ukrainische, russische, jüdische und türkische Bevölkerungsgruppen.

Die Niederlassung der Union der Kroaten – eine 1991 gegründete politische Partei in Rumänien, die die kroatische Gemeinschaft vertritt – im Dorf Iabalcea in der Gemeinde Carașova (Kreis Caraș-Severin) am Fuße des Gebirges Semenic bietet den Wandernden gelegentlich neben Übernachtungsplätzen auch kulturelle Einblicke auf ihrer Reise entlang der Via Transilvanica.

"Das im Jahr 2020 renovierte Gebäude in Iabalcea wird neben Übernachtungen häufig für kroatische Gemeinschaftsaktivitäten genutzt – im Kreis Caraș-Severin lebt die größte kroatische Gemeinschaft in Rumänien, gefolgt von denen aus Timiș und Arad. Hier kann man die 19 Kilometer langen Karasch-Schlucht, die Teil des Semenic-Nationalparks ist, besuchen sowie kroatische Spezialitäten wie die Fleischröllchen Ćevapčići, die Bohnensuppe Grah, oder Djuvec-Reis mit Gemüsen verkosten. Die Präsenz der Via Transilvanica hat das kleine Dorf Iabalcea touristisch entwickelt", sagt Tudor Ivănoaica, Mitglied der kroatischen Gemeinschaft.

Die Via Transilvanica endet mit einem letzten Teil des Kreises Caraș Severin und dem Gebiet des Kreises Mehedinți – die sogenannte Region Terra Romana. Der letzte Meilenstein liegt am Fuße der Trajansbrücke über die Donau, deren Bau 103 nach Christus begonnen und von den Architekten Apollodorus von Damaskus in drei Jahren vollendet wurde. Die Trajansbrücke wurde mit dem Rückzug der Römer aus Dakien 275 nach Christus aufgegeben und vollständig zerstört.

Mithilfe Beteiligung vieler Seiten entstanden

Eine Herausforderung beim Wandern auf der Route ist das manchmal ungünstige Wetter – entweder Regen oder starke Sonne. Ein weiterer Aspekt, der zu berücksichtigen ist, ist die Tatsache, dass es manchmal auf der Strecke Schafställe gibt, die normalerweise von Hunden bewacht werden. In der Nähe dieser Orte müssen die Reisenden wachsam sein und eventuell auf Hirten warten, die die Hunde beruhigen.

Hirte mit Schafen im Mehedinți-Gebirge in der Region Terra Romana.
Foto: Via Transilvanica / Mircea Gherase

"Als nationales Projekt war es äußerst wichtig, Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen einzubeziehen. Mithilfe lokaler und regionaler Führung, finanzieller Unterstützung der Unternehmen, und der Beteiligung der Freiwilligen konnten wir das schaffen, was heute Via Transilvanica ist", erklärt Ștefan Ichim.

Der Verein Tăşuleasa Social hat seinen Sitz am Tihuţa-Pass im Kreis Bistriţa-Năsăud (Bistritz-Nassod). Die Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind pädagogische, soziale und kulturelle Projekte. Darüber hinaus spielt der Schutz der Umwelt in all seinen Facetten eine große Rolle. "An der Zentrale von Tășuleasa Social kommen etwa 5.000 Wanderer jährlich vorbei", schreibt Anna Székely, Mitglied des Vereinsteams Tășuleasa Social, in dem offiziellen Wanderführer.

Das im 18. Jahrhundert errichtete Schloss Teleki im Dorf Posmuș (Paßbusch; Kreis Bistrița-Năsăud) in der Region Hochland.
Foto: Via Transilvanica / Uzina de pixeli

"Ökotourismus oder Aktivtourismus hat die Chance, die Visitenkarte Rumäniens zu werden. Ich glaube, dass es andere Länder gibt, die Skipisten in anständigen Bedingungen anbieten können, aber wir können das bieten, was uns besonders auszeichnet: ethnische und kulturelle Vielfalt, Gastronomie, Orte in der Natur und viele andere Stärken, die Rumänien zu einem weltweit bekannten Reiseziel machen können", so Ichim. (Irina Radu, 2.5.2023)