Christian Rainer mit einem seiner Boyles.

Foto: Rebhandl

Er wuchs in einer Villa auf dem Werksgrund der Solvay-Werke in Ebensee auf, deren Direktor sein Vater war; nach der Pensionierung kaufte dieser eine kleine Villa außerhalb des Werksgeländes. Dorthin wollte Rainer nie zurück, aber nach dem Tod der Eltern merkte er, "dass ich dort dahoam bin – wie man landläufig sagt –, wo man das erste Mal geliebt, das erste Mal geweint, das erste Mal sich gefürchtet hat. Und wo es im Winter hart ist und im Sommer ein bisschen weniger." Gegen die Härte hilft nun vielleicht die klassische Bildungsbürgerbibliothek, die ihm in einem Eckzimmer hinterlassen wurde, "nicht alles Erstausgaben, aber alle gebunden".

Tor in eine andere Welt

Wenn er übersiedelt, so wie unlängst, stellt er gerne Bücher, die er nicht mehr braucht, zum Postkastl im Stiegenhaus, und die sind anderntags verlässlich weg. Er hört jetzt am liebsten Bücher, "zwei pro Monat, sehr gerne beim Autofahren. Man könnte sagen: Zwölf Stunden für ein großes Buch = 24 Stunden pro Monat = fünf Fahrten zwischen Ebensee und Wien." Vom Cover der Bücher, die er am Pad liest, macht er als "Overachiever" einen Screenshot, den er ausdruckt und aufhebt.

T. C. Boyles Wassermusik hat er auf Englisch und Deutsch gelesen, es ist sein absolutes Lieblingsbuch. "Boyle beschreibt darin eine großartige Wahnsinnswelt Ende des 18. Jahrhunderts, die Suche nach der Quelle des Niger. Eine Verknüpfung historischer Wahrheiten mit in unglaublicher Kreativität erfundenen Personen. Das passt auch zur Art des Reisens, die ich vorziehe." Er hat es ja mal während einer fünfmonatigen Tour auf dem Landweg beinahe um die ganze Welt geschafft, "nur über den Pazifik musste ich fliegen".

Fantreffen in Wien

Als die Stadt Wien 2013 Boyles America als Gratisbuch vorstellte, war der Meister in Wien, und Rainer traf "den großartigen Menschen zusammen mit seiner großartigen Frau". Autoren um eine Widmung zu bitten war ihm bis dahin immer peinlich gewesen, aber bei Boyle tanzte er mit einem großen Sack voll mit dessen Büchern an, und der sagte: "You got more books from me then I do!"

Ein unvergesslicher Fanmoment. (Manfred Rebhandl, 29.4.2023)