Weil er das Foto einer Tapete mit Tulpenmotiv im Internet hochlud, muss ein deutscher Vermieter an den Urheber des Motivs mehrere Hundert Euro Entgelt bezahlen.
Foto: Imago / Marc John

Dass urheberrechtliche Fallstricke auch beim Drücken des Auslösers drohen, musste der Anbieter einer Ferienwohnung kürzlich lernen: Er hatte seine Unterkunft im Internet mit Fotos beworben, auf denen im Hintergrund eine Fototapete mit Tulpenmotiven zu sehen war. Der Fotograf der Tulpenmotive monierte eine Verletzung seiner Urheberrechte durch den Vermieter der Ferienwohnung und verlangte Ersatz.

Kein Recht auf Veröffentlichung

In seiner Entscheidung kam das Landgericht Köln nun zum Schluss, dass der Zimmervermieter das Tulpenmotiv unberechtigt vervielfältigt und öffentlich zugänglich gemacht hat, weil er das Foto der Tapete auf Buchungsportalen hochgeladen hatte. Durch den Kauf der Fototapete würden nicht auch automatisch Nutzungsrechte für die Verwendung der auf der Tapete abgedruckten Fotos erworben.

Nach der Zweckübertragungstheorie werden nämlich nur diejenigen Nutzungsrechte eingeräumt, die für den Vertragszweck unbedingt erforderlich sind. Beim Kauf einer Fototapete gehört das Recht zur Veröffentlichung im Internet nicht dazu. Mit anderen Worten: Das Eigentum an einer Sache verschafft auch nicht automatisch urheberrechtliche Nutzungsrechte an diesem Gegenstand.

Die Entscheidung erhielt in Deutschland medial viel Beachtung, obwohl die rechtliche Bewertung des Gerichts von allgemein anerkannten Grundsätzen des Urheberrechts nicht abweicht, die in Österreich übrigens fast ident sind.

Minenfeld für Fotografen

Die Ursache für die vielfältige Berichterstattung dürfte eher der Überraschungseffekt sein. Es liegt eben nicht unmittelbar auf der Hand, dass die bloße Fotografie eines Ferienzimmers und deren Veröffentlichung im Internet eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

Dabei wird aber übersehen, dass unsere Welt mit geschützten Werken übersät ist, die ein urheberrechtliches Minenfeld für Fotografen darstellen. Bei Gemälden und Skulpturen als klassischen Werken der bildenden Kunst ist dies auch für Laien auf den ersten Blick einleuchtend. Als Gebrauchskunst können aber auch Alltagsgegenstände wie Möbel, Kleidung, Schmuck oder Spielzeug geschützt sein.

Der Oberste Gerichtshof hat beispielsweise entschieden, dass die bekannten Fauteuils des Künstlers Le Corbusier urheberrechtlich geschützt sind. Die Anforderungen an die erforderliche "eigentümliche geistige Schöpfung" sind dabei nicht besonders hoch, sodass auch Gegenstände ohne besonderen künstlerischen Wert geschützt sein können.

Selfie im Museum

Kein Urheberrechtsschutz besteht hingegen an Sachen, die in der Natur vorgefunden werden, und an Werken, deren Urheber schon mehr als 70 Jahre verstorben sind. Das Selfie vor einem historischen Gemälde ist somit urheberrechtlich unproblematisch.

Für Privatpersonen ist das bloße Fotografieren urheberrechtlich geschützter Gegenstände im Regelfall durch die Privatkopieschranke gedeckt. Das Gruppenbild vor der Fototapete darf auch im Familien- und Freundeskreis geteilt werden. Die Ausnahme gilt allerdings nicht bei Veröffentlichungen im Internet, sodass öffentliche Postings in sozialen Netzwerken aus rein privatem Anlass eine Urheberrechtsverletzung darstellen können.

Unterscheidung des Bildfokus

Nach dem Urheberrechtsgesetz besteht zudem eine Ausnahme, wenn urheberrechtlich geschützte Werke nur zufällig oder beiläufig und ohne Bezug zum Hauptmotiv auf einem Foto abgebildet werden. Bei bewusst gewählten Hintergründen liegt jedoch schon aufgrund der Inszenierung weder Beiläufigkeit noch Zufälligkeit vor.

Auch bei der Fototapete wurde vom Gericht angenommen, dass diese ein zentrales Element in der Zimmergestaltung ist, die den wesentlichen Teil des Lichtbildes ausmacht. Nach der österreichischen Rechtsprechung liegt kein unwesentliches Beiwerk vor, wenn im Zuge eines Dokumentarfilms mehrfach ein geschütztes Porträtfoto deutlich sichtbar eingeblendet wird.

Öffentliche Orte?

Bei geschützten Werken, die sich im öffentlichen Raum befinden, ist die Rechtslage hingegen deutlich großzügiger. Fotografien von Bauwerken sowie Kunstwerken, die sich dauerhaft an öffentlichen Orten befinden, dürfen – sogar zu kommerziellen Zwecken – im Internet verwertet werden.

Das Instagram-Posting vom Hundertwasser-Krawina-Haus, dessen urheberrechtlicher Schutz die Gerichte schon mehrfach beschäftigt hat, ist daher genauso unproblematisch wie das Selfie vor einer Skulptur auf einem öffentlichen Platz. Mangels Bestimmung zum dauerhaften Verbleib an öffentlichen Orten ist nur bei temporären Kunstaktionen wie Street-Art-Festivals Vorsicht geboten.

In der Praxis bleiben viele Urheberrechtsverletzungen aufgrund des sprichwörtlichen Grundsatzes "Wo kein Kläger, da kein Richter" ohne Konsequenzen. Dort aber, wo Urheber gegen die unerlaubte Einbeziehung ihres Werks in ein Foto gerichtlich vorgehen, stehen ihre Erfolgschancen nicht schlecht.

Auf Nummer sicher gehen kann man nur dadurch, dass man sich die Nutzungsrechte vom Urheber einräumen lässt. Erwirbt ein Unternehmen beispielsweise moderne Gemälde für seine Räumlichkeiten, kann vertraglich mit dem Künstler festgehalten werden, dass Fotografien dieser Bilder auch auf der Firmenwebsite oder in Broschüren verwendet werden dürfen. (Roman Heidinger, 9.5.2023)