Im Fall einer blau-schwarzen Koalition unter Herbert Kickl (FPÖ) erwartet ÖVP-Urgestein Franz Fischler eine Parteispaltung.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Innsbruck/Wien – Der frühere EU-Kommissar Franz Fischler würde offenbar einen drastischen Schritt setzen, sollte die ÖVP nach der kommenden Nationalratswahl einen Bundeskanzler Herbert Kickl ermöglichen. Mache sie den FPÖ-Chef zum Kanzler, "dann ist sie nicht mehr meine Partei", sagte Fischler der "Tiroler Tageszeitung" vom Dienstag, um nachzulegen: "In dem Fall würde ich aus der ÖVP austreten."

Sollte die Volkspartei einen Kanzler Kickl ermöglichen, "dann erleben wir den Beginn des Endes der ÖVP", meinte der ehemalige Landwirtschaftsminister. Zudem wäre dies der "Beginn einer neuen konservativen Partei", ortete Fischler für diesen Fall eine Parteispaltung. Zu einer generellen Absage an eine Koalition mit der FPÖ will Fischler aber nicht raten: "Ich gebe meiner Partei keine Empfehlungen mehr."

"Noch nie solch eine Leere in der ÖVP"

Unterdessen meldeten sich auch zwei weitere ÖVP-Größen zu Wort. "Ich sehe bei der FPÖ unter Herbert Kickls Führung weder Anzeichen einer Änderung in Stil, Ton oder inhaltlicher Ausrichtung, sodass ich eine Zusammenarbeit der ÖVP und der FPÖ nach der Nationalratswahl als unwahrscheinlich einstufe", ließ der frühere Nationalratspräsident und Klubobmann Andreas Khol wissen. Er gehe davon aus, dass Bundeskanzler und Parteichef Karl Nehammer die ÖVP in die Wahl führt: "Ich traue ihm Platz eins oder mindestens Platz zwei zu. Daher ist die wahrscheinlichste Koalition ÖVP mit SPÖ oder ÖVP mit SPÖ und Neos."

An ein Szenario wie 1999/2000 im Zuge der ersten schwarz-blauen Regierungsbildung, als Jörg Haider Susanne Riess in die Regierung schickte, in Kärnten blieb und die Parteiobmannschaft abgab, glaubt Khol, damals ein Mitarchitekt der sogenannten Wende, nicht: "Kickl ist kein Landeshauptmann, und er hat nicht die intellektuelle Gabe Haiders."

Ernüchternd indes ist der Befund von Heinrich Neisser, ebenfalls einst Klubobmann der ÖVP und Zweiter Nationalratspräsident, über seine politische Heimat: Er vermisse "jegliche Anzeichen hin zu einer Revitalisierung", so Neisser. "Sollte die ÖVP nach der Nationalratswahl eine Koalition mit der FPÖ eingehen, dann ist die ÖVP im besten Fall nur mehr ein Dachverband von neun Landesorganisationen. Ich habe in der ÖVP noch nie solch eine Leere erlebt wie derzeit." (APA, red, 9.5.2023)