Eine nichtfossile Energiezukunft braucht grünen Wasserstoff – und neue Aufbereitungstechnologien für den Energieträger.
Illustration: Getty/iStock

Klar ist, dass grüner Wasserstoff in einer künftigen Energiewirtschaft eine große Rolle spielen wird. Weniger klar ist aber, wo und unter welchen Umständen der klimafreundliche Energieträger in den erforderlichen Riesenmengen produziert und wie er effizient zu Verbrauchern gebracht werden soll. Punkto Transport ist seit längerem die Beimischung von Wasserstoff in das bestehende Erdgasnetz ein Thema. In Österreich ist hier seit 2021 ein Wasserstoffanteil von zehn Prozent erlaubt. Als theoretische Obergrenze, bis zu der ein sicherer Transport möglich ist, kursiert ein Wert von 20 Prozent. Da die Nutzung von Erdgas als fossilem Energieträger letztlich ebenfalls zurückgehen muss, bleibt die Erdgasbeimischung eine Übergangstechnologie. Als Ablöse werden reine Wasserstoff-Pipelines, aber auch Trägermaterialien wie Ammoniak oder Methanol diskutiert.

Michael Harasek vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften der TU Wien beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit Methoden und Prozessen rund um die Aufbereitung von Wasserstoff. Dazu gehören Technologien, die die Abscheidung, Aufreinigung und Konzentration des Elements organisieren. "Je nach Verwendungszweck ist eine bestimmte Qualität, ein bestimmter Reinheitsgrad des Wasserstoffs erforderlich", betont Harasek. "Die Anforderungen bei der Nutzung in den Hochöfen der Stahlindustrie sind beispielsweise ganz andere als beim Einsatz in einer Brennstoffzelle für einen Wasserstoffbus."

Prestigereiche Auszeichnungen

Vor kurzem wurden die Entwicklungen von Harasek und Team gleich mit zwei hochrangigen Auszeichnungen innerhalb zweier Tage prämiert. Für das Konzept einer neuen, vielseitig einsetzbaren Wasserstoff-Abscheidetechnik wurde der Wissenschafter gemeinsam mit seinen Kollegen Werner Liemberger und Martin Miltner mit dem Staatspreis Patent 2023 geehrt, der vom Österreichischen Patentamt gemeinsam mit dem Klimaschutzministerium vergeben wird. Tags darauf wurde Harasek für seine Aufbereitungstechniken mit einem hochdotierten Houska-Preis der B&C-Privatstiftung ausgezeichnet.

Konventionelle Verfahren zur Gasabscheidung fokussieren etwa auf adsorptionsfähige Materialien, die also durch ihre poröse Struktur und hohe Oberfläche Stoffe binden können. Methan – der Hauptbestandteil von Erdgas – kann etwa durch Aktivkohle adsorbiert werden. Wasserstoff, mit dem es vermischt ist, bleibt dagegen als Gas bestehen. Im Zuge einer sogenannten Druckwechsel-Adsorption wird dieses Prinzip angewandt. Das Methan wird dabei bei hohem Druck an die Aktivkohle gebunden. Nach Sättigung wird in einem darauffolgenden Prozessschritt der Druck reduziert, sodass die Methanmoleküle wieder freigegeben werden und auf anderem Weg abströmen können. Meist arbeiten mehrere parallel angeordnete Adsorptionseinheiten im Akkord, um ein Gasgemisch aufzutrennen.

Rückgewinnung aus der Tiefe

Harasek und Team nutzen diese Methode etwa im eben gestarteten Projekt "Underground Sun Storage 2030", das vom Gasspeicherunternehmen RAG Austria geleitet und vom Klimafonds, dotiert mit Mitteln des Klimaschutzministeriums, unterstützt wird. Gemeinsam mit einer Reihe von Unternehmens- und Forschungspartnern wird hier in der Gemeinde Gampern in Oberösterreich die saisonale Speicherung von Wasserstoff in unterirdischen Lagerstätten erprobt. Überschussenergie aus Solarkraft, die in Wasserstoff umgewandelt wurde, soll damit im an Sonnenstunden ärmeren Winter verfügbar werden.

In dem unterirdischen Lager vermischt sich der Wasserstoff allerdings auch mit Methanresten, die bei der Rückgewinnung abgeschieden werden müssen. "Im Zuge des Projekts arbeiten wir daran, dieses konventionelle Verfahren erstmals auf Druck zu skalieren. Das bedeutet: Wir nutzen den Druck, mit dem das Gas aus der Lagerstätte kommt – er liegt bei bis zu 60 Bar –, direkt für den Aufbereitungsvorgang", skizziert Harasek. "Das hat den großen Vorteil, dass der verbleibende Wasserstoff nach der Abscheidung nicht erneut komprimiert werden muss." Es entfällt also ein energieintensiver Aufbereitungsschritt.

Wegweisender Ansatz

Jenes Verfahren aber, das nun mit dem Patentpreis gewürdigt wurde, nutzt vollkommen andere physikalische Prinzipien und könnte die Wasserstoffwirtschaft weit vorausschauend in der Zukunft prägen. Die Forschenden greifen dabei auf eine sogenannte protonenleitende Membran zurück, ähnlich wie sie auch bei der Wasserstoffherstellung durch Elektrolyse oder bei der Verstromung von Wasserstoff in Brennstoffzellen verwendet wird. "Tatsächlich ist unser Ansatz eine Mischung aus jenen Konzepten, die bei der Elektrolyse und bei Brennstoffzellen verwendet werden", sagt Harasek.

Die Membran ist für Protonen, also Wasserstoffkerne, durchlässig. Der Transport von Gasen wie Sauerstoff oder Methan wird aber verhindert. Um den Wasserstoff durch sie hindurchzuleiten, wird eine Seite der Membran zur positiv geladenen Anode, die andere zur negativ geladenen Kathode. "In dem elektrischen Feld, das sich zwischen Anode und Kathode aufspannt, wandern die Wasserstoffionen nun von der einen Seite der Membran auf die andere", erklärt Harasek. Ein großer Vorteil ist auch hier, dass auf der Kathodenseite, an der sich der Wasserstoff sammelt, ein höherer Druck kein Problem ist. "Wir können also in einem Schritt und ohne den Einsatz verschleißanfälliger mechanischer Teile den Wasserstoff abtrennen und komprimieren", betont der Wissenschafter. Der abgeschiedene Wasserstoff liegt dann in einer hochreinen Form vor.

Feuchtigkeitsmanagement

Die grundsätzliche Umsetzbarkeit des Ansatzes konnten Harasek und Kollegen im Labor belegen. Dennoch sind noch einige Probleme zu lösen. Beispielsweise braucht es für den Einsatz bei der Abscheidung von Wasserstoff aus Erdgas Elemente zur Voranreicherung sowie ein eigenes Feuchtigkeitsmanagement, um die Membranen leitfähig zu halten. Die Abscheidung muss zudem auf Effizienz getrimmt werden, denn ihr Energiebedarf sollte unter zehn Prozent des energetischen Werts des entnommenen Wasserstoffs liegen.

Bis der Ansatz tatsächlich in der Praxis eingesetzt werden kann, wird es also noch dauern. Wenn es aber so weit ist, könnte daraus ein vielseitiges Instrument zur Gasabscheidung entstehen, das in verschiedenen Ausführungen vor Ort in den Industriebetrieben Verwendung findet. "Das Spannende daran ist, dass das Prinzip eine ganze Reihe von Anwendungen zulässt", erklärt Harasek. "Wenn in Zukunft tatsächlich Ammoniak zu einem Wasserstoffträger wird, könnte unsere Methode auch hier zum Einsatz kommen." (Alois Pumhösel, 15.5.2023)