Nur im Notfall und mit Überweisung soll laut Mayer eine Ambulanz betreten werden dürfen (Symbolbild). Die Forderung stößt auf Widerstand.

Foto: www.corn.at Heribert CORN

Wien – Die Ärztekammer spricht sich für die Rückkehr einer Ambulanzgebühr aus – und das in einer besonders drastischen Form. Harald Mayer, zweiter Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖAK) und Obmann der Bundeskurie für angestellte Ärzte, fordert in der "Presse" einen "Vollkostenersatz" – ohne Ausnahmen, sofern sich die Patienten nicht an einen vorgegebenen "Pfad" halten. Dieser sieht im Wesentlichen vor, dass man nur noch nach Überweisung oder als Notfall eine Ambulanz besuchen könnte.

Wer nicht ein entsprechendes Schreiben eines Haus- oder Facharztes beziehungsweise der Gesundheitshotline vorweisen kann, soll nach Vorstellungen Mayers sämtliche in einer Spitalsambulanz anfallenden Kosten für Untersuchungen und Behandlungen selbst bezahlen – und das ohne Deckelung. Also auch dann, wenn die Kosten mehrere Tausend Euro betragen, was durchaus keine Seltenheit wäre. "Denn dann kommen die Patienten nie wieder ohne Überweisung", sagt der Ärztekammer-Vize zur "Presse".

ÖAK-Präsident sprach sich dagegen aus

Mayer will sich nun dafür einsetzen, dass seine Forderung bei den derzeit geführten Finanzausgleichsverhandlungen aufs Tapet gebracht und mithilfe des Gesundheitsministeriums, der Länder sowie der Sozialversicherung umgesetzt wird. Damit "am Ende gesetzlich geregelt ist, dass niemand, der keinen Notfall darstellt, ohne ärztliche Überweisung eine Spitalsambulanz betreten darf". Gleichzeitig bedürfe es aber eines Ausbaus im niedergelassenen Bereich.

Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart, der derzeit krankheitsbedingt pausiert, hatte sich erst vor wenigen Wochen gegen eine Ambulanzgebühr, wie sie unter Schwarz-Blau schon einmal versucht worden war, ausgesprochen.

Forderung stößt auf Widerstand

Der aktuelle Vizeobmann und Arbeitnehmervertreter in der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Andreas Huss, und Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, reagierten am Mittwoch verärgert. Die Ärztekammer selbst wies darauf hin, dass nicht sie selbst dies verlange, sondern bisher nur die Kurie.

GPA-Chefin Teiber, die auch Mitglied des ÖGK-Verwaltungsrats ist, lehnte die Forderung von Mayer vehement ab. "Die Ärztekammer, die sonst jede Weiterentwicklung des Gesundheitssystems blockiert, verlangt jetzt hohe Ambulanzgebühren, um Patientinnen und Patienten zu bestrafen. Das ist an Chuzpe kaum zu überbieten", meinte sie in einer Aussendung und attestierte der Kammer, amerikanische Zustände herbeizusehnen. Natürlich müssten Patientenströme besser gesteuert werden, Strafen seien aber der völlig falsche Weg.

Ähnlich ablehnend zeigte sich auch Huss. "Die Ambulanzgebühr ist schon einmal gescheitert, auch diesmal ist das Scheitern vorprogrammiert", erklärte er. Stattdessen sollte man den Menschen gute Versorgungsangebote in Primärversorgungszentren mit klaren Patientenwegen offerieren und generell die niedergelassene/ambulante Versorgung so ausbauen, dass sie für die Menschen eine attraktive Alternative zu Spitalsambulanzen darstelle.

Komme für Gesundheitsminister Rauch nicht infrage

Aus der Ärztekammer für Wien kam offener Widerstand. "Es kann nicht sein, dass man Patientinnen und Patienten dafür bestraft, dass die Lenkung von Patientenströmen im österreichischen Gesundheitswesen nicht ausreichend funktioniert", sagte Stefan Ferenci, geschäftsführender Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte der Ärztekammer Wien, in einer Aussendung.

Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ), aktuell Vorsitzender der Landeshauptleute, sah ebenso eine "völlig falsche Debatte, noch dazu zur Unzeit". Man sollte endlich das Problem der Zwei-Klassen-Medizin an der Wurzel packen und gesetzliche Maßnahmen dagegen setzen, meinte er zur APA. Notwendig wären stattdessen eine Neuregelung der Ärzteausbildung, eine gesetzliche Sicherstellung der ärztlichen Bereitschaftsdienste und eine nachhaltige Klärung der Spitalsfinanzierung im Zuge des Finanzausgleichs, die auch zur notwendigen Entlastung der Ambulanzen führen müsse.

Und auch Gesundheitsminister Rauch erklärte Mittwochvormittag am Rande des Ministerrats, dass es eine Rückkehr der Ambulanzgebühr mit ihm nicht geben werde: "Das kommt überhaupt nicht infrage." (APA, red, 10.5.2023)