In Deutschland wird über den Spargel debattiert. Die Anbauflächen gehen zurück – so wie die Lust am Spargel. Die Jungen würden nicht mehr so gerne Spargel essen, er werde gar als Seniorengemüse angesehen. So viel vorweg: Auf Österreich dürfte diese Beobachtung nicht eins zu eins umlegbar sein.

Schon bei der Anbaufläche kann man hierzulande nicht von einem Rückgang sprechen. Seit dem Jahr 2000 stieg sie von 254 auf 757 Hektar an und stagniert seit ein paar Jahren. Zum Vergleich: In Deutschland wird auf 21.000 Hektar Spargel angebaut und ist damit von der Fläche her eine der wichtigsten Gemüsesorten. Er hat daher eine umso größere Bedeutung für die deutsche Landwirtschaft.

Werner Magoschitz, der in Mannsdorf einen Spargelbetrieb führt, ist Obmann vom Verein Marchfeldspargel g.g.A. im Marchfeld. Er kennt die Diskussion in Deutschland und weist auf weitere Unterschiede zu Österreich hin. So sei der Selbstversorgungsgrad beim Nachbarn mit 90 Prozent vergleichsweise hoch, in Österreich hingegen komme nur rund die Hälfte des konsumierten Spargels aus dem Inland. Die Deutschen essen rein statistisch auch viel mehr Spargel. In Deutschland werden 1,5 Kilogramm pro Kopf verzehrt, während die Österreicher und Österreicherinnen nur auf ein gutes halbes Kilo kommen. Und der weiße Spargel ist in Deutschland besonders beliebt, auch wenn der Anteil an Grünspargel wächst, liegt er nach wie vor nur bei bescheidenen 20 Prozent beim Anbau.

Grüner Spargel aus dem Backrohr mit Minzmayonnaise.
Foto: Petra Eder

Dass die Jungen in Österreich Spargel nicht mehr mögen, kann Margoschitz jedenfalls nicht bestätigen, aber sie würden lieber grünen Spargel essen, der in den vergangenen Jahrzehnten sowieso stark an Beliebtheit gewonnen hat. Magoschitz: "Ich bin seit 48 Jahren im Spargelanbau tätig, damals lag der Grünspargelanteil bei uns im Betrieb bei fünf Prozent, nun liegen wir bei 40 Prozent". Im Marchfeld insgesamt könne man von 30 bis 40 Prozent Anteil an Grünspargel sprechen. Auch die Supermarktketten würden verstärkt Grünspargel nachfragen, der Vor-, aber auch Nachteile im Anbau hat. Im Gegensatz zum weißen Spargel muss er nicht mit lichtdichter Folie abgedeckt werden, und er ist insgesamt weniger arbeitsintensiv. Der Nachteil sei, dass er ohne die schützende Folie auch empfindlicher auf Kälte reagiere und die Ernte daher schlechter planbar sei.

Spargelanbau

Die Folien für den weißen Spargel sind auf einer Seite weiß, auf der anderen schwarz. Ist viel Wärme für den Boden nötig, ist die schwarze Seite oben, wird es zu warm, muss auf die weiße Seite gedreht werden. Die vor allem von Umweltschützern kritisierte Folie hat laut Magoschitz neben der Abdeckung gegen die UV-Strahlen noch weitere Vorteile: Sie schützt das Gemüse vor tierischen Schädlingen und verhindert das Austrocknen der Erde. Die Abdeckung des weißen Spargels ist nötig, um die Stangen weiß zu halten, früher geschah das durch umgedrehte Tontöpfe, die über jede einzelne Pflanze gestülpt werden mussten. Kommt Licht an den Spargel, verfärbt er sich. Nach der Ernte werden die Stangen sofort in Eiswasser schockgekühlt, um ihre weiße Farbe zu erhalten. Liegt der weiße Spargel aber zu lange im Supermarkt unter grellem Licht, entstehen rötliche Flecken.

Ein Spargelfeld in Deutschland, wo insgesamt auf 21.000 Hektar Spargel angebaut wird.
Foto: EPA/Hanschke

Eine andere Möglichkeit, um den Spargel weiß zu halten, wäre, die Spargelstangen mehrere Stunden ins Wasser zu stellen – das würde dem Gemüse aber geschmacklich ganz und gar nicht guttun, betont Magoschitz. Noch schlimmer ist das Bleichen: Spargel aus Südamerika, der wochenlang zu uns unterwegs ist, wird häufig mit Chlor gebleicht, damit er sich nicht verfärbt, und landet abseits der Saison in den Supermärkten.

Die großen Ketten stehen auch in der Kritik der österreichischen Landwirtschaftskammer. Ihr Vorsitzender Josef Moosbrugger findet es schade, dass diese schon frühzeitig mit Billigimporten aus Deutschland und den Niederlanden lockten, und das, bevor die heimische Saison mit regionaler Ware ins Laufen komme.

Nach der Ernte werden die weißen Spargelstangen sofort schockgekühlt.
Foto: IMAGO/Rupert Oberhäuser

Unterschiedliche Spargelvorlieben

Zurück zu den Jungen und dem angeblichen Imagewandel. Auf dem Spargelhof Kammerhof der Familie Jäger im Kärntner Lavanttal baut man seit vielen Jahrzehnten Spargel an. Eine Spargelmüdigkeit sieht Waltraud Jäger nicht, es kämen sehr viele Junge auf den Hof, um Spargel zu kaufen. Angeboten werden unterschiedliche weiße und grüne Sorten, schließlich hätten auch die Kundinnen und Kunden unterschiedliche Vorlieben. Das reicht vom superdicken Solospargel bis zu dünnen Stangen, die man schnell auf dem Grill garen kann. Besonders beliebt und schnell ausverkauft seien weiße, bleistiftdicke Spargelstangen in zehn Zentimeter Länge, die man nicht schälen müsse, erklärt sie.

Auch in der Wiener Gastronomie kann man keine großen Unterschiede zwischen Jung und Alt erkennen. Im Restaurant Mader im 15. Bezirk, das nach der Neuübernahme gezielt auf ein jüngeres Publikum setzt, würden "alle Altersgruppen" Spargel bestellen.

Bei der Supermarktkette Spar wirbt man aktuell mit Spargel von den "Jungen Wilden Gemüsebäuerinnen/bauern", einer Vermarktungsgemeinschaft aus der Südsteiermark. Dort hat sich die Anbaufläche in den vergangenen Jahren auf 25 Hektar verdreifacht. Bei Spar sei jedenfalls kein Rückgang der verkauften Gesamtmenge zu spüren, erklärt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Wenn es einen Trend gebe, dann jenen, dass Spargel immer öfter gegrillt werde.

Das verwundert nicht, hat sich doch im Umgang und der Zubereitung in den vergangenen Jahren grundsätzlich einiges verändert. Spargel wird nicht mehr so oft zu Tode gekocht, sondern gerne knackig gegart. Dünnere Stangen, sowohl weiß als auch grün, kann man einfach in der Pfanne, im Rohr oder eben auf dem Grillrost braten. Und es gibt ihn als Hauptgericht vegetarisch oder vegan, eventuell mit einem pochierten Ei oder Parmesan und Olivenöl oder auch einem Klecks Misomayonnaise, aber nicht gezwungenermaßen unter einem Berg Sauce hollandaise begraben.

Auch auf der nicht gerade als Seniorenmedium bekannten Social-Media-Plattform Tiktok scheint Spargel ganz und gar nicht out, es wird damit eifrig experimentiert und die teils schrägen Gerichte gepostet.

Beim Arbeitsaufwand hat Grünspargel jedenfalls die Nase vorn, weil er kaum geschält werden muss – und wenn, dann nur am unteren Drittel. Beim weißen Spargel ist es wichtig, die Stangen gründlich zu schälen, sonst bleibt er fasrig. Die Schalen lassen sich aber noch verwerten, man kann daraus beispielsweise einen Sud kochen und damit Risotto oder Suppe aufgießen, um den Geschmack zu verstärken, oder man trocknet und zermahlt sie und nützt das Pulver anschließend zum Aromatisieren. Für ganzjährigen Genuss kann man den Spargel fermentieren oder auch roh einfrieren. Fragt sich natürlich, ob man das überhaupt will. Denn für viele ist es ja das Schöne, dass das Gemüse nicht immer verfügbar ist. Die Freude über die kurze Saison ist dann umso größer. (Petra Eder, 10.5.2023)