Im Gastblog erklärt Rechtsanwältin Piroska Vargha, wie der OGH über "tierische Scheidungskinder" entschieden hat.

Ein gemeinsames Eheleben geht in den meisten Fällen mit zahlreichen gemeinsamen Anschaffungen und Ersparnissen einher. Geht die Ehe in die Brüche, muss entschieden werden, wie diese auf die nunmehr alleinstehenden Ehepartner aufgeteilt werden.

Zu einem Familien- und Eheleben gehört längst nicht mehr nur Materielles, sondern in vielen Fällen auch das gemeinsame Halten von Haustieren. Was mit diesen bei der Trennung geschieht, hat unlängst den Obersten Gerichtshof beschäftigt. In concreto war zu entscheiden, wer den Kater F* behalten darf.

Das vormalige Ehepaar hielt unter anderem den genannten Kater. Nach dem Auszug der Ehefrau nahm diese den Kater mit. Der Ehemann wollte sich dies nicht gefallen lassen und begehrte beim Erstgericht die Zuweisung des Haustiers.

Gefühlsmäßige Bindung

Die Ehefrau sprach sich dagegen aus und argumentierte, dass der Kater als Ersatz für ein von der Ehefrau in die Ehe mitgebrachtes und verstorbenes Tier und somit "für die Ehefrau" angeschafft worden sei. Die Ehefrau warf dem Ehegatten darüber hinaus vor, sich zu keinem Zeitpunkt ausreichend um das Tier gekümmert zu haben, und brachte vor, dass der Kater zu ihr eine engere Beziehung habe. Dagegen setzte sich der Ehemann zur Wehr und führte aus, dass er die stärkere gefühlsmäßige Bindung zum Kater habe. Daraufhin wurde ihm das Tier vom Erstgericht zugesprochen, wogegen seitens der Ehefrau wiederum ein Rechtsmittel erhoben wurde.

Wer bekommt die Gadse nach der Scheidung?
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Das Gericht zweiter Instanz hob die Entscheidung des Erstgerichts auf und sprach aus, dass die Entscheidung des Erstgerichts dahingehend zu überprüfen sei, wie es denn um die Gefühlswelt des Katers bestellt ist.

Gegen diese Entscheidung erhob der Ehemann jedoch einen Revisionsrekurs beim Obersten Gerichtshof. Der OGH stellte in Folge klar, dass Haustiere für die nacheheliche Aufteilung wie Sachen behandelt werden und daher den Bestimmungen des Ehegesetzes unterliegen. Auf die emotionale Bindung, die das Tier gegenüber dem Menschen hat, komme es – entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichts – somit nicht an. Anders verhalte es sich jedoch mit der emotionalen Bindung, die der Mensch gegenüber einem Tier hat.

Dem Grundsatz der Billigkeit entspricht es in diesem Fall, mangels maßgeblicher wirtschaftlicher Kriterien für die Zuteilung des Tieres auf die stärkere oder schwächere emotionale Beziehung der Ehegatten zu diesem abzustellen.

Tierische Scheidungskinder

Bei der Abwägung der intensiveren Beziehung zum Haustier kann etwa darauf Rücksicht genommen werden, wer sich während der Ehe mehr um das Tier gekümmert hat. All dies soll selbstverständlich nur dann gelten, wenn die Zuweisung des Haustiers zu einem Ehegatten auch den Tierschutzbestimmungen gerecht wird.

Der Oberste Gerichtshof hat somit erstmalig klargestellt, wie mit "tierischen Scheidungskindern" umgegangen werden soll. Möchte man also auch nach der Trennung das gemeinsame Haustier für sich behalten und wird man sich über den Verbleib des Tieres nicht einig, so ist empfehlenswert, sich bereits geraume Zeit vor der Trennung intensiver um das Tier zu kümmern. Diesfalls kann mit der stärkeren emotionalen Beziehung zu dem Tier argumentiert werden. (OGH 27.1.2023, 1 Ob 254/22t) (Piroska Vargha, 19.5.2023)