Auch Pasok-Chef Nikos Androulakis ist ein Wahlgewinner.

Foto: IMAGO/Stefanos Rapanis

Es war ein Triumph für Premier Kyriakos Mitsotakis. Seine Nea Dimokratia (ND), die der Europäischen Volkspartei (EVP) angehört, gewann bei der Parlamentswahl am Sonntag im Vergleich zu 2019 zwar nur einen Prozentpunkt dazu, doch der Abstand zur größten Oppositionspartei, der linken Syriza von Ex-Premier Alexis Tsipras, vergrößerte sich enorm. Die Syriza verlor mehr als zehn Prozentpunkte. Damit ist Mitsotakis unanfechtbar geworden, sowohl in der eigenen Partei als auch im Führungsanspruch, wenn es um die Regierungsbildung geht. Und die Syriza könnte langfristig sogar wieder von der Mitte-links-Partei Pasok eingeholt werden.

Mitsotakis fehlen nur fünf Mandate im Parlament mit 300 Sitzen, um eine Alleinregierung zu bilden. Deshalb ist davon auszugehen, dass in sechs Wochen neuerlich Wahlen stattfinden werden, weil dann die ND – durch das wiedereingeführte Mehrheitswahlrecht – gar keinen Koalitionspartner mehr suchen müsste. Der erwartbare Schachzug der ND wirkt aber schwach und billig. Denn es wäre für die griechische Gesellschaft eine sinnvolle Herausforderung, wenn die ND ohne Neuwahl gleich eine Zusammenarbeit – etwa mit der Pasok – suchen würde.

Problematisches Mehrheitswahlrecht

Denn erstens ist das Mehrheitswahlrecht problematisch, weil eine einzelne Partei, die weniger als 50 Prozent der Wähler auf sich vereint, so leicht auf mehr als 50 Prozent der Mandate kommt. Die Wiedereinführung dieses Wahlrechts durch die ND im Jahr 2020 riecht förmlich nach Vorherrschaft.

Zweitens aber ist auch die Pasok eine Wahlgewinnerin, und eine Koalition könnte die Aufarbeitung des Handy-Hacking-Skandals ermöglichen. Pasok-Chef Nikos Androulakis wurde schließlich höchstwahrscheinlich von Geheimdienstlern ausspioniert, die unter der direkten Kontrolle von Premier Mitsotakis stehen. Es wäre wichtig, dass Mitsotakis damit nicht so leicht davonkommt. Denn dann würde nicht nur die ND, sondern auch die griechische Demokratie gewinnen. (Adelheid Wölfl, 22.5.2023)