Foto: Gerhard Wasserbauer

Beim Mayerwirt kocht der Chef selbst.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Der Mayerwirt ist eines von sechs Wirtshäusern im Gemeindegebiet von St. Leonhard am Hornerwald, was für Waldviertler Verhältnisse ausreichend ist. Die älteren Damen etwa, die sich an diesem Sonntagnachmittag punkt 17.00 Uhr beim Mayer einfinden, frisch aufgefönt und auch sonst nett hergerichtet, werden nächste Woche mit Sicherheit woanders tratschen. "Das ist unsere Pensionistenrunde", grinst Christian Mayer, "die treffen sich am Sonntag immer in einem anderen Wirtshaus im Ort. Da schimpfen's dann über den Wirten, bei dem's letzte Woche gesessen sind."

Über den Mayer wird etwa moniert werden, dass es keinen Backhendlsalat gegeben habe. Dabei hat es erst letztes Mal geheißen, dass er sich bittschön einmal etwas Neues einfallen lassen könnte. Leicht hat man's hier nicht als Wirt. Zumindest am Anfang, vor nunmehr anderthalb Jahren, als Mayer das elterliche Wirtshaus übernahm und dafür aus dem hochfeinen Lech herabstieg, wo er (wie zuvor schon auf Gut Oberstockstall) als Sommelier die studierten Leut' bediente. "Zuerst hab ich überhaupt nur am Sonntag gekocht, da waren nicht mehr als acht bis zehn Leute da", erzählt der gelernte Kellner und Koch.

Schön langsam hat es sich dann herumgesprochen, ...

... dass beim Mayer ein bissl was anderes auf den Tisch kommt als sonst in den Wirtshäusern der Gegend. Nicht dass der gebratene Ziegenkäse im Speckmantel, der auf knackigem Biosalat mit Kernöl serviert wird, irgendwie spektakulär wäre. In einer Gegend aber, wo das Prinzip Vorspeise an sich ein exotisches ist, weckte er sofort Misstrauen. "So waren es die Zweitwohnsitzler aus der Gegend, die sich als Erste bei uns reingetraut haben", erzählt Mayer, "als dann einmal ein Porsche Cayenne vor der Tür gestanden ist, hat sich die Gaststube aber gefüllt. Da wollten's alle sehen, wer da so g'stopft ist und haben halt ein Achterl investiert."

Dabei kann man tatsächlich nichts falsch machen, bei Preisen zwischen € 1,70 und 2,20 pro Glas werden vier durchwegs spannende, oft auch sehr renommierte Weine ausgeschenkt, mit Schwerpunkt auf dem nahen Kamptal. Weinkarte im engeren Sinn will der versierte Sommelier sich "eigentlich gar nicht antun, da sind wir das falsche Lokal". Sein Keller freilich gebe schon einiges her, bei den Österreichern dürften sich die Gäste fast alles wünschen, es wird wohl da sein, und mehr als brav kalkuliert noch dazu.

Vier Hauptspeisen, drei Vorspeisen (darunter eine Suppe) und zwei Desserts

- mehr steht fast nie auf der Karte. "Und selbst da mach ich mir einen Sport, möglichst knapp zu kalkulieren und lieber eine Portion zu wenig, als eine zu viel zu haben - sonst bleibt mir am Ende gar nix übrig."

Neben dem Ziegenkäse war das an jenem Sonntag eine verlockend klingende Entenleberterrine mit Quittenmarmelade (leider aus), eine kalte Gurkensuppe mit Scampi (tatsächlich eine hervorragend gewürzte Garnele), bei den Hauptgängen ein tadelloses Saiblingsfilet aus der Zucht im benachbarten Großreinprechts mit Gemüsenudeln, (nicht eben modern, aber zart nach Thymian duftend); weiters ein Hirschfilet mit Eierschwammerlsauce, schlicht und gut, ein Hirschkalbschnitzel paniert, zart und durchaus schlüssig, und brave Gnocchi, ebenfalls mit den Schwammerln aus dem nahen Tann. Der abschließende Knödel mit Wachauer Marille und einem richtig spitzen Gipfel aus Butterbröseln war dann schlicht eine Sensation, die trotz der reichhaltigen Portionen nach Wiederholung schrie - allein, auch da war der Vorrat schon erschöpft.

Weshalb sich eine telefonische Anmeldung auf jeden Fall empfiehlt, auch wenn sich sonst wenige in diese entrischen Landstriche verirren. Einen Gastgarten mit hübschen Holzmöbeln gibt es auch, da würden sich die Einheimischen freilich selbst dann nicht hineinsetzen, wenn einmal ein Hubschrauber vor der Tür parkieren sollte. (Severin Corti/Der Standard/rondo/26/08/2005)