Wien - Wer jetzt als Nachwuchshoffnung der ÖVP genannt wird, kann ein Gutteil der persönlichen Hoffnungen fahren lassen - denn zu früh erwähnt zu werden, erwies sich schon oft als karriereschädigend.

Weshalb sich niemand vordrängt, und auch keiner zitiert werden will, der gute Freunde vorschlägt. Andererseits sind viele mögliche Führungsreserven inzwischen verbraucht - mögen manche Gesichter auch dem Anforderungsprofil Sympathie entsprechen, neu sind sie nicht mehr.

Ministrabel

Ulrike Baumgartner-Gabitzer zum Beispiel: Die ehemalige Kabinettschefin von Wolfgang Schüssel gilt seit spätestens dem Jahr 2000 als ministrabel, stets wurden ihr aber andere vorgezogen. So hat sie sich mit beharrlicher parlamentarischer Arbeit (etwa am Tierschutzgesetz) einen Namen gemacht. Zudem ist die oft gestrenge Sachpolitikerin möglicherweise gerade auf dem Sprung in den Verbund-Vorstand. Weniger auffällig, aber ebenfalls als fleißige Parlamentarierin bekannt: die Tiroler Wirtschaftsbündlerin Karin Hakl. An der "Frauen-Front" werden zudem noch die Wiener Stadträtin Katharina Cortolezis-Schlager und die steirische Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder genannt.

Sie alle entsprechen auch der Vorgabe, "städtisch" zu wirken - im städtischen Bereich sehen die ÖVP-Strategen ja die meisten Probleme, weil dort die Partei oft nicht mehr am Puls des Geschehens ist.

Ausnahmen bestätigen die Regel: In Kleinstädten und größeren Gemeinden wachsen durchaus auch Talente heran, die zu Höherem berufen sein könnten, etwa Perchtoldsdorfs Bürgermeister Martin Schuster.

Die größten Reserven werden allerdings dem Bauernbund zugetraut, der als einzige ÖVP-Teilorganisation konsequente Nachwuchspflege betreibt: Neben dem rank-schlanken Landwirtschaftsminister Josef Pröll, der seit Jahren in Wien zu Hause und auch daheim (und somit auch "Städte-kompatibel") ist, gilt auch der erdig-bodenständige niederösterreichische Agrarlandesrat Josef Plank als Nachwuchshoffnung.

Andere Hoffnungsträger haben sich längst in die Privatwirtschaft verabschiedet - wie Ex-Innenminister Ernst Strasser oder der ehemalige Bauernbund-Diretor Matthias Thaler, der als brillanter Redner gilt. Andreas Schnieder, einst Landesgeschäftsführer der steirischen ÖVP, sitzt vorläufig auf einem Bundesratsmandat - ihm wurden schon früher bundespolitische Ambitionen, besonders in der Bildungspolitik, nachgesagt. Ebenfalls in der Steiermark verankert, aber nicht bei allen Funktionären, ist Werner Amon, der Generalsekretär des ÖAAB. Sein Wahlkampf gegen die ÖGB-Missstände ist umstritten, die damit erzielte Sympathiewirkung erst recht.

Nicht umstritten in ihren Sympathiewerten, aber auch nicht mehr ganz taufrisch in der Politik sind dagegen Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf und Reinhold Mitterlehner, Vize-Generalsekretär der Wirtschaftskammer. Sie gelten jedenfalls als eiserne Personalreserve, ebenso wie der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Markus Beyrer. Überhaupt ist die IV ein Personal-Pool der Sonderklasse - allerdings mehr für Spitzenjobs in der Wirtschaft oder für Berater-Positionen im Politik-Umfeld. An die vorderste Front der Tagespolitik stellen sich Industrie-Lobbyisten eher nicht.

Zudem wird für die ÖVP zunehmend zum Problem, dass viele, die mittlerweile den Sprung in die Privatwirtschaft geschafft haben, keine Lust auf den Weg zurück in die Politik verspüren. Auch das bringt der Wahlverlust mit sich. (Petra Stuiber und Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2006)