Wien - Für die ehemalige grüne Politikerin und nun selbstständige Beraterin Monika Langthaler war es eine Premiere: "Also, von der ÖVP bin ich noch nie eingeladen worden", erzählte sie, "aber ich finde es gut. Es geht ja darum, auch andere Meinungen zu hören."

Langthaler war eine jener ausgesuchten "Querdenker" der jüngeren Generation, die ÖVP-Perspektivenchef Josef Pröll Montagabend zur Auftaktveranstaltung seiner Initiative in das "Platinum Vienna" im Uniqa-Tower am Wiener Donaukanal geladen hatte.

Eigenwerbung der Glas- und Stahlträger-dominierten Örtlichkeit: "Wiens zurzeit modernste Event-Location." Wie geschaffen für die ÖVP, die laut Einladung ihr Profil als "moderne, konservative Volkspartei" schärfen möchte.

Gezielte Provokation

Stargast des Abends war der konservative schwedische Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt, jener Mann, dem es im vergangenen Herbst gelungen war, mit einer bürgerlichen Vier-Parteien-Koalition zehn Jahre linke Vorherrschaft im sozialdemokratischen Musterland zu brechen.

Reinfeldt war zwar auf Einladung der ÖVP nach Wien gekommen, weil er sein protokollarisches Vis-à-vis, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), aber nicht links liegen lassen konnte, machte er Montagnachmittag noch schnell einen Abstecher ins Vienna Austria Center, wo ihn Gusenbauer am Rande des ÖGB-Bundeskongresses traf.

Die Choreografie des "Wir denken-über-unsere-Zukunft-nach"-Abends war straff: Nach Reinfeldts Impulsreferat hagelte es gezielte Kurz-Provokationen von außen auf die zahlreichen Perspektivenfrohen.

Langthaler etwa war gebeten worden, sich zu überlegen, warum sie nicht ÖVP wählen könne. Ihre Antwort: "Weil es mir ein Rätsel ist, warum diese Partei nicht mit eingetragenen Partnerschaften leben kann." Caritas-Generalsekretär Stefan Wallner hielt der ÖVP vor, dass ihr gerade für so zentrale Probleme wie Pflege, Altenbetreuung, Armut und Integration die Antworten fehlen. Sein Fazit: "Die ÖVP hat sich abgesehen von der Familienpolitik bei sozialen Fragen zu wenig Gedanken gemacht."

Boris Marte, in den Neunzigerjahren Gründer der ÖVP-nahen "Plattform für eine offene Politik" und damals so etwas wie der "Querdenker vom Dienst", heute Leiter des Corporate Sponsoring der Erste Bank, kam mit einer Mahnung zur Veranstaltung: "Mit einem einmaligen Bauchaufschwung löst man kein Problem. Es braucht eine eigene Nachdenkstruktur in der Parteistruktur."

Genau diese präsentierte Pröll dann auch am Abend: Ab sofort soll die schwarze Perspektivensuche in 14 "Impulsgruppen" weitergehen - etwa zu Themen wie "Arbeit", "Bildung", "Lebensräume" und "Generationengerechtigkeit".

Ausgesuchte Themen

Die thematische Aufteilung liest sich wohl nicht ohne Grund schon so wie die Kapiteleinteilung eines zukünftigen Parteiprogramms. Das letzte stammt aus dem Jahr 1995. In sieben Monaten, Ende September, sollen die Ergebnisse dem ÖVP-Parteivorstand vorgelegt werden, das neue Grundsatzprogramm könnte noch dieses Jahr stehen.

Die Leiter der Gruppen kommen allesamt aus der ÖVP, Quereinsteiger sind nicht zu finden. Für den Bereich "Sicherheit/Integration" ist etwa der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) zuständig, der im letzten Sommer mit seinem Eintreten für ein Bettelverbot polarisierte. (Barbara Tóth/DER STANDARD, Printausgabe, 23.1.2007)