Elon Musk griff George Soros an: "Er hasst die Menschheit."
REUTERS, LUDOVIC MARIN

Der zweitreichste Mensch der Welt hat sich antisemitischen Verschwörungserzählungen angeschlossen. Tesla-Chef Elon Musk ritt am Mittwoch auf Twitter aus und hat eine Reihe von Angriffen auf George Soros gestartet. "George Soros erinnert mich an Magneto", erklärte Musk und verglich den 92-Jährigen mit dem Marvel-Superschurken, auch die Filmvorlage ist ein Holocaust-Überlebender. Musk legte aber nochmals nach, er erklärte einem anderen Twitter-Nutzer: "Er will die Struktur der Zivilisation untergraben. Soros hasst die Menschheit." Der Tweet löste eine Flut von Antworten aus, in denen Soros mit verschiedenen Symbolen des Bösen verglichen wurde, und erinnerte an seit langem bestehende Verschwörungserzählungen, die ihn als gottgleichen jüdischen Milliardär darstellen, der seine philanthropischen Stiftungen dazu nutzt, Europa mit Flüchtlingen zu überschwemmen und die Politik zu korrumpieren.

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DER STANDARD

Hass gegen Soros

Der linksaffine Kommentator Brian Krassenstein wies Musk auf den problematischen Vergleich mit dem Schurken aus den Marvel-Filmen hin. Soros werde ständig für seine guten Absichten angegriffen und von manchen Amerikanern gehasst, weil sie mit seiner politischen Einstellung nicht einverstanden sind. Darauf reagierte Musk innerhalb von fünf Minuten: "Sie nehmen an, dass es gute Absichten sind. Das sind sie aber nicht. Er will die Struktur der Zivilisation aushöhlen. Soros hasst die Menschheit."

Soros musste sich als jüdischer Teenager im von den Nazis besetzten Ungarn verstecken. Er steht wegen seines Reichtums, seines religiösen Hintergrunds, seiner Investitionen und seiner Förderung demokratischer Institutionen und liberaler Anliegen im Mittelpunkt von Anfeindungen aus der ganzen Welt. Der US-Sender Fox News strahlte eine dreiteilige Serie über Soros mit dem Titel "The Puppet Master" aus. Donald Trump hat den gebürtigen Ungarn der Einmischung in die US-Politik beschuldigt. Der Verschwörungserzähler Alex Jones hat die Lüge verbreitet, Soros habe sich während des Zweiten Weltkriegs gegen andere Juden gewandt und mit den Nazis kollaboriert. Musk selbst äußerte sich vor einigen Monaten viel ambivalenter über Soros – damals investierte dessen Unternehmen aber noch in Tesla. In Europa ist es vor allem Viktor Orbán, der ganze Wahlkämpfe mit Falschmeldungen zu Soros führte. In Österreich ist es vor allem die FPÖ, die immer wieder behauptet, George Soros stecke hinter der angeblichen Flüchtlingskrise in Europa. Dabei steht Soros stellvertretend für die Verschwörungstheorie des "Weltjudentums", wonach ein fiktives Kollektiv die Weltherrschaft anstrebe oder wahlweise schon innehabe. Eine Erzählung, deren Wurzeln sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen lassen.

Zu sehen, wie Elon Musk antisemitische Verschwörungserzählungen betreibe und das entsprechende Publikum auf Twitter bediene, sei nicht nur beunruhigend, sondern auch gefährlich, meinte Jonathan Greenblatt von der Anti-Defamation League. "Es wird Extremisten ermutigen, die bereits antijüdische Verschwörungen erfinden und versucht haben, Soros und jüdische Gemeinden anzugreifen", befürchtet Greenblatt laut einem "Washington Post"-Bericht.

Musk stellt sich vor White Supremacists

Das war aber nicht Musks einziger Ausflug in die rechtsradikale Ecke. In einem Interview mit CNBC wurde Musk auf einen Amoklauf in Texas angesprochen. Ein Schütze hat in einem belebten Einkaufszentrum in der Stadt Allen acht Menschen getötet, bevor er selbst von einem Polizisten erschossen wurde. Die Polizei gab bekannt, dass der Täter einer neonazistischen Gesinnung anhing. Der Täter zeigte auf Social Media stolz seine Tätowierungen: Hakenkreuze und SS-Runen.

Für Musk sei das alles aber noch kein Grund, den 33-jährigen Amokschützen als "White Supremacist", also einen Rechtsextremen, zu bezeichnen. Diese Informationen würden von einer "obskuren russischen Website" stammen, die von der Rechercheplattform "Bellingcat" übernommen worden sei. Diese sei bekannt für Psyops-Operationen, also ein Mittel zur psychologischen Kriegsführung, erklärte Musk dem verdutzten David Faber von CNBC. Bei "Bellingcat" handelt es sich um eine Investigativplattform rund um den Netzaktivisten Eliot Higgins, die sich auf Faktenchecks und Open Source Intelligence spezialisiert, und wird immer wieder von der Alt-Right-Bewegung angegriffen.

Twitter scheint die Reichweite von "Bellingcat" eingeschränkt zu haben, das Hauptkonto war vorübergehend nicht mehr über die Suche erreichbar. Musk selbst erreichte mit seinen Tweets über Soros ein Publikum von 41 Millionen Menschen. (pez, 17.5.2023)