Nach dem Bachelor in Sportwissenschaften den Master in Betriebswirtschaft anhängen: In der Theorie ist das möglich, in der Praxis kommt das aber nur sehr selten vor. Denn wer sich nach dem Bachelorstudium für einen wirklich fachfremden Master entscheidet, muss meist viel Wissen in Form von Prüfungen nachweisen. Das Fachhochschulgesetz schreibt nämlich für die Zulassung zu einem FH-Masterstudium den Abschluss eines facheinschlägigen Bachelorabschlusses vor.

Studierende feiern ihren Masterabschluss
Auch fachfremde Masterstudienprogramme sind mit einem Bachelorabschluss möglich.
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Diese Facheinschlägigkeit ist sowohl bei aufbauenden (konsekutiven) Studiengängen, beispielsweise dem Bachelor- und Masterstudium Erneuerbare Energie an der FH Technikum, als auch bei nichtkonsekutiven Masterprogrammen eine Zugangsvoraussetzung. Bei nicht aufbauenden Masterstudiengängen ist der Rahmen für das fachspezifische Vorwissen aber breiter gesteckt. Die unterschiedlichen Vorbildungen werden im Einzelfall von den Studiengangsleitungen geprüft. Drei Studierende geben Auskunft.

João Filipe Cavalheiro
Von der Lebensmitteltechnologie zu European Studies

Joao Felipe Cavalhiero
Joao Felipe Cavalhiero studiert an der FH Burgenland.
privat

Eigentlich wollte er für sein Masterstudium in Management nach Großbritannien wechseln. Die Corona-Pandemie und der Brexit haben João Filipe Cavalheiro aber einen Strich durch die Rechnung gezogen. "Die Studiengebühren stiegen stark, und wegen der Covid-Einschränkungen hätte ich damals keine Vorlesungen vor Ort besuchen können", sagt der heute 36-Jährige. Daher hat er sich nach Alternativen umgesehen. Mittlerweile ist er kurz vor Abschluss des Masterstudiengangs European Studies – Management of EU-Projects an der FH Burgenland.

Begonnen hat seine Studienlaufbahn in seiner Heimat Portugal. Nach dem Bachelor in Technischer Chemie an der Universität in Lissabon absolvierte er an der Hochschule für Tourismus und Hotellerie in Estoril einen Bachelor in Food Production Technology and Management. Beruflich ging es danach gemeinsam mit seiner slowenischen Partnerin nach Österreich. "Wir sind ein Produkt von Erasmus", sagt er. Während der Suche nach passenden Masterstudien arbeitete er in Leibnitz in einem Restaurant, das sich der "From farm to fork"-Philosophie verschrieben hat. So wurde das Interesse für die verschiedenen Förderprogramme in der Biolandwirtschaft geweckt.

Bis zum Studienbeginn kannte er Eisenstadt nicht, auch dass es einen Unterschied zwischen Universität und FH gibt, war ihm unbekannt. Vor allem die Praxisnähe beim Studium schätzt er. "So etwas gibt es in Portugal nicht." Die rechtlichen Themen bereiteten ihm im Vorfeld die meisten Sorgen, mittlerweile sind das seine Lieblingsfächer. Aktuell absolviert er ein einjähriges Praktikum bei der Europäischen Lebensmittelbehörde in Parma. Und sei genau dort angekommen, wo er eigentlich schon immer hinwollte, sagt er.

Elisabeth Adlgasser
Berufliche Umorientierung durch die Pandemie

Elisabeth Adlgasser
Elisabeth Adlgasser studiert an der FH Oberösterreich Supply Chain Management.
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Corona hat zweifelsfrei vieles ins Wanken gebracht. Für Elisabeth Adlgasser war die Pandemie sogar Auslöser, beruflich und in der Ausbildung gänzlich neue Weg zu beschreiten. Im Jänner 2020 schließt sie ihr ­Bachelorstudium in Sport-, Kultur- und Veranstaltungs­management an der FH Kufstein ab und versucht im Musikmanagement Fuß zu fassen. Der Ausbruch der Pandemie macht ihre Jobsuche aussichtslos. Durch Zufall landet die 26-Jährige in der Logistik eines e-Commerce-Unternehmens: "Ganz im Gegensatz zur Kunst- und Kultur­branche gehörte mein damaliger Arbeitgeber mit seinem Businessmodell zu den Krisengewinnern."

Weil ihr die Arbeit so viel Spaß macht, kehrt sie der Idee einer einjährigen Zusatzausbildung im Musikmanagement den Rücken und fokussiert sich auf den Job und darauf, neue Interessenfelder kennenzulernen. Nach ein paar Monaten wechselt Adlgasser von der Lagerhalle ins Büro und schnuppert in den unterschiedlichen Abteilungen der Firma. Vor allem das Projektmanagement in der IT habe sie begeistert und sie daran erinnert, dass sie bereits während Praxiserfahrungen im Bachelorstudium gemerkt habe, dass ihr die Zusammenarbeit mit anderen Menschen mehr Freude bereite als das Organisieren von Events.

Bei ihrer Recherche stößt sie auf das Masterstudium Supply Chain Management an der FH Steyr. Im Aufnahmegespräch kann sie mit ihrer Case-Study sofort überzeugen, weil sie ihr Wissen aus dem Veranstaltungsmanagement einfließen lässt. Für das Studium entschieden habe sich die 26-Jährige außerdem, weil es viel holistischer sei, ­Produkte und Dienstleistungen vom Anfang bis zum Ende begleitet wurden und man dadurch auch beruflich breiter aufgestellt sei.

Fabian Pfliegler
Von der Militärakademie an die Fachhochschule

Fabian Pfliegler
Fabian Pfliegler studiert im zweiten Semester an der FH Campus Wien.
privat

Zu seinem aktuellen Masterstudium ist Fabian Pfliegler über Umwege gekommen, wie er selbst sagt. Während seiner Zeit beim Bundesheer habe er sich nach Abschluss des Grundwehrdienstes als Berufssoldat verpflichtet. "Geplant war dieser Schritt ursprünglich nicht", erzählt der gebürtige Salzburger. Danach führte ihn sein Weg an die Militärakademie in Wiener Neustadt, wo er die Ausbildung zum Offizier abschloss.

Nach elf Jahren zieht es ihn dann in die Privatwirtschaft. Die Abkehr vom Bundesheer kam bei Pfliegler mit der Gründung seiner Familie: "Ich war immer weg von daheim, weil ich die meiste Zeit in Niederösterreich stationiert war." Zunächst beginnt er vor fünf Jahren als Rayonsleiter bei einem Lebensmittelhändler – bis dort der Bereich Unternehmenssicherheit aufgebaut wurde und er sich intern umorientiert. Durch seinen neuen Arbeitsplatz ist der heute 36-Jährige schließlich zu der Wahl seines Studiengangs gekommen: "Es hat sich dann sehr gut ergeben, den Master im integrierten Risikomanagement an der FH Campus Wien zu machen." Zwingend notwendig für den Job sei das Studium zwar nicht, Pfliegler möchte sich dadurch aber persönlich weiterentwickeln.

Voraussetzung für die Zulassung war neben dem Bestehen der Aufnahmeprüfung eine zusätzliche Prüfung im Bereich Betriebswirtschaft. Einen großen Vorteil im Studium sieht der 36-Jährige darin, dass es universell ist, man in verschiedenen Branchen arbeiten kann. Das spiegle sich auch unter seinen Studienkolleginnen und -kollegen wider: "Mir gefällt, dass man Leute kennenlernt, die aus komplett anderen Berufswelten kommen." Außerdem könne er viel aus seiner bisher gesammelten Erfahrung im Studium schöpfen. (Anika Dang, Gudrun Ostermann, 31.5.2023)