Johann Zoidl arbeitet als Arzt in einem Linzer Hospiz. Er liebt seine Arbeit.

Er ist Palliativmediziner im Sankt-Barbara-Hospiz in Linz. Hier erzählt Johann Zoidl (66), warum er sich dazu entschlossen hat, auch im Alter im Krankenhaus zu arbeiten. Klar ist: Es ist eine berufliche Veränderung. Wie man diese möglichst gut organisiert, verrät er im Gespräch mit dem STANDARD:

"Ich arbeite dort, wo Menschen sterben. Vor einem Jahr hätte ich all das hinter mir lassen und meine Karriere als Palliativarzt beenden können – aber es sollte anders kommen. Zehn Monate habe ich mich auf die Pension eingelassen.

Personalmangel

Langweilig war mir nicht, es gab immer etwas zu tun. Aber ich bin – ganz zum Leidwesen meiner Frau – nicht sehr reisefreudig, sondern eher in der Heimat verwurzelt und suche mir gerne Aktivitäten in meiner näheren Umgebung. Deshalb habe ich meinen ehemaligen Arbeitskollegen angeboten, dass sie mich, falls Not am Mann wäre, jederzeit anrufen könnten. Und so kam es auch.

Palliativmedizin ist kein Karrierefach und deshalb unter Jungen nicht unbedingt beliebt, folglich fehlen auch hier Mitarbeitende. Deswegen versuche ich durch meine Lehrtätigkeit an der Universität in Linz, junge Ärztinnen und Ärzte für dieses Fach zu begeistern. Nun bin ich seit Anfang des Jahres zurück im Job und 15 Stunden im pro Woche im Einsatz angestellt.

Berufliche Veränderungen

Johann Zoidl nahm eine andere Position im Team ein.
Wolfgang Simlinger

Ich empfehle jedem und jeder, die trotz Pension erwägt, zu arbeiten, den Ort und das Team zu wechseln. Jetzt bin ich einem neuen Team in einer neuen Rolle. Führungsposition habe ich keine mehr. Darüber bin ich ganz froh, denn gerade die Neuerungen im EDV-Bereich kosteten mich zuletzt viel Zeit – das meistert mein Nachfolger schneller.

Auch die Managementaufgaben fallen weg. So kann ich mich voll und ganz auf die Patientinnen und Patienten fokussieren. Ein Generationenwechsel kann also definitiv für beide Seiten Vorteile haben.

Gute Begleitung macht den Unterschied

Die Unterstützung gerade auch in schweren Zeiten, ist Johann Zoidl sehr wichtig.

Ich werde hin und wieder gefragt, warum ich mir das antue – in der Pension weiterzuarbeiten - gerade in so einem Bereich. Manche denken, als Arzt kann man für eine Person in der letzten Phase ihres Lebens nicht mehr viel machen. Das sehe ich ganz anders.

Ich kann die Schmerzen der Sterbenden so gut wie möglich lindern und ihnen damit ein Stückchen Lebensqualität zurückgeben – das ist unheimlich viel wert. Ein weiterer Grund, warum ich meine Arbeit liebe, ist, dass ich täglich berührende Momente erlebe, die ich nie vergessen werde:

Menschen, die im Sterben liegen, sehen nun einen Sinn im Leben; ihre Erleichterung, wenn die lebenserhaltenden Maßnahmen abgeschaltet werden; Angehörige, die versöhnlich auf den Tod ihres geliebten Menschen zurückblicken, weil das Sterben gut begleitet wurde. Durch diese Erlebnisse bekam ich einen anderen Blick auf das Leben. Und das ist unbezahlbar." (Natascha Ickert, 5.7.2023)