Landesparteiobmann Mario Kunasek (FPÖ) beim Stadtparteitag der FPÖ Graz im März.
Der steirische FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek.
APA/ERWIN SCHERIAU

Der Chef der steirischen FPÖ, Mario Kunasek, beschäftigt weiter die Staatsanwaltschaft. Erst im April wurde Kunaseks Immunität als Abgeordneter im steirischen Landtag aufgehoben. Der Grund: Er wird verdächtigt, in der Causa der millionenschweren Finanzaffäre des Grazer FPÖ-Klubs eine falsche Zeugenaussage gemacht, Beweismittel unterschlagen und falsche Beweismittel weitergegeben zu haben.

Wie DER STANDARD am Freitag erfuhr, hat die Staatsanwaltschaft Klagenfurt, die die Causa vor über einem Jahr von den Grazer Kollegen übernahm, Anfang Juni ein ergänzendes Auslieferungsansuchen an den steirischen Landtag geschickt. Diesmal, um in einer weiteren Causa gegen Kunasek zu ermitteln. Wie DER STANDARD exklusiv berichtetet, ging eine anonyme Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) gegen Kunasek ein, wonach der Ex-Verteidigungsminister sein Eigenheim über die Partei finanziert haben soll.

Architekt und Landtagspräsident

Der Architekt, der das Haus und die neue Parteizentrale in Graz geplant hat, ist der Dritte Landtagspräsident Gerald Deutschmann (FPÖ). Der anonyme Verfasser der Anzeige behauptet, jahrelang Malversationen parteiintern beobachtet zu haben. Kunaseks Anwalt bezeichnete den Inhalt der Anzeige als "völligen Schwachsinn" und "absurdes Theater", welches das Ziel habe, seinen Mandanten zu verleumden. Auch der Anwalt des Architekten und Parteifreunds Deutschmann sagte dem STANDARD im Mai, die Behauptungen seien "frei erfunden" und dienten "ausschließlich dazu", Kunasek und Deutschmann "übel nachzureden".

Die Rechnungen der Bauprojekte wollte man nicht vorlegen. Doch das wird man jetzt möglicherweise tun müssen. Denn wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt dem STANDARD am Freitag sagte, sei das Auslieferungsansuchen an den Landtag schon am 2. Juni verschickt worden, weil ermittelt werden soll, ob "Kosten, die er privat hätte tragen sollen, über die Konten der FPÖ Steiermark verrechnet worden sind".

FPÖ überrascht

Seitens der FPÖ Steiermark reagierte Klubobmannstellvertreter Stefan Hermann auf Nachfrage des STANDARD überrascht: "Ich weiß davon noch nichts." Die anderen Fraktionen im Landtag, also ÖVP, SPÖ, Grüne, KPÖ und Neos, rieten Kunasek beim ersten Auslieferungsansuchen der Staatsanwaltschaft, sich den Ermittlungen zu stellen, was er schließlich auch tat. Er stimmte seiner Auslieferung im Frühling selbst zu. Prinzipiell ist man bei der Auslieferung von Mandataren zurückhaltend, wenn sie etwa wegen einer Äußerung in Zusammenhang mit ihrer Funktion als Abgeordnete strafrechtlich verfolgt werden.

Im Fall der Finanzcausa stimmte Kunasek seiner Auslieferung zuletzt selbst zu. Eine etwaige Verbindung zwischen der mutmaßlichen Finanzierung des privaten Hausbaus und dem Mandat herzustellen dürfte schwierig sein.

DER STANDARD fragte am Freitag bei den Klubs nach. "Es ist inakzeptabel, dass politische Vertreter unter dem Verdacht stehen, Steuergelder zu veruntreuen, und sich möglicherweise der Strafverfolgung entziehen. Wir fordern Mario Kunasek auf, Verantwortung zu übernehmen und sich selbst auszuliefern! Über das weitere Vorgehen seitens der Koalition wird entschieden, wenn uns der Auslieferungsantrag mit den konkreten Vorwürfen vorliegt und Mario Kunasek sich nicht freiwillig ausliefert", so Hannes Schwarz, Klubchef der SPÖ im Landtag.

Die Klubchefin der KPÖ, Claudia Klimt-Weithaler, sagte: "Wir erwarten von Mario Kunasek, dass er erneut der Aufhebung seiner Immunität zustimmt und vollumfänglich zur Aufklärung der schweren im Raum stehenden Vorwürfe beiträgt. Alles andere würde nur ein noch schieferes Licht auf die FPÖ und ihren mutmaßlichen Umgang mit Steuergeldern werfen." 

Seitens der Grünen hieß es: "Wir gehen davon aus, dass Kunasek sich auch hier an der Aufklärung des Sachverhaltes beteiligen und selbst für die Aufhebung seiner Immunität eintreten wird. Wir werden jedenfalls dafür stimmen, wenn es so weit ist."

Neos-Klubobmann Niko Swatek kündigte in einer schriftlichen Stellungnahme am Freitagabend an, dass die Neos dem Ansuchen der Staatsanwaltschaft folgen und für die Auslieferung Kunaseks stimmen wollen. "Die FPÖ-Finanzskandale zeichnen ein erschütterndes Bild über den Umgang mit Steuergeldern in der Steiermark. Die Immunität Kunaseks darf einer lückenlosen Aufklärung nicht im Wege stehen", so Swatek.

Der Sprecher der ÖVP war am Freitag nicht erreichbar.

Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung. (Colette M. Schmidt, 9.6.2023)