Es ist nicht von der Hand zu weisen: Das Volksbegehren boomt. Satte 32 Initiativen lagen seit dem vergangenen Jahr in den österreichischen Gemeindeämtern auf. Das entspricht mehr als einem Drittel aller 89 in der Zweiten Republik durchgeführten Volksbegehren. Die Flut an Volksbegehren liegt laut Expertinnen und Experten an Erleichterungen im Jahr 2018: Seit fünf Jahren ist es möglich, Initiativen online oder auf jedem Gemeindeamt, unabhängig vom Hauptwohnsitz, zu unterstützen.

In den letzten zwei Jahren gab es besonders viele Volksbegehren.
Der Standard/ Fatih Aydogdu

Anders als noch vor Jahrzehnten, als das direktdemokratische Instrument regelmäßig von politischen Parteien genutzt wurde, sind es nun großteils Privatpersonen, die diese Initiativen einleiten. Trotz der vielfältigen Themen, die unterstützt werden können, tauchen aktuell immer wieder dieselben Namen als Bevollmächtigte auf. Wer sind die Personen hinter den Initiativen?

Neun Volksbegehren von einer Initiative

Besonders in der jüngeren Vergangenheit wurden viele Volksbegehren von der "Initiative Gemeinsam Entscheiden" (IGE) ins Leben gerufen. Insgesamt waren es acht, die die nötigen 100.00 Unterschriften sammeln konnten. Auch in der aktuellen Eintragungswoche ist die IGE mit einem Volksbegehren vertreten, in dem ein klares Bekenntnis zur Neutralität gefordert wird. Sie sieht sich als losen Zusammenschluss, zu dem auch der "Datenschutzanwalt" Marcus Hohenecker zählt. Dieser wurde aufgrund des Verdachts auf Betrug wegen einer Abmahnwelle gegen Unternehmen, die Google-Schriften verwenden, medial bekannt.

Oft startet die IGE zu einem Thema gleich zwei Volksbegehren, jeweils mit einem Pro und einem Kontra. So ließ die IGE etwa zur Impfpflicht, zu den GIS-Gebühren oder zum EU-Austritt "abstimmen". Laut Werner Bolek, ebenfalls ein Vertreter der Initiative, hat die IGE vor einigen Jahren die Gründung einer Partei in Erwägung gezogen. Schlussendlich habe man aber davon abgesehen und als politische Aktivität die Initiierung von Volksbegehren vorgezogen.

Eine Schachtel mit Flyer während eines Medientermins mit Vertretern des Rechtsstaat- und Anti-Korruptionsvolksbegehrens.
Das Antikorruptionsvolksbegehren war eine der vielen Initiativen, die in der jüngsten Vergangenheit unterstützt werden konnten.
APA/Georg Hochmuth

Kritik an "Geschäftsmodell"

Kritikerinnen und Kritiker blicken skeptisch auf die aktuelle Welle an Volksbegehren. Sie sehen eine Art Geschäftsmodell dahinter: Mit den direktdemokratischen Initiativen lasse sich gutes Geld machen, so das Argument. Denn den Initiatorinnen und Initiatoren steht laut Gesetz eine fünffache Kostenrückerstattung der eingebrachten Gebühren von 3.400 Euro pro Volksbegehren zu, sofern es die Grenze von 100.000 Unterschriften überschritten hat. Macht also rund 17.000 Euro. Mittlerweile befindet sich ein eigenes Volksbegehren in der Unterstützungsphase, das die Kostenrückerstattung aus dem Gesetz streichen will.

Diese Kritik weist Bolek im Gespräch mit dem STANDARD strikt zurück: "Ein Volksbegehren ist kein garantierter Lottosechser. Da steckt viel Arbeit dahinter, und das Geld wird für weitere Initiativen verwendet." Um derartigen Mutmaßungen entgegenzutreten, fordert die Initiative rund um Bolek selbst eine Anpassung des Volksbegehren-Gesetzes. Sie sei dafür, dass nur die Gebühr – also jener Betrag, der tatsächlich eingezahlt wird – rückerstattet werde, sagt Bolek.

Auch Lukas Papula ist bereits mehrmaliger Initiator eines Volksbegehrens – aktuell sammelt er Unterstützungen gegen Lebensmittelverschwendung und für die Live-Übertragung von Untersuchungsausschüssen. Er selbst wirkte vor einigen Jahren als Referent für die SPÖ in einem Untersuchungsausschuss mit und will nun mit seinem Volksbegehren mehr Transparenz erwirken. Die Initiative gegen die Lebensmittelverschwendung brachte Papula gemeinsam mit dem Verein "Mut", der sich für die Rettung von Lebensmitteln einsetzt, auf den Weg. Von einem Geschäftsmodell will Papula nichts wissen: Er selbst habe zu jedem Thema ein persönliches Anliegen und wolle dies dementsprechend unterstützen, sagt er zum STANDARD.

Waldhäusl mit eigener Initiative

Nicht nur Privatpersonen, sondern auch zwei FPÖ-Politiker sind in der aktuellen Eintragungswoche vertreten. Die Initiative "Verbot für Kinder-Instagram" stammt vom Salzburger Freiheitlichen Eduard Egger. Die Forderung "Asylstraftäter sofort abschieben" wurde vom blauen Zweiten Landtagspräsidenten in Niederösterreich, Gottfried Waldhäusl, initiiert. Dieser ist als Hardliner in der Asylpolitik bekannt und leitete das Volksbegehren noch in seiner Zeit als Asyllandesrat ein.

Auch eine weitere Partei ist in der aktuellen Eintragungswoche vertreten. Der Vorschlag, Sparbücher vom Staat subventionieren zu lassen, stammt von "5 Sterne für Österreich" – einer angemeldeten Partei, die noch nie bei einer Wahl angetreten ist. Ein Ex-Politiker findet sich ebenfalls unter den aktuellen Initiatoren. Der ehemalige Nationalratsabgeordnete für das Team Stronach, Leopold Steinbichler, sammelt Unterschriften für eine Herkunftsbezeichnung bei Lebensmitteln. (Max Stepan, 21.6.2023)