Der Verein der Chefredakteur:innen und der Presseclub Concordia kritisieren das Vorgehen der Kärntner Staatsanwaltschaft gegen den Journalisten Franz Miklautz. Diese hatte Ermittlungen wegen des "Beitrags zu Verletzung des Amtsgeheimnis und Verletzung des Datenschutzgesetzes" aufgenommen sowie Miklautz' Computer und Handy sichergestellt. Die Journalistenorganisationen sehen einen "Anschlag auf die Pressefreiheit". Das Justizministerium hat bereits einen Bericht angefordert.

Miklautz hatte über Misswirtschaft rund ums Klagenfurter Rathaus berichtet und dabei aus geheimen Unterlagen zitiert. Das Vorgehen der Justiz sei ein frontaler Angriff auf das Redaktionsgeheimnis, rote Linien würden hier überschritten, teilten der Verein der Chefredakteur:innen und der Presseclub Concordia mit. Von Justizministerin Alma Zadic fordern die Journalistenorganisationen eine rasche Prüfung der Causa. Die Journalistenvertreter wiesen im Zusammenhang mit der Causa auch auf die Dringlichkeit eines Informationsfreiheitsgesetzes hin.

Dringender Berichtsauftrag

Aus Zadic' Büro hieß es auf APA-Anfrage, dass man einen dringenden Berichtsauftrag an die Staatsanwaltschaft erteilt habe. Auf dessen Basis würden dann weitere Schritte gesetzt. Die Datenträger und ihr Inhalt seien versiegelt worden und würden nun gerichtlich verwahrt, eine Auswertung sei bis zu einer gerichtlichen Überprüfung nicht möglich.

Die Pressefreiheit sei ein "unumstößliches Grundprinzip unserer demokratischen Ordnung", betonte man weiters. "Sie stellt sicher, dass Journalistinnen und Journalisten frei arbeiten können und ihre Quellen geschützt werden. Das ist in einer Demokratie unerlässlich, damit Medien ihre Kontrollfunktion als vierte Gewalt im Staat und als Public Watchdogs ausüben können." Es sei Aufgabe aller Institutionen in einem Rechtsstaat dafür zu sorgen, dass Journalistinnen und Journalisten diese Funktion ausüben können. Daher gebe es auch besondere rechtliche Bestimmungen wie etwa das Redaktionsgeheimnis und die Pressefreiheit. "Diese Bestimmungen müssen von den Staatsanwaltschaften in jedem Fall geachtet und die Pressefreiheit geschützt werden."

Reporter ohne Grenzen übt massive Kritik

Massive Kritik äußerte die internationale Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF), die jährlich einen Pressefreiheitsindex herausgibt. Die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft Klagenfurt sei ein „schwerer Angriff auf die Pressefreiheit", so RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell in einer Aussendung. Sie ignoriere, "dass das Redaktionsgeheimnis ein zentraler Schutz des Journalismus ist und dass Whistleblower so von Journalist:Innen geschützt werden. Über das Strafrecht diesen Schutz der journalistischen Arbeit auszuhebeln wird das Höchstgericht wahrscheinlich verwehren, aber es ist sehr bedenklich, dass diese Vorgehensweise gegen den Aufdecker überhaupt gewählt wurde”. 

Übt massive Kritik: RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell.
Foto: Regine Hendrich

"Einem Journalisten Laptop und Mobiltelefon wegzunehmen kommt einer Existenzvernichtung gleich", kritisierte auch das neue RSF-Vorstandsmitglied Susanne Scholl. Hausjell konstatierte zudem: "Die Causa schreit förmlich nach einer umgehenden Einführung eines weitreichenden Informationsfreiheitsgesetzes und damit endlich das Ende des Amtsgeheimnisses. Österreich ist hier seit Jahren säumig."

Seitens der Journalist:innengewerkschaft in der GPA erklärte Vorsitzender Eike-Clemens Kullmann: „Dieser ungeheuerliche Angriff auf die Pressefreiheit sowie das Redaktionsgeheimnis zeigt erneut die Dringlichkeit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses in Österreich auf."

Ermittlungen in Blog öffentlich gemacht

Miklautz hatte die Ermittlungen am Dienstag selbst auf seinem Nachrichten-Blog öffentlich gemacht: "Da die von mir geschriebenen Storys vollinhaltlich stimmen und man mich medienrechtlich nicht belangen kann, versucht es die Gegenseite nun mit dem Strafrecht." Der Kärntner war in den vergangenen Monaten immer wieder mit Recherchen rund um den Klagenfurter Flughafen und das Klagenfurter Rathaus aufgefallen. Im konkreten Fall geht es um seine Veröffentlichungen rund um Überstunden, Provisionen und Nebentätigkeiten im Klagenfurter Rathaus.

Große Aufregung herrscht auch in Kärnten. In sozialen Medien gab es zahlreiche Solidaritätsbekundungen von Journalisten anderer Medien. Kritik kam auch aus der Politik. Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) gab zwar selbst kein Statement ab, sein Pressesprecher Andreas Schäfermeier erklärte aber gegenüber der APA, dass die Pressefreiheit ein hohes Gut sei. "Es ist zu hoffen und zu erwarten, dass die Staatsanwaltschaft sich der Bedeutung der Pressefreiheit sehr genau bewusst ist und die entsprechende Sensibilität walten lässt. Jedenfalls ist das öffentliche Scheinwerferlicht sehr genau auf die Staatsanwaltschaft gerichtet", so der Sprecher des Landeshauptmanns.

Kritik gab es auch von den Parlamentsparteien: SPÖ-Klubobmann Philip Kucher forderte Zadic in einer Aussendung auf, möglichst schnell sicherzustellen, dass die beschlagnahmten Geräte zurückgegeben werden und darüber hinaus dafür zu sorgen, dass so etwas nicht mehr vorkommen kann. FPÖ-Nationalratsabgeordneter Christian Ragger kündigte eine parlamentarische Anfrage an, der stellvertretende Neos-Klubobmann Nikolaus Scherak forderte eine unabhängige und vom Parlament mitbestellte Bundesstaatsanwaltschaft sowie den Beschluss eines Informationsfreiheitsgesetzes.

Der ehemalige Staatsanwalt Gerhard Jarosch sagte über den Vorwurf der Tatbeteiligung im Ö1-"Mittagsjournal": "Das verwundert alle. Das hat es so noch nicht gegeben in Österreich, dass deswegen ein Journalist verfolgt wurde." Der Linzer Strafrechtsexperte Alois Birklbauer zur Einstufung als Beitragstäter ebenfalls im Ö1-Mittagsjournal: "Das könnte den Investigativjournalismus zu Tode bringen. (....) Ich bin schockiert über diese Einstufung." Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker erklärte: "Mir ist es wichtig, dass der Staat gut funktioniert. Das bedeutet auch: Die Schutzfunktion für die Pressefreiheit besonders beachten." "Das muss genau untersucht und aufgeklärt werden", forderte auch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. (APA, red, 21.6.2023)