Der Lindwurm im Zentrum Klagenfurts.
Die Klagenfurter Staatsanwaltschaft ließ Daten eines Journalisten sicherstellen.
APA/HELMUT FOHRINGER

Die harte Vorgangsweise der Klagenfurter Staatsanwaltschaft gegen den Investigativjournalisten Franz Miklautz ruft in Politik, Medien und Zivilgesellschaft empörte Reaktionen hervor. Journalistenorganisationen sehen in dem Vorgehen einen "Anschlag auf die Pressefreiheit". Das Büro des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser (SPÖ) mahnte bei der Behörde ein, die Pressefreiheit zu berücksichtigen.

Miklautz hatte im "Kärntner Monat" über den Klagenfurter Magistratsdirektor Peter Jost berichtet, der im Jahr 2022 ganze 800 Einheiten an Überstunden angesammelt hatte, die einen Gegenwert von 66.000 Euro darstellten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm nun "Beitrag zur Verletzung des Amtsgeheimnisses" vor und hat sein Handy und seinen Laptop sichergestellt.

Frage: Was versteht man unter dem Bruch des Amtsgeheimnisses?

Antwort: Das Amtsgeheimnis hat in der österreichischen Rechtsordnung nach wie vor einen hohen Stellenwert, was Fachleute immer wieder scharf kritisieren. Im Strafgesetzbuch gibt es einen eigenen Tatbestand, der die Verletzung des Amtsgeheimnisses verbietet. Beamte, die "Geheimnisse offenbaren oder verwerten" und damit ein "öffentliches oder ein berechtigtes privates Interesse" verletzen, können mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe belangt werden.

Frage: Journalistinnen und Journalisten sind keine Beamte, warum können sie sich dennoch strafbar machen?

Antwort: Theoretisch können Journalistinnen und Journalisten einen sogenannten Tatbeitrag leisten und sich dadurch strafbar machen. Das wird im aktuellen Fall auch Franz Miklautz vorgeworfen. Nicht strafbar wäre es für einen Journalisten, wenn er die Daten einfach geschickt bekommt und danach veröffentlicht, erklärt Rechtsanwalt Alexander Stücklberger. Die eigentliche Tat ist nämlich durch die Übermittlung der Daten bereits abgeschlossen; ein Beitrag daran ist nicht mehr möglich.

Denkbar wäre aber, dass ein Journalist Beamte schon vor der Veröffentlichung dazu anstiftet, Daten herauszugeben, oder sie dabei unterstützt, die Daten zu übermitteln. Fraglich ist also, was vor der Weitergabe der Daten an den Journalisten passiert ist. Auch im aktuellen Fall könnte das entscheidend sein, vermutet Stücklberger. Laut der Sicherstellungsanordnung hat Miklautz an drei Terminen zwischen Dezember 2022 und Februar 2023 Daten zugespielt bekommen. Offenbar versucht die Staatsanwaltschaft zu argumentieren, dass Miklautz laufenden Kontakt mit den Beamten hatte und sie so zu der Tat motivierte.

Frage: Aber was ist mit der Pressefreiheit? Rechtfertigt die nicht die Preisgabe von Informationen?

Antwort: Die Pressefreiheit hat als Grundrecht einen enormen Stellenwert. Sie rechtfertigt zwar nicht per se eine Verletzung des Amtsgeheimnisses, "ausnahmsweise kann aber die Preisgabe amtsgeheimer Informationen durch einen Beamten einen so wichtigen Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse leisten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung einer Sanktionierung der Verletzung des Amtsgeheimnisses entgegensteht", heißt es im renommierten "Wiener Kommentar" zum Strafgesetzbuch.

Das ist etwa dann der Fall, wenn es darum geht, Missstände offenzulegen. Ist die Information als "Beitrag einer Debatte von allgemeinem Interesse", muss eine sogenannte Güterabwägung stattfinden: Was zählt im Einzelfall mehr? Das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung der Information und das Datenschutzrecht der betroffenen Person? Oder die Information der Öffentlichkeit?

Im aktuellen Fall könnte die Veröffentlichung der internen Informationen durch das öffentliche Interesse gerechtfertigt sein, sagt Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes dem STANDARD. Die Juristin geht sogar noch einen Schritt weiter: Ihrer Ansicht nach handelt es sich bei den veröffentlichten Informationen nicht um Amtsgeheimnisse. Im Gesetz seien Amtsgeheimnisse nämlich eng definiert, auch wenn die Praxis oft anders aussehe. Laut Zerbes wäre eine Strafbarkeit schon aus diesem Grund ausgeschlossen.

Frage: Miklautz wird im aktuellen Fall auch ein Vergehen nach dem Datenschutzgesetz vorgeworfen. Worum geht es dabei?

Antwort: Auch im Datenschutzgesetz gibt es Strafbestimmungen. Verboten ist es demnach, geheime Daten zu veröffentlichen, um damit Gewinn zu erzielen oder jemand anderen zu schädigen. Theoretisch ist dabei ebenfalls ein strafrechtlicher "Beitrag" von Journalisten denkbar. Beschuldigte könnten aber damit argumentieren, dass es das Ziel der Veröffentlichung ist, Missstände aufzudecken und sie nicht die Absicht haben, Gewinn zu erzielen oder jemanden zu schädigen.

Frage: Können Daten eines Journalisten einfach so beschlagnahmt werden? Wird damit nicht das Redaktionsgeheimnis verletzt?

Antwort: Das Redaktionsgeheimnis schützt Journalisten und ihre Quellen und hat in der Demokratie einen enormen Stellenwert. Sicherstellungen bei Journalistinnen und Journalisten sind deshalb nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Betroffene können der Sicherstellung widersprechen und sich an das Gericht wenden. Dort wird entschieden, ob die Maßnahme ausnahmsweise zulässig ist. Bis dahin müssen die sichergestellten Datenträger und ihr Inhalt versiegelt bleiben. Ist die Auswertung der Daten erlaubt, muss das Gericht zudem garantieren, dass nur jene Infos ausgewertet werden, die für das Strafverfahren unbedingt erforderlich sind. Das Justizministerium hat mittlerweile angekündigt, die Vorgänge zu prüfen. (Jakob Pflügl, 21.6.2023)