Einem Viertel der Menschen in Österreich muss sich der ORF in Zukunft besonders widmen, wenn ab 2024 alle laut neuem ORF-Gesetz einen ORF-Beitrag zahlen sollen: 25 Prozent der Menschen finden es "eher nicht" oder "überhaupt nicht" wichtig, dass es öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, sagt eine ORF-Umfrage aus dem März. Was das Publikum vom ORF für seinen Beitrag erwartet, zeigt eine Umfrage im Auftrag des ORF-Publikumsrats über die Einschätzung der vielen gesetzlichen Aufträge an den ORF.

25 Prozent finden öffentlich-rechtlichen Rundfunk unwichtig, referierte ORF-Chef Roland Weißmann im Publikumsrat.
25 Prozent finden öffentlich-rechtlichen Rundfunk unwichtig, referierte ORF-Chef Roland Weißmann im Publikumsrat.
APA / Eva Manhart

"Angebot für alle Altersgruppen"

Das Sora-Institut fragte schon 2022 eine Vielzahl von öffentlich-rechtlichen Aufträgen an den ORF aus dem ORF-Gesetz ab – nur für die Erfüllung dieser gesetzlichen Aufträge darf der ORF auch öffentliche Mittel aus GIS oder künftig ORF-Beitrag einsetzen.

"Für wie wichtig halten Sie die folgenden öffentlichen Aufgaben auf einer Skala von 1 bis 5?", wollte Sora von 1.005 Befragten im Herbst 2022 wissen – 1 stand für "sehr wichtig", 5 für "überhaupt nicht wichtig".

Ganz oben in der Liste steht für die Befragten unter den öffentlichen Aufträgen an den ORF ein "Angebot für alle Altersgruppen". Gleich dahinter stehen die Themen Bildung, Gesundheit sowie Umweltschutz, Naturschutz, Konsumentenschutz und Nachhaltigkeit (die sind in einem Punkt des ORF-Auftrags kombiniert).

ORF Öffentlicher Auftrag Interessen Umfrage Sora

Zum Programm für alle Altersgruppen verwies ORF-General Roland Weißmann auf das neue ORF-Gesetz, das dem öffentlich-rechtlichen Medienkonzern mehr "digitalen Bewegungsspielraum" eröffne, insbesondere im Streaming und auf Social Media. Damit könne der ORF junges Publikum "künftig noch viel besser erreichen". 

Weißmann betonte im Publikumsrat, "Social Media bleibt Auftrag des ORF", ein Verbot sei "abgewendet". In einer Übersicht des künftigen ORF-Angebots nach dem neuen ORF-Gesetz, das Anfang Juli beschlossen werden soll, stand etwa "Young Audience Content für Drittplattformen". Weißmann verwies auf rund eine Million Follower der "ZiB Instagram", davon nach seinen Worten zwei Drittel unter 24, sowie mehr als 415.000 Follower der "ZiB Tiktok".

"Erst muss das ORF-Gesetz beschlossen werden", erinnerte der ORF-Generaldirektor seine Publikumsrätinnen und -räte. Das planen ÖVP und Grüne für Anfang Juli im Plenum des Nationalrats. Private Medien und Medienverbände haben Beschwerden an die EU-Kommission über das Gesetz und Wettbewerbsverzerrung durch den ORF-Beitrag angekündigt. Die EU-Kommission müsse den ORF-Beitrag und neue, zusätzliche Zuschüsse an den ORF aus dem Bundesbudget in einem Notifizierungsverfahren genau prüfen, fordern sie. 

Weißmann räumte auf Anfragen aus dem Publikumsrat ein, das neue ORF-Gesetz "muss auch noch zur EU".

Höchstrichter zu Politeinfluss nach dem Sommer

Das geltende ORF-Gesetz liegt derzeit zur Prüfung beim Verfassungsgerichtshof – hier geht es um die von der anstehenden Novelle nicht veränderte Zusammensetzung der ORF-Gremien und den Politikeinfluss darauf. Hier rechnet Josef Lusser, Leiter des ORF-Gremienbüros, nicht mehr mit einer Entscheidung des Höchstgerichts in der laufenden Juni-Session, sondern "frühestens nach der Sommerpause".

Im Publikumsrat beschäftigte man sich am Donnerstag mit einem Thema im Mittelfeld der Umfrage – der Wirtschaftsberichterstattung im ORF. 

Kommende Woche sollen die Programmdirektorinnen Stefanie Groiss-Horowitz und Ingrid Thurnher intern über weitere multimediale Zusammenarbeit von Ressorts informieren. Nach dem Newsroom – der auch noch auf eine neue, multimediale Führungsstruktur und Führung wartet – dürfte die Wissenschaft die nächste multimediale Etappe sein. (fid, 22.6.2023)