Der Kreuzfahrttourismus ist auf dem Weg zurück in die Erfolgsspur: Rund 4,8 Millionen Menschen haben in diesem Jahr bisher eine Kreuzfahrt gemacht. Noch sind die Zahlen von vor der Pandemie nicht erreicht (2019 waren es insgesamt 30 Millionen Passagiere), dennoch warnt der europäische Verband "Transport and Environment" in einer neuen Studie vor den Umweltschäden, die die Riesenschiffe verursachen. Diese seien sogar höher als jene vor 2019.

Der Studie zufolge sei die Anzahl der Kreuzfahrtschiffe in den Häfen und ihr Treibstoffverbrauch um bis zu 24 Prozent im Vergleich zu 2019 angestiegen. Was verheerende Auswirkungen auf die Luftqualität der Hafenstädte habe.

Seitdem Venedig großen Kreuzfahrtschiffen die Einfahrt verwehrt, ist die Luftverschmutzung dort um 80 Prozent gesunken. (Symbolfoto)
Seitdem Venedig großen Kreuzfahrtschiffen die Einfahrt verwehrt, ist die Luftverschmutzung dort um 80 Prozent gesunken. (Symbolfoto)
IMAGO/penofoto/Petra Nowack

Um die Belastung durch die Kreuzfahrtschiffe aufzuzeigen, ziehen die Studienautorinnen und -autoren einen Vergleich mit dem Abgasausstoß von Autos. So zeigt die Analyse, dass in Bezug auf Schwefeloxide im Jahr 2022 die Kreuzfahrtschiffe 4,4-mal mehr ausgestoßen hatten als alle Autos auf dem europäischen Kontinent zusammen. Die Belastung sei dabei vor allem auf eine Reederei zurückzuführen: MSC Cruises. Die 19 Schiffe des Kreuzfahrtunternehmens würden fast so viel Schwefel ausstoßen wie 291 Millionen Autos in Europa. Auf Platz zwei und drei befinden sich die Reedereien Costa Cruises und Royal Caribbean Cruises.

Stärker belastet 

Besonders dramatisch ist die Luftverschmutzung in jenen Städten in Europa, in denen Kreuzfahrtschiffe nahezu täglich ankern, wie aus der aktuellen Studie, die ein Update der Untersuchung "One Corporation to Pollute Them All" aus dem Jahr 2019 ist, hervorgeht. Betroffen sind vor allem Mittelmeerstädte. Auf Platz eins landet Barcelona, gefolgt von Civitavecchia, einem Küstenhafen nordwestlich von Rom. Platz drei ging an den Hafen von Piräus in Athen. Es folgen Palma de Mallorca und Lissabon. Die portugiesische Hauptstadt, stellt man bei Transport and Environment fest, sei bereits stärker belastet als vor der Pandemie. Gleiches gilt für Bergen.

Dramatisch ist die Veränderung von Hamburg im Ranking: Lag die deutsche Hafenstadt vor vier Jahren noch auf Platz 17, findet sie sich inzwischen auf Rang sechs. Die Plätze sieben bis zehn belegen Southampton, Mykonos, Thira und Funchal.

Hartes Durchgreifen

Hoffnung macht das Beispiel Venedig. Noch 2019 war die Lagunenstadt der am stärksten verschmutzte Kreuzfahrthafen Europas. Seit August 2021 dürfen dort keine Schiffe über 25 Tonnen einlaufen. Eine Folge: Die Luftqualität hat sich deutlich verbessert. Das Beispiel zeigt, dass ein hartes Durchgreifen Früchte zeigt. Andere könnten bald nachziehen, berichtet Euronews. Barcelona etwa, wo in der Hochsaison bis zu 200.000 Menschen pro Monat von Bord gehen.

Der Bürgermeister von Marseille, Frankreichs größtem Kreuzfahrthafen, hat sich ebenfalls gegen die Branche ausgesprochen und behauptet, sie würde die Stadt mit Luftverschmutzung "ersticken". Auch Amsterdam, Santorini und Dubrovnik haben die Beschränkungen für Kreuzfahrtunternehmen verschärft. Dieses Phänomen ist jedoch nicht auf Europa beschränkt. Häfen auf der ganzen Welt beschließen, dem Treiben Einhalt zu gebieten.

Klares Signal

In der Monterey Bay in Kalifornien verkehren seit der Pandemie nur noch wenige oder gar keine Schiffe mehr. Früher waren es etwa sieben bis zwölf pro Jahr, und auch in diesem Jahr sollten wieder mehrere Betreiber kommen. Doch im Februar sandte die Stadt ein klares Signal an die Kreuzfahrtgesellschaften: Monterey hat die Abfertigung an den Anlegestellen für Passagiere gestrichen, was bedeutet, dass die Kreuzfahrtunternehmen selbst Personal einstellen müssen, um die Passagiere am Hafen der Stadt abzufertigen. "Ich hoffe, dass dieser Schritt der Kreuzfahrtindustrie signalisiert, dass sie in unserer Stadt nicht mehr willkommen ist", schrieb Montereys Stadtmanager Hans Uslar in einem Bericht an den Stadtrat. 

Furcht um Lebensqualität

Im November 2021 wiederum beschloss Bar Harbor im US-Bundesstaat Maine, die Zahl der Touristen, die von den Schiffen aussteigen dürfen, stark zu begrenzen. Ab 2024 dürfen nur noch 1.000 Passagiere und Besatzungsmitglieder pro Tag anreisen. Die durchschnittliche Zahl der Kreuzfahrtgäste liegt derzeit bei etwa 3.000, was für die Betreiber, die in der Stadt anlegen wollen, einen schweren Schlag bedeutet. Die Begrenzung erfolgte nach einer Petition der Anwohnerinnen und Anwohner, die sich vom Kreuzfahrtverkehr "überrollt" fühlten, wie Euronews berichtet.

Diese Entwicklung ist nicht überraschend: Eine Umfrage aus dem Jahr 2021 ergab, dass die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwohner von Bar Harbour mit den riesigen Schiffen unzufrieden ist. Mehr als 50 Prozent der Befragten gaben an, dass der Kreuzfahrttourismus für Bar Harbour eher negativ als positiv ist. 53 Prozent gaben an, dass ihre Lebensqualität durch den Kreuzfahrttourismus beeinträchtigt werde. (max, 27.6.2023)

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