Die meisten Meteore verglühen als Sternschnuppen, wie hier in einer Computergrafik dargestellt. Größere Brocken schaffen es aber immer wieder bis an die Oberfläche.
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Einen Meteoriten zu entdecken ist meist ein außerordentlicher Glücksfall. Es handelt sich in der Regel um Brocken, die vor langer Zeit niedergegangen sind.

Doch ab und zu gelingt es, Meteoriten zu finden, deren Fall gerade erst beobachtet wurde, so etwa 2021 im steirischen Bezirk Kindberg. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist äußerst gering, doch dank besserer wissenschaftlicher Methoden gelingt das zuletzt immer öfter.

Als am Montag um 22.45 Uhr über dem Süden Deutschlands eine spektakuläre Feuerkugel zu sehen war, meldeten sich über 500 Personen, die das Phänomen beobachtet hatten. Das erlaubt der Wissenschaft, die Bahn zu rekonstruieren. Auch über Österreich sei der Meteor zu sehen gewesen, hierzulande seien aber bisher nur wenige Meldungen über Beobachtungen eingegangen, berichtet der Kurator der Meteoritensammlung des Naturhistorischen Museums, Ludovic Ferrière. Er ruft deshalb Menschen in Österreich dazu auf, ihre eigenen Beobachtungen zu melden.

Kameras auf dem Dach des NHM

Ferrière verweist in dem Zusammenhang auf ein einfach auszufüllendes Onlineformular, mit dem Menschen, die ein mögliches Feuerkugel-Ereignis beobachtet oder gar gefilmt haben, ihre Sichtungen und persönlichen Eindrücke schildern können. Bei dem Ereignis vom Montag handelte es sich laut ersten Angaben des "AllSky7"-Netzwerks um eine "sehr helle Feuerkugel". Sie konnte auch am Dach des Museums festgehalten werden.

Der Forscher vom Naturhistorischen Museum Wien war bereits in einige Bergungen von Meteoriten involviert und hat spezialisierte Meteorkameras installiert, die in das "AllSky7"-Netz eingebunden ist. Dahinter verbirgt sich ein europaweiter Verbund, der sich dem Sammeln von Informationen zu aktuellen Feuerkugelsichtungen verschrieben hat. Zwei solcher Meteorkameras sind bereits auf dem Dach des Naturhistorischen Museums angebracht, weitere aus dem "Fripon-Austria-Netzwerk" werden bald in ganz Österreich installiert. Je mehr Sichtungen an die Experten gemeldet werden, desto präziser können Rückschlüsse auf Flugbahn, Geschwindigkeit, Größe, Beschaffenheit und letztlich mögliche Einschlagsstellen gezogen werden.

Auf Basis der Videos arbeiten Fachleute momentan daran, die Flugbahn des außerirdischen Brockens zu berechnen, wie Ferrière erklärt. Am Astronomischen Instituts der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik konnte man das Ereignis mittlerweile grob aufarbeiten: Demnach hatte der Meteorit beim Eintritt in die Atmosphäre einen geschätzten Durchmesser von 70 bis 80 Zentimeter und ein Gewicht von rund 260 Kilogramm. Sichtbar wurde die Feuerkugel ab einer Höhe von rund 100 Kilometern über den süddeutschen Städten Ingolstadt und Regensburg.

Am 26. Juni 2023 um 22:45 erschien eine helle Feuerkugel über Süddeutschland.
AllSky7

Anfänglich hatte der Brocken eine Geschwindigkeit von rund 24 Kilometern pro Sekunde. Zu sehen war das rund sechssekündige Ereignis von Dänemark bis nach Mittelitalien. Laut Ferrière ist es aufgrund der bisherigen Informationen relativ unwahrscheinlich, dass Teile gefunden werden. Diese wären sehr klein und auch mit organisierten Suchkampagnen kaum zu identifizieren. Dennoch will man es versuchen.

Solche Bergungen sind insgesamt äußerst selten: Auf österreichischem Boden wurde zuletzt am 4. Juli 2021 ein 233 Gramm schweres Fragment eines Meteoriten in der Gemeinde Kindberg (Steiermark) geborgen. Beim nunmehr "Kindberg-Meteorit" genannten Ankömmling handelt es sich erst um den achten derartigen Fund in Österreich in den vergangenen 250 Jahren und den ersten seit 1977. Das Auffinden wurde durch die Zusammenarbeit von Forschern und interessierten Laien möglich. Die Feuerkugel im Zuge des Sturzes wurde am 19. November 2020 um 4.46 Uhr beobachtet.

Historische Bedeutung

Auch in der Antike hatten die Brocken aus dem All einen hohen Stellenwert und oft religiöse Bedeutung. Pharao Tutanchamun hatte als Beigabe ein Messer aus Meteoriteneisen mit in seinem Grab, zu einer Zeit, als die Ägypter Eisen noch nicht aus Erz herstellen konnten. Auch das zentrale islamische Heiligtum und Hauptziel des gerade zu Ende gegangenen Hadsch, die Kaaba, enthält einen Meteoriten.

Fachleuten wie Ferrière gelingt es aber immer wieder, neue Fragmente von gerade erst niedergegangenen Meteoriten aufzuspüren. Ferrière fand kürzlich in der Normandie in Nordfrankreich ein rund fünf Gramm schweres Fragment eines Meteoriten, dessen Absturz am 13. Februar 2023 beobachtet wurde. Er klassifizierte das Stück, das "Saint-Pierre-le-Viger"-Meteorit genannt wird, als "Gewöhnlichen Chondriten" und brachte es ins Naturhistorische Museum, wo es seit kurzem in der Meteoritensammlung zu sehen ist.

Nicht immer ist die Konfrontation mit einem neuen Meteoriten ein Glücksfall. Erst im April dieses Jahres traf ein Brocken von der Größe eines Tennisballs in Schleswig-Holstein in Norddeutschland ein Haus. Verletzt wurde zum Glück niemand. (red, APA, 30.6.2023)