Viktor Orban
Blockierte stundenlang den Abschluss der Beratungen: Ungarns Regierungschef Viktor Orbán beim EU-Gipfel.
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Der ungarische Ministerpräsident hat es schon wieder getan. Im Paarlauf mit seinem polnischen Kollegen blockierte Viktor Orbán beim jüngsten EU-Gipfel zunächst stundenlang jeden Beschluss zur Migrationspolitik. Er junktimierte Entscheidungen zu Finanzhilfen für die Ukraine, forderte die Auszahlung von Milliarden an EU-Geldern an Ungarn, die wegen EU-Grundrechtsverletzungen eingefroren sind.

Am Ende stellte sich heraus, dass es ihm und Mateusz Morawiecki nie darum gegangen war, die eine oder andere konstruktive Änderung einzubringen. Orbán ging es um Obstruktion. Er will wegen prinzipieller Verweigerung einer gemeinsamen geordneten Asyl- und Migrationspolitik rechtsgültige EU-Ratsbeschlüsse aushebeln. Der polnische Premier ist dabei nicht viel besser.

Man kennt diese Methode des gezielten Brechens von EU-Regeln und -Konventionen seit Jahren. Aber so unverschämt, unsauber und brutal wie diesmal hat es vor allem der Rechtspopulist aus Budapest selten getrieben – ganz unverblümt.

Was soll man von einem EU-Regierungschef halten, der die Gespräche beim Gipfel als "Krieg" bezeichnet, während er dort den echten verbrecherischen Krieg Wladimir Putins in der Ukraine kleinredet? Was bedeutet es, wenn Orbán mit Morawiecki den übrigen 25 Staats- und Regierungschefs erklärt, dass sie einen korrekten Mehrheitsbeschluss im EU-Innenministerrat nicht akzeptieren wollen, weil er ihnen nicht passt?

Die Antwort ist einfach. Wir haben es mit EU-Partnern zu tun, die bereit sind, die Union in die Luft zu sprengen. Das muss in aller Härte zurückgewiesen werden. Käme Orbán mit seinen Methoden durch, käme das einer Selbstaufgabe der EU gleich. Im Falle Ungarns heißt das: Die Auszahlung von EU-Geldern muss weiter eingefroren bleiben. Der systematische Erpresser in den eigenen Reihen muss gestoppt werden. (Thomas Mayer, 30.6.2023)