Fahrrad, Bike
Habip Beyazit führt den Laden Rad-Bike in der Leopoldstadt. Seit drei Jahrzehnten repariert er Räder, seit drei Jahren ist er selbstständig.
der Standard

"Es gibt eigentlich nichts, was mir mehr Spaß macht als die Beschäftigung mit Rädern. Zwanzig Jahre lang habe ich bei Intersport gearbeitet und dort auch Fahrräder repariert, dann war ich bei der IG Fahrrad im siebenten Bezirk tätig. Seit drei Jahren bin ich jetzt in der Heinestraße in der Leopoldstadt selbstständig. Was soll ich sagen? Das ist zwar manchmal viel Arbeit, aber es lohnt sich. Denn ich liebe technischen Spielereien – in einem Büro zu arbeiten, wäre für mich unvorstellbar.

Glücklicherweise ist das Interesse an Rädern über die Jahre hinweg enorm gestiegen, früher war eben nicht alles besser. Das hat viel damit zu tun, dass das Autofahren so teuer geworden ist. Viele sind aus Kostengründen aufs Fahrrad umgestiegen. Das Fahrrad hat viele Vorteile: Man verbraucht kein Benzin, man wird nebenbei sportlich und ist in der Stadt oft schneller unterwegs als mit dem Auto. Das bekomme ich nicht selten zu spüren. Ich muss auf dem Weg zur Arbeit oft Dinge transportieren und brauche manchmal morgens mit dem Wagen vom zehnten in den zweiten Bezirk eine Stunde für die Fahrt.

Die Hauptsaison beginnt für mich im Frühjahr, aber letztlich hängt die Nachfrage stark vom Wetter ab. Im vorletzten Winter lief es beispielsweise super. Trotz des gestiegenen Interesses am Fahrrad reparieren die Leute ihre Räder mittlerweile seltener selbst. Manche kaufen auch auf Onlineplattformen günstige Räder und unterschätzen die Reparaturkosten. Dann kostet die Reparatur plötzlich mehr als das Fahrrad. Die Kundschaft reagiert darauf sehr unterschiedlich: Was dem einen zu teuer ist, ist dem anderen wurscht.

Trekkingstadträder mit verschiedenen Rahmensystemen sind bei uns am gefragtesten. E-Bikes hingegen haben wir derzeit nur zwei, weil die Nachfrage danach nicht so hoch ist. Dasselbe gilt für Falträder. Probleme haben wir mit den Lieferungen. Was wir Mitte 2022 bestellt haben, kommt erst jetzt an. Von 25 bestellten Rädern stehen bislang erst zehn im Laden. Viele Hersteller nehmen keine neuen Kunden mehr auf, die Nachfrage ist riesig.

Wir haben viele Stammkunden, versuchen, schnell und sauber zu arbeiten. Die Aufträge arbeiten wir nach Dringlichkeit, nicht in der Reihenfolge, in der die Kunden kommen, ab. Am Samstag hilft mir mein Sohn, vor allem mit Administrativem. Dass die Leute Rad fahren, ist zu einem großen Teil auch dem Umweltbewusstsein zu verdanken, zum Thema gemacht wird das aber nicht.

Ob Wien eine Fahrradstadt ist? Sagen wir mal so: Die rot-grüne Stadtregierung hat viel für die Fahrradfahrer getan – da hat man sich offenbar einiges von Städten wie München abgeschaut. In den letzten Jahren scheint das nicht mehr der Fall zu sein. Wir dürfen leider auch keine Reparaturgutscheine annehmen, weil mein Unternehmen zu jung ist.

Was sich noch verändert hat? Zur Kundschaft sind Lieferanten für Lieferando oder andere Anbieter gekommen, die gab es früher nicht. Übrigens ist der Anteil an Frauen bei meiner Kundschaft groß, es scheinen in der Stadt überhaupt mehr Frauen Fahrrad zu fahren, in den Autos sitzen dagegen mehr Männer. Während es offenbar mehr autoverrückte Männer gibt, scheint mir das Verhältnis unter Fahrradfreaks, die viel Geld und Zeit in Mountainbikes oder Rennräder stecken, ausgeglichener zu sein. Ich schätze, fast die Hälfte davon sind Frauen.

Für uns als Familie hat das Fahrrad übrigens immer eine Rolle gespielt. Bei Urlauben in meiner Heimat Türkei beispielsweise habe ich meinen Kindern das Radfahren beigebracht. Wahrscheinlich begeistert sich mein Sohn deshalb noch heute für Räder. Dort spielt das Fahrrad aber kaum eine Rolle – am ehesten wahrscheinlich noch in den Studentenbezirken von Istanbul. Aber eher nicht in Hatay, wo meine Familie herkommt.“ (feld, 22.7.2023)

Rad-Bike, Habip Beyazit, Heinestraße 32, 1020 Wien/ Website