Panzer des Typs Leopard 1 in Fahrt nach dem Übersetzen über die Elbe während einer Übung der Panzergrenadierbrigade 38 der deutschen Bundeswehr.
Der Leopard 1 wird schon bald in der Ukraine im Einsatz sein. Zugunsten höherer Mobilität haben die Entwickelnden auf Panzerung verzichtet.
imago/Eckehard Schulz

Die erste Charge von mehreren Dutzend Leopard-1A5-Panzern wird in den kommenden Wochen an die Ukraine übergeben. Die aus Deutschland und Dänemark stammenden Panzer sind aber keine Wunderwaffen, und selbst ukrainische Quellen warnen davor, das westliche Gerät zu mystifizieren. Dabei hat man aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, wie der Einsatz des französischen AMX-10RC beweist.

Ein schneller kalter Krieger

Zunächst einmal sollte man sich darüber im Klaren sein, dass der Leopard 1A5 kein neuer Panzer ist und sehr wenig mit dem Leopard 2 zu tun hat. Der Leopard 1 wurde in den 1950er-Jahren entwickelt und 1965 bei der Bundeswehr in Dienst gestellt. Seine A5-Version wurde 1987 entwickelt. Die A5-Variante verfügte über einen verbesserten Schutz, Waffenstabilisierung, ein Wärmebildgerät und ein aktualisiertes Feuerleitsystem namens EMES 18. Dieses System ist eine vereinfachte Version des Leopard 2A4-Systems.

Wenn von Leopard 1 die Rede ist, werden oft die offensichtlichen Nachteile erwähnt, wie etwa die 105-Millimeter-Kanone Royal Ordnance L7A3. Ihre panzerbrechenden Fähigkeiten entsprechen zwar im Allgemeinen denen der 125-Millimeter-Kanonen sowjetischer Panzer mit 3BM42-"Mango"-APFSDS-Geschossen, die auf eine Entfernung von zwei Kilometern bis zu 450 bis 500 Millimeter durchschlagen können. Aufgrund ihres kleineren Kalibers hat die 105-Millimeter-Kanone jedoch eine geringere Sprengkraft bei hochexplosiven Splittergeschossen. Die Waffe als "ineffektiv" zu bezeichnen wäre aber nicht gerecht.

60 Sekunden CLASSIX | Der Kampfpanzer Leopard 1 | Bundeswehr
Der #Leopard 1 war der erste #Panzer, der nach dem Zweiten Weltkrieg in der Bundesrepublik entwickelt und produziert wurde.
Bundeswehr

Der entscheidende Nachteil des Leopard 1 liegt in seiner Panzerung. Dieser "Fehler" war in der Entwicklung des Panzers in den 50er-Jahren durchaus so gewollt, weil man von völlig anderen Voraussetzungen ausging. Ein Panzer ist immer ein Kompromiss aus Panzerschutz, Mobilität und Feuerkraft. Setzt man auf einen Punkt dieses Dreiecks, werden zwangsläufig die beiden anderen vernachlässigt. Beim Leopard war es anders herum: Die Erfahrungen aus dem Zweiten Weltkrieg und dem Koreakrieg hatten gezeigt, dass Panzerung ohnehin von modernen Abwehrwaffen durchschlagen wird, sei es durch Panzerfäuste der Infanterie oder panzerbrechende Geschosse, die von einem Kampffahrzeug abgefeuert werden.

Also setzte man beim Leopard 1 auf Mobilität statt Panzerschutz, denn ein sich schnell bewegendes Fahrzeug sollte umso schwerer zu treffen sein. Der neue Panzer sollte nur 30 Tonnen wiegen und damit leichter sein als etwa der sowjetische T-34-85 aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Entwickelnden bei Porsche konnten das Limit aber nicht einhalten, und am Ende stand ein Fahrzeug, das rund 42 Tonnen wog. Das Versprechen der Mobilität konnte der Leopard 1 aber erfüllen, und er erwies sich in Erprobungen schnell als deutlich wendiger und schneller als etwa die Konkurrenz aus Frankreich. 

Nur leichte Panzerung

Wie bereits angedeutet, musste dafür der Panzerschutz reduziert werden. So beträgt die Bugpanzerung nur rund 70 Millimeter bei einem Neigungswinkel von 30 Grad, was einer Stärke von rund 140 Millimetern entspricht. Die Seitenpanzerung ist mit 30 bis 35 Millimetern vergleichsweise dünn. Der Wannenboden sowie das Heck sind lediglich durch 20 bis 25 Millimeter starke Panzerplatten geschützt. Später wurde der Schutz durch Modifikationen ein wenig erhöht, und es wurden etwa zusätzliche Abstandspanzerung gegen Hohlladungsgeschosse angebracht. Kanada, einer der Nutzerstaaten, beauftragte die deutsche IBD Deisenroth Engineering damit, nachträglich Verbundpanzerung vom Typ Mexas anzubringen. Das war für weniger intensive Einsätze wie in Afghanistan durchaus ausreichend, wo die Leopard 1 gute Leistungen erbrachten. 

Ukrainer bremsen Erwartungen

Ukrainische Quellen warnen nun davor, den Leopard 1 als westlichen "Superpanzer" zu verklären. Sein Einsatz sei ähnlich wie jene der alten sowjetischen Panzer T-62, T-55 und T-54 zu betrachten, heißt es etwa beim ukrainischen "Defense Express". Leopard-1-Panzer können immer noch effektiv sein, wenn sie richtig eingesetzt werden. Aber: "Auf jeden Fall ist es nicht ratsam, zu hohe Erwartungen an den Leopard 1 zu stellen", heißt es da.

In der Ukraine hat man offenbar aus Fehlern der Vergangenheit gelernt, als die westlichen Hilfslieferungen als "Wunderwaffen" bezeichnet wurden. Vor zwei Tagen gab ein ukrainischer Bataillonskommandeur unter dem Namen "Major Spartanets" der Agentur AFP ein Interview, in dem er die von Frankreich gelieferten AMX-10 als nicht tauglich für Offensivoperationen bezeichnete.

Als Beispiel wurde ein AMX-10 genannt, dessen Panzerung von den Splittern einer russischen Granate einfach durchschlagen wurde. Fairerweise muss aber auch dazu gesagt werden, dass der AMX-10 für eine Rolle in Offensivoperationen nicht gedacht war. Bei dem leichten Gefährt handelt es sich nämlich um einen Panzer für bewaffnete Aufklärung und nicht für hochintensive Gefechte gegen einen eingegrabenen Gegner. (Peter Zellinger, 6.7.2023)