Verteidigungsministerin Tanner Sky Shield
Die Teilnahme sei mit der österreichischen Neutralität vereinbar, betonte Tanner erneut.
APA/GEORG HOCHMUTH

Bern – Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) erachtet den Planungshorizont für das europäische Luftverteidigungssystem Sky Shield als "sehr ambitioniert". Bereits 2024 soll ein Schutz vor Raketen und Geschossen kleiner und mittlerer Reichweite geboten und 2025 der ganze Schirm aufgespannt werden, sagte Tanner gegenüber der APA in Bern. Zusammen mit ihrer Schweizer Amtskollegin Viola Amherd hat sie am Freitag in Bern eine Absichtserklärung zum Beitritt zum "European Sky Shield" unterzeichnet. Damit sind Österreich und die Schweiz Teil des von Deutschland initiierten Luftverteidigungssystems.

Die Teilnahme sei mit der österreichischen Neutralität vereinbar, betonte Tanner erneut. Die Neutralität bedeute nämlich, "an keinem Krieg teilzunehmen, keine fremden Truppen auf unserem Gebiet und keinem Militärbündnis beizutreten. Nichts davon trifft auf diese Absichtserklärung zum 'European Sky Shield' zu", erklärte Tanner.

Außerdem werde aber in einer Zusatzerklärung festgehalten, dass Österreichs "besondere verfassungsrechtlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden". Diese Erklärung sei "gleichlautend" mit jener der neutralen Schweiz, die ebenfalls am Freitag den Beitritt besiegelt.

Deutsche Initiative

Die Teilhabe am Sky Shield entbindet Österreich laut Tanner allerdings nicht davon, seinen Luftraum aktiv selbst zu schützen und auch die Entscheidungsgewalt zu behalten, "wenn der Fall des Falles eintritt". Gerade weil Österreich derzeit in der Luftverteidigung "nicht so besonders gut aufgestellt" sei, mache die Teilnahme an der Verteidigungsinitiative "Sinn". Österreich müsse sich auf mögliche Gefahren aus der Luft wie Marschflugkörper, Drohnen oder Raketen vorbereiten.

Die Unterzeichnung der Absichtserklärung sei "ein erster großer Schritt für mehr Sicherheit der Europäerinnen und Europäer", betonte Tanner. Damit bekomme Österreich auch den Zugang zu allen Planungsdokumenten der Initiative. Erst dann werde einsichtig, welchen Beitrag Österreich leisten könne. Tanner nannte etwa das Radardatensystem "Goldhaube" als eine Möglichkeit.

Außerdem verwies die Ministerin auf den Aufbauplan des Bundesheers bis 2032, in dem für die bodengebundene Luftabwehr zwei Milliarden Euro vorgesehen sind. Eine "seriöse" Einschätzung der Kosten, die durch die Teilnahme am von Deutschland initiierten Sky Shield für Österreich anfallen, sei ohne Kenntnis der Planungsdokumente "verfrüht", so die Ministerin.

Finanzielle Unterstützung für die Ukraine

Zu den Vorbehalten von Ländern wie Frankreich, die statt dem Kauf von außereuropäischen Luftverteidigungssystemen auf europäische setzen wollen, sagte Tanner: "Ich glaube, die Frage der Systeme ist eine zweitrangige. Das Wichtigste ist der Schutz mit Systemen, die dann auch zusammenspielen müssen."

Anders als Österreich hat die Schweiz ein Minenräumungsgerät in die Ukraine geschickt. Österreich lehnte einen entsprechenden Wunsch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit Verweis auf die Neutralität ab und beteiligt sich nur finanziell an der Entminung. Darauf angesprochen sagte Tanner, dass dies auch "eine Frage der Verfügbarkeit" sei. Die österreichischen Entminungsgeräte seien derzeit in Bosnien-Herzegowina im Einsatz. Experten schätzen, dass es dort bis ins Jahr 2038 dauern werde, bis das Land minenfrei sei.

Nach dem Krieg in der Ukraine werde die Entminung "ein riesiges Projekt", stellte Tanner entsprechende Hilfe zu einem späteren Zeitpunkt in Aussicht. Gleichzeitig betonte sie die finanzielle Unterstützung Österreichs in Höhe von 150 Millionen Euro. Österreich sei hier "an der Spitze führend bei der Hilfe der Ukraine", sagte sie. (APA, 7.7.2023)