Erstmals steht die Choreografin Elizabeth Ward bei ihrer Wohnung in Wien selbst in einem Mietvertrag. Auch der Kauf der Waschmaschine war ein einschneidendes Erlebnis für sie.

Elizabeth Ward Wien Favoriten
Elizabeth Ward in ihrer Wohnung in Favoriten, bei der sie zum ersten Mal selbst im Mietvertrag steht.
Lisi Specht

"Bei einem meiner ersten Besuche in Wien vor acht oder neun Jahren bin ich bei einer Radtour durch einen wunderschönen Park inmitten der Stadt gefahren. Ich habe danach noch oft daran gedacht, konnte mich aber leider nicht mehr erinnern, wo dieser Park war und wie er geheißen hat.

2019 machte ich mich mit meinem Partner auf Wohnungssuche. Wir besichtigten drei Wohnungen, bei denen wir sofort wussten, dass wir sie nicht wollten. Dann schauten wir uns diese Wohnung im zehnten Bezirk an – und plötzlich fiel mir wieder ein, wie der Park damals geheißen hat. Es war der Waldmüllerpark, der sich direkt vor diesem Haus befindet. Wir haben die Wohnung genommen, auch wenn sie auf den ersten Blick vielleicht ein wenig seltsam geschnitten ist. Der Park ist eine Erweiterung unserer Wohnung. In der Früh hören wir inmitten der Stadt die Vögel ganz laut zwitschern.

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"Ich würde sagen, unsere Einrichtung ist ein Prozess. Und ich habe eine Tendenz zur Veränderung", sagt Elizabeth Ward.
Lisi Specht

Die Wohnung hatte keine Küche, und weil wir schon das ganze Geld für die Wohnungssuche ausgegeben hatten, musste sie günstig sein. Auch unsere Möbel müssen in erster Linie praktisch sein. Die meisten sind gebraucht, den einen oder anderen Sessel habe ich auch auf der Straße gefunden.

Ich würde sagen, unsere Einrichtung ist ein Prozess. Und ich habe eine Tendenz zur Veränderung. Mein nächstes Projekt wird mein Arbeitsplatz sein. Ich will weder im Wohnzimmer noch im Schlafzimmer arbeiten, darum habe ich mich auf dem Gang mit einem aufklappbaren Schreibtisch breitgemacht. Aber es ist mir ein bisschen zu eng, ich muss dringend alles neu ordnen und die Regale, die natürlich ein super Stauraum sind, umorganisieren.

Elizabeth Ward Wien Favoriten
Demnächst wird der Bürobereich neu geordnet.
Lisi Specht

Viele der Pflanzen in der Wohnung und auf dem Balkon habe ich aus Ablegern gezogen. Ich habe Botanik studiert und als Gärtnerin gearbeitet. In Brooklyn habe ich mich jahrelang hauptsächlich um Steingärten gekümmert. Kurz habe ich sogar in Erwägung gezogen, Ökologin zu werden. Aber das Tanzen liebe ich einfach mehr. Ich finde, dass Pflanzen in gewisser Hinsicht auch Survivors sein müssen. Ich wässere und dünge sie nicht obsessiv und bin immer neugierig, welche sich in diesem Umfeld entwickeln und welche nicht. Zitronenverbene, Salbei, Erdbeeren und Tomaten wachsen auf dem Balkon heuer sehr gut. Nach und nach haben sie uns vom Balkon verdrängt. Aber das ist schon okay so.

Ich bin 2015 nach Wien gezogen. Zuvor hatte ich lange in New York gelebt – und ich war erschöpft. Man erlebt dort zwar Dinge, die man nirgendwo sonst auf der Welt erlebt. Aber dafür geht es in Wien entschleunigter zu. Von den Wohnkosten gar nicht zu sprechen. Zum Vergleich: Ich zahle für meine 66-Quadratmeter-Wohnung in Wien jetzt so viel, wie ich 2004 für ein fensterloses Zimmer, das so groß wie mein Bett war, in Brooklyn bezahlt habe. Das war damals wirklich deprimierend.

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Viele der Pflanzen hat Ward aus Ablegern gezogen.
Lisi Specht

Wie man sieht, bin ich keine Minimalistin. Bei mir sammeln sich immer viele Dinge an, aber ich weiß auch, wie man sein Leben dann in einen Koffer packt und sich von all dem, was man angehäuft hat, wieder trennt.

Als ich in New York gelebt habe, hatte ich viel Kunst von befreundeten Künstlerinnen und Künstlern. Vieles habe ich Freundinnen und Freunden geschenkt. Manchmal wünsche ich mir ganz kurz, dass ich bestimmte Stücke noch hätte.

Elisabeth Ward Wien Favoriten
Elizabeth Ward ist froh, nun einen Platz für alle ihre Dinge zu haben.
Lisi Specht

Es fühlt sich richtig gut an, einen Ort für alle meine Dinge zu haben. Es ist etwas ganz Besonderes, viele Bücher um sich haben zu können.

Eigentlich bin ich immer noch dabei, meine Wohnphilosophie zu finden. Ich bin als Tänzerin so viel gereist und habe immer nur in Wohngemeinschaften gewohnt, dass ich das Gefühl, zu Hause zu sein, viele Jahre lang nicht hatte. Diese Wohnung ist überhaupt die erste, bei der mein Name im Mietvertrag steht – das war für mich eine große Sache. Ich habe mir hier auch meine erste Waschmaschine gekauft und mich wahnsinnig erwachsen gefühlt. (Franziska Zoidl, 10.7.2023)