Der Großteil der Migranten, die Österreich illegal betreten, kommt via Ungarn. 2022 waren es über 80 Prozent der mehr als 100.000 Asylwerber. Auch heuer verläuft für die meisten wieder der Weg durch das Reich von Viktor Orbán. Ungarns Schengen-Grenze zu Rumänien und EU-Außengrenze zu Serbien sind mitnichten dicht. Die niedrige Zahl an eigenen Asylgesuchen, mit der Orbán beim Migrationsgipfel kokettierte, hat einen Grund: Sind Migranten erst einmal im Land, werden sie von seinen Beamten nach Österreich weitergewinkt. "Die Schlepperrouten verlaufen hauptsächlich über Serbien und Ungarn", bestätigt das Innenministerium.

Kanzler Karl Nehammer, ungarischer Ministerpräsident Viktor Orbán und serbischer Präsident Aleksandar Vučić
Kanzler Karl Nehammer empfing den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán und den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić beim Migrationsgipfel.
AFP/Alex Halada

Der Faktor Orbán ist also mitverantwortlich dafür, dass Österreich ein Migrationsproblem hat. Doch statt ihn zu kritisieren, hofiert ihn Karl Nehammer lieber. Anders als Aleksandar Vučić, der visafreie Einreisen nach Serbien für Angehörige einiger neuralgischer Herkunftsländer beendete, agiert Orbán destruktiv. Seine Regierung ließ inhaftierte Schlepper frei – was selbst die FPÖ beklagte. Nun bekämpft Ungarn mit Polen eine EU-Lösung in Sachen Migration, für die der Kanzler warb.

Wer illegale Migration hierzulande eindämmen will, muss die hochproblematische Rolle Orbáns klar benennen, nicht nur in einem Nebensatz wie Nehammer. Das mag das Verhältnis zwischen Wien und Budapest belasten; es mag auch manche ÖVP-Anhänger irritieren, die mit Orbán sympathisieren. Doch die Menschen in Österreich haben die Wahrheit verdient. (Oliver Das Gupta, 7.7.2023)