Ihre Unterschrift, mit der Klaudia Tanner (ÖVP) am Freitag Österreichs Beitritt zur Luftüberwachungskooperation Sky Shield besiegelt hat, bezeichnete der Verteidigungsministerin in Bern als "historisch". Was daran das Historische sei, durfte Tanner am Samstag im Ö1-Mittagsjournal ausführen: Es sei der zusätzliche Schutz der Österreicherinnen und Österreicher bei einer Bedrohung aus der Luft. 

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP)
APA/GEORG HOCHMUTH

Aber nicht alle Österreicherinnen und Österreicher sehen das Vorhaben positiv: Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique research für profil sprechen sich 41 Prozent für die Teilnahme an Sky Shield aus, 43 Prozent lehnen sie aber ab. 16 Prozent machten keine Angabe. Nach Parteipräferenz gibt es große Unterschiede: Für Sky Shield sind 71 Prozent der Neos-Wähler, 63 Prozent der Grün-Wähler, 57 Prozent der ÖVP-Wähler und 56 Prozent der SPÖ-Wähler, aber nur 20 Prozent der FPÖ-Wähler. Letztere halten die Luftverteidigungskooperation zu 69 Prozent für unvereinbar mit der Neutralität.

Von Österreich werde "gar nichts" erwartet

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte am Freitag in einer Pressekonferenz mit seinen Amtskolleginnen Klaudia Tanner und Viola Amherd in Bern betont, dass es sich bei Sky Shield um "kein Bündnis, sondern vor allem um eine Beschaffungskooperation" handle. Er sei "froh", dass die beiden Länder "die Spielräume, die die Neutralität lässt, maximal ausnützen". Konkret erwarte er von den Ländern "gar nichts".

Tanner betonte im Ö1-Mittagsjournal am Samstag, dass es "ausgeschlossen sei", dass Sky Shield "etwas mit der Neutralität zu tun" habe. Außerdem treffe Österreich "am Ende des Tages" die Entscheidung, was bei einem Angriff zu tun wäre, immer selbst. Nur Planung und Einkauf fänden gemeinsam statt. Auch sei Pistorius am Freitag sehr klar gewesen zu der Frage, was das Kommando über den Schutzschirm anbelange. Das bleibe jeweils im Staat, betonte Tanner. Der Europarechtsexperte Walter Obwexer hält eine Teilnahme Österreichs am Sky Shield nur dann als mit der Neutralität vereinbar, wenn das Kommando in Österreich bleibe. "Wenn ein solches Abwehrsystem auf österreichischem Boden stationiert wird, müsste Österreich selbst den Befehl geben", betonte Obwexer.

SPÖ fordert Unterlagen, FPÖ Volksabstimmung

Mit Tanners Unterzeichnung der Absichtserklärung bekommt Österreich nach Angaben der Ministerin nun auch den Zugang zu allen Planungsdokumenten der Initiative. Erst dann werde einsichtig, welchen Beitrag Österreich auch leisten könne. Tanner nannte etwa das Radardatensystem "Goldhaube" als eine Möglichkeit, sich einzubringen.

SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer hielt am Samstag in einer Aussendung fest, dass die Unterlagen zu Sky Shield dem Parlament vorzulegen seien. Außerdem brauche es dringend ein Gutachten des Verfassungsdienstes. Die FPÖ bezeichnet Sky Shield als "Nato-Projekt", das mit der Neutralität nicht vereinbar sei, "auch wenn ÖVP-Verteidigungsministerin Tanner es den Bürgern heute wieder als bloße ,Einkaufsplattform´ verkaufen wollte", sandte FPÖ-Wehrsprecher Volker Reifenberger am Samstag aus. Die FPÖ fordert eine Volksabstimmung über Österreichs Sky Shield-Beteiligung. (spri, 8.7.2023)